Ernüchterung bei Betreiber und Politik: Kein Interesse an der Leitung
Bayreuth/Husum/sh:z
Die Anleihe zur Finanzierung der Westküsten-Stromtrasse in Schleswig-Holstein
hat nur wenig Käufer gefunden – gerade mal ein paar mehr als hundert.
Das teilte der Netzbetreiber Tennet gestern in Hamburg mit. Das
Emissionsvolumen betrage rund eine Million Euro. Rund 160 000 Haushalte
zwischen Brunsbüttel und Niebüll hatte Tennet angeschrieben. Sie sollten
sich mit mindestens 1000 Euro an der Stromleitung beteiligen und dafür
zunächst drei und später fünf Prozent Zinsen erhalten. So wollte Tennet
auch die Akzeptanz der Bevölkerung für die 150 Kilometer lange
Stromtrasse gewinnen. Verbraucherschützer und Finanzexperten rieten
jedoch von der Anleihe ab, weil sie zu riskant sei.
Tennet-Chef Lex Hartman zeigte sich trotz der
geringen Nachfrage zufrieden: „Der Erfolg bemisst sich für uns nicht in
der Anzahl der gezeichneten Anleihen, sondern in der Erweiterung
unseres intensiven Dialog-Verfahrens um ein
weiteres Element.“ Der grüne Kieler Energieminister Robert Habeck
bedauerte dagegen, dass sich Tennet von einer „echten“ Bürgerbeteiligung
an der Leitung entfernt habe. Die ursprüngliche Idee, nach Vorbild von
Bürgerwindparks einen Teil der Wertschöpfung aus der Leitung in der
Region zu belassen, sei aber richtig gewesen.
Mit großem Bahnhof war die Zeichnungsfrist für die bundesweit erste
„Bürgeranleihe“ zum Bau einer neuen Höchstspannungsleitung Mitte Juni
gestartet worden. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten
Albig (SPD) formulierten zum Auftakt in Heide (Kreis Dithmarschen) große
Erwartungen: „Das Projekt hat Modellcharakter für ganz Deutschland“,
sagte Altmaier. Aber wohl nur bis gestern.
Anders als die kaum nachgefragte Tennet-Anleihe
bewegt die Bürger in Nordfriesland und Dithmarschen der geplante
Leitungsbau ganz erheblich. Im Bereich der Eidermündung ist das Projekt
besonders umstritten. Dass zu der bestehenden 110-Kilovolt-Leitung noch eine 380-Kilovolt-Trasse
hinzukommen soll, treibt viele Menschen um. Es geht um mögliche
Beeinträchtigungen für die Gesundheit, um Vogelschutz und das
Landschaftsbild. Vorgesehen ist, so weit wie möglich beide Leitungen auf
einem Gestänge zu führen.
Laut Energieministerium liegt die Westküstenleitung voll im Zeitplan.
Seit 7. Oktober liegen für den ersten Abschnitt zwischen Brunsbüttel und
Süderdonn in Dithmarschen die Planungsunterlagen aus. Einen Monat lang
können Grundstückseigentümer die Unterlagen einsehen und bis zum 4.
Dezember Einwendungen einreichen.