Neuer Streit um Gabriels Strompläne
Bundesenergieminister deckelt den Ausbau der Windkraft stärker als von Schleswig-Holstein erhofft – Kieler Landesregierung ist empört
Kiel/Berlin
Schleswig-Holsteins Energieminister Robert Habeck hat gestern deutliche Kritik an seinem Bundeskollegen Sigmar Gabriel geübt. Der Grünen-Politiker
bemängelte, dass Gabriel den Ausbau der Windkraft an Land trotz
massiver Proteste aus dem Norden auf jährlich 2500 Megawatt Leistung
begrenzen und dabei auch alle Windräder mitzählen will, die im Zuge des
„Repowerings“ nur alte ersetzen.
„Das ist’n dicker Hund“, schrieb Habeck im Internet auf seiner Facebook-Seite.
„Bei unseren Gesprächen klang das noch anders.“ Tatsächlich hatte
Gabriel seinen Länderkollegen bei einem Treffen vor zwei Wochen noch den
Eindruck vermittelt, er wolle repowerte Anlagen womöglich von der
Begrenzung ausnehmen. Doch entweder habe sich der SPD-Chef
„in der Bundesregierung nicht durchsetzen können“ oder er rechne noch
immer falsch, sagte Habeck gestern unserer Zeitung. Der Grüne fürchtet,
dass der Ausbau der Windkraft bald ganz zum Erliegen kommt, wenn die
zunehmende Zahl repowerter Anlagen bei dem 2500-Megawatt-Kontingent
mitgezählt wird. Auch Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hatte
kürzlich Bedenken angemeldet und eine Obergrenze für Windräder gar als
„Sozialismus“ bezeichnet.
Wie aus Gabriels Entwurf für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
hervorgeht, will der Minister aber nicht nur die Windkraft an Land bei
2500 Megawatt deckeln und ab 2016 bei Überschreitung weniger fördern.
Vielmehr beharrt Gabriel auch weiterhin auf einer umstrittenen
Stichtagsregelung: Neue Ökostrom-Anlagen, die
bis zum 22. Januar nicht genehmigt waren, sollen bereits unter das neue
Gesetz mit seinen generell niedrigeren Fördersätzen fallen.
Habeck kündigte an, dass Schleswig
-Holstein die
Gesetzesnovelle in der jetzigen Form nicht befürworten werde. „Falls der
Entwurf so durchkommt“, sagte er, „holt Gabriel die Länder bestimmt
nicht mit ins Boot.“ Das allerdings muss Gabriel auch gar nicht. Zwar
hat er angekündigt, dass er mit den Ländern einen „Energiewende
-Konsens“
anstrebt. Doch im Bundesrat ist das Gesetz nicht zustimmungspflichtig.
Die Länder könnten es nur verzögern. Auch das wäre aber problematisch
für Gabriel, weil er das Gesetz schon im August in Kraft treten lassen
will. Denn ohne Novelle droht die Europäische Union ab 2015 alle
Ökostrom
-Rabatte für stromintensive Betriebe zu verbieten.
Henning Baethge