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Schwarz-Rot drückt Ökostromreform durch. WZ vom 28.06.2014

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Autor Beitrag
Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 30.06.14, 00:11  Betreff: Schwarz-Rot drückt Ökostromreform durch. WZ vom 28.06.2014  drucken  weiterempfehlen

Seite 1:

Schwarz-Rot drückt Ökostromreform durch

Berlin /sh:z

Grünes Licht im Bundestag, aber noch keine Entwarnung aus Brüssel: Die
große Koalition hat nahezu geschlossen ihre umstrittene Ökostromreform
durch das Parlament gebracht. Grüne und Linke lehnten das Gesetzespaket
geschlossen ab. Ziel der Reform ist es, mit verbindlichen Ausbauzielen,
Förderkürzungen und mehr Wettbewerb die Kosten beim Grünstrom-Ausbau
bis 2017 zumindest stabil zu halten. Die Opposition warf
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vor, die erneuerbare Energie
abzuwürgen und die Industrie auf Kosten der Bürger zu schonen. Auch
Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck
(Grüne) hält die Reform für unzureichend. „Man hat in der aktuellen
Novelle größtenteils versucht, die falschen Symptome zu behandeln“,
sagte Habeck im Interview mit unserer Zeitung. Die Reduzierung der
Industrierabatte wäre ein gutes Instrument gewesen, um für den
Mittelstand und die Bürgerinnen und Bürger Entlastung zu schaffen. Ob
die Ökostromreform wie geplant am 1. August in Kraft treten kann, ist
noch unsicher. Die EU-Kommission kritisiert, dass ausländische Stromanbieter beim deutschen Fördersystem benachteiligt werden.

Seite 4:



„Die Förderkosten sind nicht zu hoch“

Umweltminister Robert Habeck kritisiert die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und will für den Fortbestand der Bürgerenergie kämpfen

Der Bundestag hat die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
beschlossen – sie soll die Kosten der Förderung von Ökostrom eindämmen,
ohne dessen Ausbau zu gefährden. Inwiefern gelingt das mit diesem
Gesetz der Großen Koalition?
Die Reform wird die EEG-Umlage
möglicherweise einen Tick langsamer steigen lassen. Der Großteil der
Umlage wurde aber nicht durch den Zubau der Erneuerbaren in der
Gegenwart ausgelöst, sondern durch die Kosten der Vergangenheit, vor
allem bei Solar und Biomasse, durch die Industrie-Ausnahmen
und weil der Emissionshandel nicht greift und somit die externen Kosten
der fossilen Energieerzeugung nicht berücksichtigt sind. Insofern hat
man in der aktuellen Novelle größtenteils versucht, die falschen
Symptome zu behandeln. Es wurden sogar neue Kosten verursacht.


Inwiefern?


Die letztes Jahr von Altmaier angefachte Debatte über die
Strompreisbremse und die darauf folgende lange Phase der Unsicherheit
hat zu teuren Risikoaufschlägen und zu Investitionszurückhaltung
geführt. Auch die strikte Stichtagsregelung führt nicht gerade dazu,
dass das Vertrauen der Branche in die Verlässlichkeit politischer
Rahmensetzung steigt. Neue Windparks müssen bald ausgeschrieben werden – Kritiker befürchten daher, dass die in Schleswig-Holstein
weit verbreiteten Bürgergenossenschaften künftig kaum noch zum Zuge
kommen. Warum wird das Land im Bundesrat dennoch keine Einwände gegen
die Reform erheben?
Doch, wir haben unsere Skepsis im Bundesratsverfahren ja mit der Mehrheit der Länder deutlich gemacht. Aber die EU-Kommission
hat die Bundesregierung an dieser Stelle offenbar in die Zange
genommen. Wir haben immerhin erreicht, dass Bürgerenergie in derartigen
Verfahren besonders berücksichtigt werden soll und ein weiteres
Gesetzgebungsverfahren nötig ist, um wirklich auf Ausschreibungen
umzusteigen. Schleswig-Holstein wird dann alle Hebel in Bewegung setzen, dass unser Erfolgsmodell Bürgerenergie nicht gefährdet wird. Künftig
können die Länder bis zu zwei Kilometer weite Mindestabstände zwischen
neuen Windrädern und Wohnbebauung festlegen. In Schleswig-Holstein sind es bisher 800 Meter. Wird sich daran jetzt etwas ändern?
Nein, die neue Regelung ist überflüssig und ein symbolischer Verhinderungsbeschluss für Bayern. Wir haben in Schleswig-Holstein
gute, praktikable Lösungen: Es gibt einen Erlass des Landes, und die
Kommunen können im Rahmen ihrer Planungshoheit eigene Abstände
definieren. Damit gelingt es, ganz pragmatisch die Windenergie
auszubauen und gleichzeitig dem Gedanken der Akzeptanz Rechnung zu
tragen. Die EU-Kommission
erhebt Forderungen, die das deutsche EEG generell in Frage stellen. Muss
Deutschland nicht tatsächlich seinen Sonderweg aufgeben und zusammen
mit den anderen EU-Staaten ein gemeinsames Fördersystem für Ökostrom entwickeln?

