Einzigartig: Flüssiggas-Motoren auf der Schiene
Flüssiggas treibt Loks an – eine Weltneuheit,
für die das Itzehoer Unternehmen Greenrail und der Kieler
Lokomotivenbauer Vossloh kooperieren.
Itzehoe/sh:z
– Steigende Dieselpreise und hohe Anforderungen an den Klimaschutz –
auch bei Schienenfahrzeugen spielt beides eine wichtige Rolle. Eine
neue Lösung kommt von der Firma Greenrail aus Itzehoe: Motoren mit
Flüssiggas-Antrieb. Der GC 4405 V12 mit 1360 PS
wird eine Vossloh G1000 der Kieler Vossloh Locomotives GmbH in Kiel
antreiben, die im Rangier- und leichten Streckenbetrieb eingesetzt wird.
Die „Greentec“-Technologie, die hinter den Flüssiggas-Motoren steckt, habe sonst niemand in Deutschland, unterstreicht Greenrail-Geschäftsführer
Ingo Börner. Als Vorteile nennt er deutlich bessere Abgaswerte, weniger
Kohlendioxid-, aber auch Lärmemissionen und einen deutlich
wirtschaftlicheren Betrieb als bei Diesel. Mit der Firma Greencar
vertreibt er bereits entsprechende Motoren für Lkw und Busse.
Testphasen bei der Autokraft und der Pinneberger Verkehrsgesellschaft
seien gerade erfolgreich abgeschlossen worden.
Die Kooperation mit Vossloh bedeute nun, dass Großmotoren für den Schienenfahrzeugbereich aus Schleswig-Holstein
geliefert würden, betont Börner. Das freut auch Wirtschaftsminister
Jörn Biel, dessen Haus die Beteiligten zusammenbrachte: Er lobt den
innovativen Ansatz als „hervorragendes Beispiel für gelungenen
Technologietransfer“, der auch dem Klimaschutz diene.
Der Grundmotor kommt von der Firma Deutz, daraus machen die Itzehoer Ingenieure den Greenrail-Antrieb. Vossloh betritt damit Neuland: Alternative Kraftstoffe habe man bisher eher zweitrangig gesehen, sagt Technik-Leiter Bernd Ramcke. Das Projekt sei wichtig, weil es den Umweltschutz-Gedanken befördere – und es bringe dem Lokomotiven-Bauer
ein Alleinstellungsmerkmal im Produktprogramm. Vorgesehen ist, dass die
Zusammenarbeit ausgeweitet wird. Börner: „Daraus entsteht nicht nur ein
Motorentyp, sondern eine Reihe von Motoren für unterschiedliche
Lokomotiven.“ Auch Service und Wartung sollen zu den Greenrail-Geschäftsfeldern gehören.
Die Perspektiven seien „klasse“, meint Professor Dr. Ralf Thiericke,
Geschäftsführer des Innovationszentrums IZET in Itzehoe, in dem
Greenrail seinen Sitz hat. Vossloh sei ein starker Partner, und es gebe
eine große Notwendigkeit für solche sauberen Motoren. Folgerichtig kann
Börner von „großen Anfragen aus dem Schienenfahrzeugbereich“ berichten.
Und die Deutsche Bahn begleite das Projekt mit Vossloh von Anfang an.
Weiteres Interesse ist gewiss, präsentieren sich Greencar und Greenrail
ebenso wie Vossloh doch in dieser Woche auf der führenden Fachmesse
„transport logistic“ in München.
Gebaut werden die 5,5 Tonnen schweren Greentec-Lok-Motoren
zurzeit bei Bücker & Essing in Lingen, drei im Monat. Börner will
nicht zu viel Tempo machen, sonst schaffe man es bei Greenrail mit
momentan fünf Mitarbeitern nicht mehr. Eine Motorenproduktion in
Schleswig-Holstein ist und bleibt aber eine wichtige Option.
Noch ist ein solches Werk Zukunftsmusik. Zunächst einmal soll die mit Flüssiggas getriebene Vossloh-Lokomotive
in diesem Jahr fahren und im Jahr 2010 zugelassen werden, so Börner.
„Das dauert – weil es eben einzigartig ist, eine Weltneuheit.“
Lars Peter Ehrich