Entlang der A 7 ist eines der größten
Sonnenkraftwerke im Norden entstanden / In spätestens acht Wochen soll
es Strom produzieren
Oeversee
Wer während einer langen Autofahrt gerne aus dem Fenster sieht und so
die Landschaft an sich vorbeiziehen lässt, für den gibt es sicherlich
spannendere Strecken als die A7 von Hamburg kommend Richtung Norden. Bis
auf die Überquerung des Nord-Ostsee-Kanals
gab es auf dem letzten Teilstück von Deutschlands längster Autobahn
bislang nur wenige Highlights zu bestaunen. Damit aber ist nun Schluss.
Denn kurz vor der Abfahrt Flensburg, auf dem Gebiet der Gemeinde
Oeversee (Kreis Schleswig-Flensburg), ist in den
vergangenen vier Wochen ein echter Hingucker hinzugekommen. Wo zuvor
jahrzehntelang Pferde grasten und Mais wuchs, ist in Rekordtempo einer
der größten Solarparks Schleswig-Holsteins aus dem Boden gestampft worden.
Auf mehreren Kilometern – links und rechts der Fahrbahn – reihen sich
nun auf sieben Teilflächen rund 80 000 Solarmodule aneinander. „Nach
meinem Wissen ist es die größte Solaranlage Deutschlands, die direkt
neben einer Autobahn liegt“, mutmaßt Jörg Eßer, Geschäftsführer des
Berliner Finanzinvestors MCG (Management Capital Group), der das 35
Hektar große und über 30 Millionen Euro teuere Megaprojekt gemeinsam mit
der auf Solarkraftwerke spezialisierten Firma Wirsol realisiert hat.
Hand in Hand haben die beiden Partner seit Anfang Juni nun alles daran gesetzt, die 19-Megawatt-Anlage
(MW) bis zum 30. Juni fertigzustellen. Denn bereits damals zeichnete
sich ab, dass der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat eine
drastische Kürzung der Förderung für große Solarparks zu eben jenem
Stichtag beschließen wird. So kam es schließlich auch, allerdings ohne
Konsequenzen für den Oeverseer Solarpark. „Es hat geklappt, wir sind
rechtzeitig fertig geworden – auch wenn damit ein erheblicher Aufwand
verbunden war“, sagt Marco Manago, neben Eßer zweiter Geschäftsführer
von MCG.
Bis zu 300 Arbeiter hatten in weniger als 30 Tagen unzählige Pfähle
in den Boden gerammt, die Solarmodule montiert oder Kabel verlegt.
„Pünktlich am 30. Juni ist ein Gutachter vor Ort gewesen und hat die
Anlage ohne Einwände technisch abgenommen“, sagt Manago. Damit sei die
Konformität mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) gewährleistet und die Projektgesellschaft könne fest mit einer
Einspeisevergütung von 17,94 Cent pro Kilowattstunde planen – obwohl die
Anlage bislang noch gar keinen Strom produziert. „Noch fehlt das
Umspannwerk des Netzbetreibers, da gibt es lange Lieferzeiten“,
erläutert Manago, der jedoch damit rechnet dass „spätestens in acht
Wochen“ erstmals in Oeversee produzierter Solarstrom über die nahe
verlaufene 110-KV-Leitung abtransportiert werden kann.
Dass der Bau der Anlage, deren erste Planung die in Nordhackstedt ansässige Firma Solarkontor-Flensburg
angeschoben hatte, zu einem Wettrennen mit der Zeit wurde, hat derweil
mehrere Gründe. Insbesondere haben Verhandlungen mit der Gemeinde
Oeversee zu Verzögerungen bei der Planung gesorgt. Die hat sich
schließlich zusichern lassen, dass die Projektgesellschaft offiziell vor
Ort ansässig ist – und dementsprechend dort auch Gewerbesteuer zahlen
wird. Allerdings hatten auch Einwände von Anwohnern für einen
verspäteten Start der Bauarbeiten gesorgt. Denn die sehen ihre
Lebensqualität durch die benachbarte Autobahn und die parallel dazu
verlaufende Bahnstrecke Flensburg-Neumünster ohnehin schon beeinträchtigt. Nun haben sie auch noch einen der größten Solarparks des Landes direkt vor der Haustür.
Übrigens: Nur wenige Kilometer entfernt von Oeversee steht auch die
größte Anlage des Landes – eine der größten weltweit. Auf dem ehemalige
Nato
-Flugplatz in Eggebek (ebenfalls Kreis Schleswig
-Flensburg) ging im vergangenen Jahr eine 85-MW
-Anlage ans Netz. Dort stehen auf rund 160 Hektar über 360 000 Solarmodule.
Sven Windmann