Windkraft: Projektfriedhof Nordsee
Investor steigt aus Windkraft-Projekt „Bard Offshore 1“ vor Borkum aus / In Schleswig-Holstein haben sich viele Fertigstellungstermine verschoben
Tübingen /bg/sh:z
Der Stadtwerkeverbund Südweststrom steigt aus einem milliardenschweren Windkraft-Projekt
in der Nordsee aus. Die Gesellschafterversammlung habe gestern
entschieden, den Kauf des von Pannen begleiteten Windparks „Bard
Offshore 1“ vorerst nicht weiterzuverfolgen, teilte Südweststrom in
Tübingen mit. „Die Verzögerungen beim Bau und die nicht absehbaren
Risiken bis zur Fertigstellung waren ausschlaggebend“, sagte
Geschäftsführerin Bettina Morlok.
Der Windpark, der rund 90 Kilometer nordwestlich der Insel Borkum
errichtet wird, soll Strom für 400 000 Haushalte liefern. Gebaut wird
der erste kommerzielle Nordsee-Windpark vom
Projektbetreiber Bard aus Emden. Schon 2010 hatte Südweststrom einen
Vertrag über den Kauf ausgehandelt. Doch die Unterzeichnung zögerte sich
immer weiter hinaus, und auch bei den Bauarbeiten gab es immer neue
Verzögerungen. Bis zur Fertigstellung Ende 2013 wollen die Stadtwerke
nicht mehr warten. Ursprünglich sollte der Windpark 2011 fertig sein.
Auch die Kosten seien zum Problem geworden. Intern wurde mit
Baukosten von 2,9 Milliarden Euro gerechnet. Morlok nannte für
Südweststrom allerdings schon einen Kaufpreis von zwei Milliarden Euro
unrealistisch. „Das wäre indiskutabel“, betonte sie kürzlich.
Erst vor einer Woche hatte auch der Karlsruher Energiekonzern EnBW angekündigt, seine Pläne für den Nordsee-Windpark
„Hohe See“ vorerst ruhen zu lassen. Derzeit fehlten verlässliche
Rahmenbedingungen für die milliardenschwere Investition, begründete das
Unternehmen.
Der Stadtwerkeverbund mit Sitz in Tübingen hatte erst vor drei
Monaten als Reaktion auf die Energiewende seine Pläne für ein
Kohlekraftwerk in Brunsbüttel an der Elbe aufgegeben. Beide Projekte
hatte Südweststrom damit begründet, dass die kleinen Stadtwerke
unabhängiger von den Stromlieferungen der Atomkonzerne werden wollten.
Jetzt will die Gesellschaft wieder stärker in kleinere Projekte
investieren.
Von den sieben Windparks, die vor Schleswig-Holsteins
Küste genehmigt sind, ist bisher noch keiner offiziell auf Eis gelegt
worden. Allerdings haben sich die Fertigstellungstermine in einigen
Fällen verschoben. So wird die Anlage „Dan Tysk“ vor Sylt wohl
frühestens Ende 2014 statt wie ursprünglich geplant Anfang 2014 ans Netz
gehen. Und „Amrumbank West“ wird erst 2015 statt 2014 fertig. Als
erster Park vor der Westküste könnte Ende 2013 „Meerwind Süd/Ost“ 23
Kilometer nördlich von Helgoland in Betrieb gehen.