Auf dem Weg zur Nummer eins
2648 Rotoren in Schleswig-Holstein / Bürgerwindparks als Erfolgsgeschichte / Bundesverband: Politik muss Investitionshemmnisse beseitigen
Kiel
Schleswig-Holstein ist nach Einschätzung des
Bundesverbandes Windenergie auf einem guten Weg, „zum Vorzeigeland bei
der Nutzung erneuerbarer Energien zu werden“. Allein im vergangenen Jahr
seien 400 Millionen Euro in den Ausbau der Windkraft investiert worden,
sagte Verbandspräsident Hermann Albers gestern in Kiel. Bleibe es bei
dem Ziel, die Gesamtleistung der Windkraft in den nächsten sechs Jahren
von derzeit 3200 auf 9000 Megawatt auszubauen, könne Schleswig-Holstein
Niedersachsen als Windland Nummer eins verdrängen. Die dazu nötigen
Investitionen bezifferte Albers auf rund zehn Milliarden Euro.
Schon bald könne Schleswig-Holstein es als erstes Bundesland schaffen, beim Windanteil am Nettostromverbrauch die 50-Prozent-Marke zu
knacken, sagte Albers. Derzeit beträgt der Anteil 46,5 Prozent. Damit
liegt das nördlichste Bundesland im Bundesvergleich auf dem dritten
Platz. Nur Sachsen-Anhalt und Brandenburg hatten einen höheren Anteil am Nettostromverbrauch.
2011 sind zwischen Nord- und Ostsee 300 Megawatt neu installiert worden. Insgesamt drehen sich in Schleswig-Holstein
2648 Anlagen. Allein Niedersachsen lag mit 431 Megawatt neu
installierter Leistung über dem Wert des nördlichsten Bundeslandes.
Bundesweit kamen 2007 Megawatt hinzu.
Albers bescheinigte den Ländern, mit der von der vom Bund
beschlossenen Energiewende deutlich offensiver umzugehen als die
Bundesregierung selbst. So wolle der Bund die installierte Leistung aus
der Windkraft von 29 auf lediglich 35 Megawatt steigern. Das sei
„deutlich zu wenig“, um die Ziele der Energiewende und des Klimaschutzes
tatsächlich zu erreichen. Die Pläne der Länder summierten sich auf 80
Gigawatt.
Vor allem das Modell des Bürgerwindparks sei eine Erfolgsgeschichte,
sagte Albers. Dennoch sei die Politik gefordert, Investitionshemmnisse
für neue Windenergieanlagen mit mehr Leistung und einer höheren
Effizienz zu beseitigen. So gingen etwa durch die Höhenbegrenzung neuer
Anlagen bis zu 40 Prozent an Energieffizienz verloren. Auch Regelungen,
nach denen der Investitionssumme die Kosten für einen späteren Abbau von
Windrädern hinzuzurechnen seien, bremsten den Ausbau, zumal Altanlagen
auf osteuropäischen Märkten sehr begehrt seien.
Insgesamt sind im vergangenen Jahr 131 neue Winkraftanlagen in Schleswig-Holstein
neu aufgestellt worden, 66 wurden im Zuge des so genannten Repowerings
abgebaut. Dabei werden kleinere Altanlagen durch größere Anlagen mit
einer höheren Leistung ersetzt. Das beruhige auch das Landschaftsbild,
sagte Albers. So drehen sich die Rotoren einer neuen Drei-Megawatt-Anlage nur noch 15-mal in der Minute, kleinere Anlagen kommen auf 40 Umdrehungen.
Das Repowering und der Ausbau der Stromnetze sei vor allem für die
Westküste bedeutsam, sagte Albers. Ende vergangenen Jahren standen 63
Prozent aller Windkraftanlagen und 66 Prozent der installierten Leistung
in den Kreisen Nordfriesland, Dithmarschen und Steinburg.
Albers erneuerte zugleich die Forderung seines Verbandes nach einem
beschleunigten Ausbau der Stromnetze. Dies sei eine „existenzielle
Frage“. Peter Höver