Prototyp für einen Verkaufsschlager
Butzkies steigt mit innovativem Gitterturm in den Windmarkt ein
Krempe
Mit einem innovativen Gitterturm für Windräder will der Kremper
Stahlbauer Butzkies den Weltmarkt erobern. Rechtzeitig zur Husumer
Windmesse wurde zwischen den Anlagen des Grevenkoper Windparks ein
Prototyp mit einer Nabenhöhe von knapp 62 Metern aufgestellt. Der
Unterschied zu konventionellen Windkraftanlagen: Der Turm besteht nicht
aus stählernen Rohren, sondern aus metallenen Einzelteilen, die mit
einem ausgeklügelten System von ganz speziellen Bolzen zusammengesetzt
werden. Der Anschauungsturm ähnelt damit ein wenig dem Eiffelturm – in
abgespeckter Version.
„Unser Ziel ist es, mit einem eigenen Produkt auf den Markt zu
kommen“, umschreibt Detlef Bengs die unternehmerische Zielsetzung. Der
Geschäftsführer und sein fünfköpfiges Entwicklungsteam stecken seit
sechs Jahren viel Energie in das Projekt. Ob alle Berechnungen und
Messungen auch in der Praxis stimmen, soll sich jetzt zeigen.
Gittermasten für Windräder hatte es auch früher schon gegeben. Das
Problem: Weil an den Windrädern immer wieder auch kräftige Stürme
rütteln, musste immer wieder nachgeschraubt werden. Die neuen Butzkies-Türme
sollen dank ganz spezieller Verschraubungen ohne jede Wartung
auskommen. „Bei Rotoren dieser Größe bläst der Wind auf eine Fläche von
der Größe eines Fußballfeldes“, erläutert der Diplom-Ingenieur.
Selbst bei mittleren Windstärken bewegt sich die Turmspitze schnell mal
ein bis einhalb Meter von links nach rechts. Das alles soll die
Butzkies-Konstruktion locker wegstecken. Die sogenannte Schließringbolzenverbindung wurde gemeinsam mit Alcoa-Fastening
entwickelt, einem weltweit führenden Aluminiumkonzern. Und der weltweit
tätige Stahlkonzern Voest Alpin soll den Krempern beim Vertrieb der
Türme unter die Arme greifen.
Der entscheidende Vorteil der Butzkies-Gittertürme:
Sie können – in Einzelteile zerlegt – in Transportcontainer verpackt
und in alle Welt verschifft werden. Bei den steigenden Nabenhöhen sind
inzwischen sogar schon auf deutschen Straßen den bisherigem Rohrtürmen
enge Grenzen gesetzt – von unbefestigten Wegen in Ländern der Dritten
Welt ganz zu schweigen. Die verzinkten Stahlteile werden dann unter
fachkundiger Anleitung wieder zusammengesetzt – kostengünstig zu den
jeweils vor Ort geltenden Lohnkosten. Butzkies liefert dazu die
Qualitätssicherung.
Geht das Geschäftskonzept auf, sieht Bengs für das vor genau 100
Jahren als Schmiedebetrieb in Krempe gegründete Unternehmen nur
Vorteile: Nur etwa 20 bis 30 Türme sollen im Stammwerk gefertigt werden –
und damit helfen, die Kapazitäten über das Jahr gut auszulasten. Alle
weiteren Türme würde Butzkies im Lizenzgeschäft verkaufen. Detlef Bengs
geht davon aus, dass die Produktion Mitte nächsten Jahres starten kann.
Angesichts eines weltweit florierenden Marktes mit Anlagen zur Erzeugung
regenerativer Energie hofft er auf einen Verkaufsschlager made in der
Krempermarsch. Den letzten Feinschliff soll nun der auch dank privater
Investoren für rund 700 000 Euro aufgestellte Prototyp liefern.
Begleitet wird das Projekt durch die Wirtschaftsförderungs- und Technologietransfergesellschaft Schleswig-Holstein
und die Fraunhofer Gesellschaft Rostock. In den nächsten Wochen und
Monaten stehen in Krempe aber die Messergebnisse aus dem Test-Turm
im Mittelpunkt. Online können Bengs und sein Team verfolgen, ob und wie
sich der Gitterturm bewegt, und ob die Bolzenverbindungen den strengen
Anforderungen genügen. „Die meiste Zeit haben wir im Vorfeld mit Lobby-Arbeit
und der Suche nach einer Aufstellfläche verbracht“, ist Bengs nun froh,
potentiellen Kunden den Turm vor Augen führen zu können. Drei weitere,
dann mit einer Nabenhöhe von 100 Metern, sind auf Bahrenflether Gebiet
geplant. Von hier aus sollen die Butzkies-Türme dann endgültig den Weltmarkt erobern.
Dabei führt der Mittelständler sogar noch die auch für einen
hochwertigen Gitterturm begrenzte Lebenserwartung als Argument für gute
Wirtschaftlichkeit ins Feld: Die Rückbaukosten ließen sich nämlich durch
den Verkauf von Schrott wieder hereinholen, während bei herkömmlichen
System einige hunderttausend Euro fällig würden.
Volker Mehmel