Grüne: Energieunternehmen kassieren unredlichen Milliardengewinn / Produzenten weisen den Vorwurf zurück
Berlin
Die Energiekonzerne stehen wieder am Pranger: Die Grünen werfen ihnen
in einer Studie vor, die Verbraucher über den Strompreis systematisch
um eine Milliarde Euro abzuzocken. Die Grünen-Umweltexpertin
Bärbel Höhn erklärte, seit 2008 seien die Einkaufspreise der Konzerne
über die Leipziger Strombörse um 30 bis 40 Prozent gesunken: „Das hätte
schon längst beim Kunden ankommen müssen“, sei es aber nicht. Das
Argument der Versorger, sie hätten die Kosten für die gestiegene
Ökostrom-Förderung einpreisen müssen, ziehe
nicht. Diese Umlage, die alle Kunden für den Ausbau der Erneuerbaren
Energien über den Strompreis bezahlen, sei nur geringfügig gestiegen.
„Hier wird ein Deckmantel benutzt, um ungerechtfertigte Preiserhöhungen
zu kaschieren“, kritisierte Höhn.
Die Stromindustrie wehrt sich. Es gebe einen harten Wettbewerb.
„Keiner kann es sich erlauben, überhöhte Preise zu verlangen“, sagte die
Geschäftsführerin des Branchenverbandes BDEW, Hildegard Müller. Der
Strompreis hänge nicht nur von den Beschaffungskosten ab. Die Preise
würden ebenso durch gestiegene Netzgebühren sowie Steuern und Abgaben
belastet. Dazu komme die höhere Ökostrom-Umlage.
Auch Vattenfall sieht sich von der Kritik nicht betroffen. Zwischen
Mitte 2007 und Ende 2009 seien die Preise stabil gehalten oder sogar
leicht gesenkt worden. Ein Eon-Sprecher sagte, die Strompreise seien fair.
Viele Versorger hatten zum 1. August ihre Strompreise erhöht,
darunter RWE. Der Essener Konzern begründet den Preisanstieg vor allem
damit, dass man die erhöhte Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) bislang nicht berechnet habe und dies nun nachhole. Nach Angaben
der Grünen kassiere RWE damit etwa 100 Millionen Euro zusätzlich.
Grundsätzlich erwarten Experten, dass Strom noch teurer wird. Der rasante Ausbau von Solarstromanlagen dürfte die Öko
-Umlage und damit die Preise in die Höhe treiben. Die Verbraucherzentrale Schleswig
-Holstein
rät, Preise zu vergleichen und notfalls den Anbieter zu wechseln.
„Damit lassen sich weit über 100 Euro pro Jahr sparen“, sagte Sprecherin
Margit Hintz. Viele Stadtwerke bieten Strom unter neuem Namen deutlich
günstiger an. Hintz forderte die Politik auf, für mehr Transparenz zu
sorgen: Für Außenstehende sei es nicht nachvollziehbar, ob eine
Preiserhöhung gerechtfertigt ist oder nicht.
Tim Braune