Das EEG ist keine Beihilfe, sondern ein gutes und effizientes
Instrument, um die Energiewende voran zu bringen. Eigentlich ist es das
einzige Klimaschutzinstrument, das wirklich gut funktioniert. Es hat
binnen weniger Jahre dazu geführt, dass wir heute ein Viertel unseres
Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen decken. Und es hat dazu
geführt, dass die erneuerbaren Energien und ihre Technologien zu einem
echten Exportschlager geworden sind – und damit ein großer Beitrag
Deutschlands zur Entwicklungshilfe. Richtig ist aber auch, dass die
Erneuerbaren raus müssen aus der Nische und das Ruder übernehmen. Die
nächste EEG-Reform sollte also grundlegender
sein – und vor allem Überkapazitäten insbesondere an klimaschädlichem
Braunkohlestrom dauerhaft aus dem Markt drängen. Was
wäre Ihr wichtigster Vorschlag, um den Anstieg der Förderkosten für die
erneuerbaren Energien und des Strompreises zu bremsen?
Die
reinen Förderkosten für neue Anlagen sind heute nicht mehr zu hoch. Eine
Kilowattstunde Strom aus Windenergie produziert heute zu geringeren
Kosten als eine Kilowattstunde Strom aus Graskraftwerken. Die
Reduzierung der Industrierabatte wäre aber ein gutes Instrument gewesen,
um für den Mittelstand und die Bürgerinnen und Bürger Entlastung zu
schaffen. Das hätte man auf der Stromrechnung mal wirklich spüren
können. In der Regierung hätten die Grünen ihre
Forderungen eher durchsetzen können. Bedauern Sie jetzt, dass die Grünen
im Bund nicht den Mut hatten, nach der Bundestagswahl eine schwarz-grüne Koalition mit der Union einzugehen?

Klar kann man in einer Regierung besser gestalten. Aber im letzten
Herbst ging es schlicht nicht. Weder die Grünen noch die Union waren in
der Lage, gemeinsame Schnittmengen zu definieren. Und ein Mindestmaß an
Gemeinsamkeit ist absolute Voraussetzung für eine geteilte
Regierungsverantwortung. Aber als grüne Länder haben wir vieles in der
EEG-Novelle durchsetzen konnten. Insofern haben wir sehr wohl mitregiert. Das war richtig so.


Interview: Henning Baethge





EEG: was wurde beschlossen? 
Die Reform soll die Abkehr von garantierten Zahlungen einleiten. Ab 2017 soll es Ausschreibungsmodelle geben.
Windenergie: Es
soll einen jährlichen Zubau von 2500 Megawatt (MW) geben, die
Anfangsvergütung nur noch 8,9 Cent je Kilowattstunde betragen.
Förderkürzungen gelten für alle Anlagen, die nach dem 23.
Januar genehmigt wurden. Der Austausch alter Anlagen wird nicht einbezogen.
Mindestabstand: Die
Bundesländer sollen bis Ende 2015 die Möglichkeit bekommen,
Mindestabstände zwischen Windrad und einer Wohnbebauung festzulegen.
Offshore: Hier
soll es zwar eine hohe Anfangsvergütung von rund 18 Cent je
Kilowattstunde geben, aber die Ziele werden gekürzt. Statt 10 000
Megawatt sollen nur noch 6500 Megawatt bis 2020 installiert werden und
15 000 Megawatt bis zum Jahr 2030.
Biomasse:
Auch wegen der Zunahme von Maisanbauflächen soll der Zubau auf nur noch
100 Megawatt pro Jahr gedeckelt werden. Neue Anlagen sollen mit Abfall-
und Reststoffen gefüttert werden.
Eigenstrom: Neue Eigenstromversorger sollen eine Mindestabgabe, eine Art „Energie-Soli“ zahlen: Zunächst von August an 30 Prozent, ab 2017 dann dauerhaft 40 Prozent der regulären EEG-Umlage
von 6,24 Cent je Kilowattstunde. Das wären 2,5 Cent je selbst
verbrauchter Kilowattstunde. Ausgenommen bleiben aber kleine
Solaranlagen bis 10 Kilowatt auf dem Hausdach.




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