Die gewendete Energiewende
Solarreform bremst Sonnenstrom-Ausbau und Bundesumweltminister Altmaier spricht von einem Erfolg
Stefan Wolff
In den vergangenen Jahren haben deutsche Dächer gründlich ihr
Aussehen verändert. Bis heute sind 100 Milliarden Euro in Solarzellen
investiert worden. Damit werden 4,5 Prozent des in Deutschland
verbrauchten Stroms erzeugt. Keine gute Bilanz, zumal der Anteil der
Solarenergie aktuell sogar wieder zurück geht.Gleichzeitig wird in
Stromkraftwerken genauso viel Kohle verbrannt wie 1990. Energiewende
sieht anders aus.
Bundesumweltminister Altmaier sieht sich und seine Regierung dennoch
auf Kurs. 2018 wird wohl die Förderung bei der Solarenergie endgültig
auslaufen. Dabei verlieren die deutschen mit den sinkenden Subventionen
ohnehin schon die Lust. Die Zahl der installierten Anlagen ist
jedenfalls deutlich zurück gegangen.
Man kann zu regenerativen Energien stehen, wie man will. Aber das
nahende Ende der Förderungen macht noch einmal deutlich, dass die
Energiewende grundsätzlich falsch angepackt worden ist. Die anfangs
ausufernde Förderung des mit Sonnenkraft erzeugten Stroms hat nicht nur
die heimische Photovoltaik-Industrie sondern
auch die Billigheimer aus Fernost gepäppelt, die zusätzlich von
Fördergeldern in der Heimat profitierten. Für die beteiligten
Unternehmen ist die Energiewende ein Desaster. Die Solarbranche steht am
Abgrund. Zuletzt meldete Conergy die Pleite. Was uns zu den Anlegern
bringt, die ebenfalls zu Opfern der Energiewende wurden, weil sie auf
den Solarboom bauten und dabei übersahen, dass politische Mehrheiten
auch mal wechseln können. Und damit auch die Subventionsabsichten.
Die Energiewende ist planungspolitisch eine Katastrophe, weil sie
nicht zentral erfolgt. Der Umweltminister hält nur scheinbar die Fäden
in der Hand, während Länder und einzelne Kommunen machen können, was sie
wollen. So entstehen Offshore-Windkraftanlagen ohne Netzanschluss und Fehlberechnungen, wenn es um den Bedarf neuer Kraftwerke geht.
Als 1990 ein frisch wiedervereinigtes Deutschland vor einer
Herkulesaufgabe stand, sorgte ein Infrastrukturbeschleunigungsgesetz für
den schnellen Ausbau von Straßen-, Schienen- und Stromnetzen. Warum das
bei einem nicht minder ambitionierten Ziel wie der Energiewende nicht
möglich sein soll, ist ein Rätsel.