Die Welt Online
Langzeitstudie:
2001-2010 – Dekade der tödlichen Wetter-Extreme
Hitzewellen, gigantische Wirbelstürme, extreme Dürren, Hochwasser: Bei
Unwetterkatastrophen sind von 2001 bis 2010 weltweit mehr als 370.000 Menschen
gestorben. Doch UN-Experten haben neue Hoffnung. Von Thomas Burmeister
Sie kamen mit harmlosen Namen und brachten Verderben. Katrina,
der tödlichste Hurrikan in den USA seit 1928. Oder Lekima, der Taifun, der in
Vietnam die schlimmsten Fluten seit einem halben Jahrhundert auslöste. Von
gigantischen Wirbelstürmen über Hitzewellen und extreme Dürren bis zu
verheerenden Hochwassern wie in Deutschland – zwischen 2001 und 2010 erlebte
die Welt nicht nur die wärmste Dekade seit etwa 1850, als die regelmäßige
Aufzeichnung meteorologischer Daten begann, sondern auch die tödlichsten
Wetter-Extreme: Mehr als 370 000 Menschen kamen dabei insgesamt ums Leben – 20
Prozent mehr als von 1991 bis 2000.
Und das jetzige Jahrzehnt könnte noch furchtbarer
werden, warnten UN-Experten bei der Vorlage des mehr als 100 Seiten umfassenden
Berichts "Das globale Klima 2001-2010 – Eine Dekade der
Extreme". An der Langzeitstudie waren
Wetterdienste von 139 Staaten beteiligt. Ein Fazit: "Steigende
Konzentrationen von Treibhausgasen verändern unser Klima mit weitreichenden
Folgen", sagte Michel Jarraud, der Generalsekretär der Weltorganisation
für Meteorologie (WMO), bei der Vorlage des Berichts.
Zugleich erklären die Klimaforscher, es sei zu simpel,
allein den steigenden Schadstoffausstoß für alle Wetterkatastrophen
verantwortlich zu machen. Viele Desaster – darunter die verheerende Hitzewelle
in Europa im Jahre 2003 – könnten ebenso "mit den natürlichen Schwankungen
im klimatischen System erklärt werden", relativierte der WMO-Chef. Selbst
ein ganzes Jahrzehnt gelte in der Klimaforschung als ein
"Mindestzeitrahmen für aussagekräftige Einschätzungen".
Immer weg damit in die Atmosphäre
In einem sind sich die Experten völlig einig: Die Launen
von Mutter Natur mögen in großen Zeiträumen für Hin- und Herbewegungen des
Weltklimas sorgen. Der Einfluss des Menschen aber geht bislang immer nur in ein
und dieselbe Richtung: Immer mehr Kohlendioxid, Methan, Stickstoffoxid und
andere schädliche Gase werden in die Atmosphäre gejagt.
Allein die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre
stieg dem Bericht zufolge in der untersuchten Dekade auf 389 ppm (Teile pro
Million). Das seien fast 40 Prozent mehr als vor dem Zeitalter der
Industrialisierung um 1750. Bei Methan betrug der Zuwachs 158 Prozent, bei
Stickstoffoxid 20 Prozent.
Darin sehen die Forscher einen wesentlichen Grund für
den Anstieg der durchschnittlichen globalen Jahrestemperatur auf 14,47 Grad
Celsius – 0,47 Grad über dem Niveau von 1961 bis 1990 sowie 0,21 Grad über dem
von 1991 bis 2000. Dem Laien mag das äußerst gering erscheinen, Experten sehen
darin einen gefährlichen Trend hin zu mehr klimabedingten Katastrophen.
Es gibt Hoffnung
Gibt es Hoffnung? Ja, sagen UN-Experten. Sie verweisen
auf das Umweltprogramm, das US-Präsident Barack Obama vor einer Woche
verkündete. Er werde Kohlekraftwerke zu Kohlendioxid-Reduzierungen verpflichten
und zugleich den Ausbau von Wind- und Solarenergie forcieren. Nachdem die USA
jahrelang Fortschritte in der internationalen Klimapolitik blockierten, hoffen
Politiker in Europa nun auf eine amerikanische Vorbildrolle.
Das würde Bemühungen um ein neues weltweites
Klimaschutzabkommen zweifellos wichtigen Auftrieb geben. Nach dem gescheiterten
Gipfel von Kopenhagen im Jahr 2009 soll der neue Vertrag mit dem Kernziel der
Reduzierung des Ausstoßes von Schadstoffen bei der UN-Klimakonferenz 2015 in
Paris von Staats- und Regierungschefs abgesegnet werden.
Doch der Weg ist schwierig. Er führt an
Vorbereitungskonferenzen im November in Warschau und 2014 in Südamerika vorbei.
Bis zum Pariser Gipfel werden die WMO-Forscher weltweite Klimadaten für die
erste Hälfte der Dekade 2011-2020 gesammelt haben. Das Bild, das ihre
Erkenntnisse 2015 vermitteln werden, dürfte kaum weniger bedrohlich aussehen
als das heutige.
© Axel Springer AG 2013. Alle Rechte vorbehalten
Quelle: http://www.welt.de/wissenschaft/umwelt/article117673940/2001-2010-Dekade-der-toedlichen-Wetter-Extreme.html