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Solarstrom: Betreibern droht Millionenforderung. WZ vom 10.12.2014

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Claudia

Beiträge: 4532

BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 12.12.14, 00:10  Betreff: Solarstrom: Betreibern droht Millionenforderung. WZ vom 10.12.2014  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Seite 1:

Norden zahlt bei Energiewende drauf
Schleswig-Holstein trägt Zusatzkosten von 100 Millionen Euro für Netzausbau
Kiel /til

Schleswig-Holstein setzt auf die Energiewende. Doch der Ausbau von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen wird für das nördlichste Bundesland zunehmend zur Belastung. So müssen Schleswig-Holsteins Verbraucher und Unternehmen inzwischen mehr als 100 Millionen Euro im Jahr für die Umsetzung der Energiewende schultern. Das geht aus Unterlagen der Schleswig-Holstein Netz AG hervor, die unserer Zeitung vorliegen.

Fatal daran: Während die Energiewende zumeist als nationale Aufgabe deklariert wird, bleiben die Kosten in Form der sogenannten Netznutzungsentgelte in den Regionen hängen. Das Ergebnis: Wo der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben wird, zahlen die Verbraucher drauf – und das immer stärker.

Die Netzentgelte machen inzwischen mehr als 20 Prozent des Strompreises aus und belaufen sich separat betrachtet bei einem Haushalt in Schleswig-Holstein mit einem Jahresverbrauch von 3000 Kilowattstunden im Schnitt auf rund 269,05 Euro. Das zeigen die Berechnungen des Ökostromversorgers Lichtblick. Allein gegenüber dem Vorjahr sind die Netzentgelte demnach im Norden um 18,8 Prozent gestiegen – so stark wie in keinem anderen Bundesland.

Vor allem die inzwischen als überholt geltenden „vermiedenen Netzentgelte“ schlagen immer kräftiger zu Buche. Sie basieren auf der überholten Vorstellung aus den Anfängen der Energiewende, dass der Ausbau dezentraler Kraftwerke die Netze entlaste – tatsächlich ist das Gegenteil der Fall. Gezahlt werden müssen die Entgelte dennoch. Ausgehend von den Zahlen der Schleswig-Holstein Netz AG beläuft sich die Höhe dieser Entgelte auf zusammen zuletzt rund 70 Millionen Euro – 30 Millionen mehr als noch im Vorjahr.

In einer aktuellen Studie plädiert die Denkfabrik Agora Energiewende daher für deutschlandweit umgelegte Netzentgelte. Ähnlich hatte sich zuvor schon Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne) auf Anfrage unserer Zeitung geäußert. „Wir stellen große Teile unseres Lebensraums für erneuerbare und Transportinfrastruktur zur Verfügung“, so der Minister. Was nicht sein dürfe, sei, „dass wir hierfür die Quittung in Form regional überhöhter Netzentgelte bekommen.“ Habeck betonte: „Energiewende-Netzkosten müssen solidarisch getragen werden.“
Doch die Energiewende hakt aktuell im Norden offenbar nicht nur beim Thema Netzentgelte. Etliche Photovoltaik-Anlagen im Land könnten Experten zufolge nicht ordnungsgemäß angemeldet worden sein – mit schwerwiegenden Folgen. Fördergelder müssen zurückgezahlt werden. Die Summen gehen in die Millionen. Für manchen Betreiber einer Anlage wird das Geschäft mit der Sonne ein düsteres Nachspiel haben.



Seite 15:

Solarstrom: Betreibern droht Millionenforderung
Jede zehnte Anlage falsch angemeldet? Netzanbieter verlangt Geld aus Ökostrom-Umlage zurück
Kiel

Mit Vergütungen aus der Umlage für erneuerbare Energien haben viele Menschen in Schleswig-Holstein in der Vergangenheit gutes Geld verdient. Jetzt müssen vielerorts aber offenbar Fördergelder wieder zurückgezahlt werden. Schuld ist ein Formfehler. Denn viele Betreiber von Photovoltaikanlagen im Land haben zwar die Förderung eingestrichen, die Anlage selbst aber nicht ordnungsgemäß bei der Bundesnetzagentur gemeldet. Das ganze Ausmaß und seine Folgen sind derzeit nur schwer auszumachen. Es könnte um Millionenbeträge gehen, die Netzbetreiber jetzt von den Eigentümern der Photovoltaikanlagen zurückfordern.

In Meldorf steht das Telefon seit Tagen schon nicht mehr still. „Ich werde bombardiert mit Anfragen“, bestätigt dort Rechtsanwalt Jens-Ulrich Kannieß. Die Rückforderungen, um die es bei seinen Mandaten geht, reichen derzeit von 40 000 Euro bis zu 1,6 Millionen Euro. Nach Schätzungen aus Branchenkreisen könnte sogar jede zehnte Anlage in Schleswig-Holstein nicht korrekt angemeldet sein. Zum Stichtag 8. Dezember dieses Jahres waren allein bei der Schleswig-Holstein Netz AG 29 707 Photovoltaikanlagen am Netz.

„Bislang haben wir gegenüber nur einer sehr kleinen Zahl Anlagenbetreiber konkrete Rückforderungen gestellt“, erklärt hingegen Ove Struck, Sprecher der Schleswig-Holstein Netz AG. Die Zahl bewege sich ihm zufolge im niedrigen zweistelligen Bereich. Auffallen würden die jeweiligen Anlagen bei Stichproben.

Grundsätzlich gilt: Betroffen sind Anlagen ab Januar 2012 – erst seitdem ist ihre Nichtmeldung nach Angaben der Schleswig-Holstein Netz AG sanktioniert. Das heißt: Ihnen werden die zuvor gezahlten Entgelte aus der EEG-Umlage wieder aberkannt.

Statt der üblichen Vergütung von 10 bis 19 Cent pro Kilowattstunde, zahlen die Netzbetreiber für die Zeit ohne Anmeldung der Anlage nur einen Monatsmarktwert von drei bis vier Cent pro Kilowattstunde. „Das betrifft etliche Betreiber existenziell“, sagt Kannieß. „Bei mir sind Leute gewesen, die sind in Tränen ausgebrochen.“

„Alle Photovoltaik-Anlagenbetreiber sind zu der Meldung verpflichtet“, betont Struck bei der Schleswig-Holstein Netz AG. Der Netzbetreiber habe die „Anlagenbetreiber bei Inbetriebnahme zu einer verbindlichen Erklärung aufgefordert“, dass dieser sich bei der Bundesnetzagentur gemeldet hat, führt der Unternehmenssprecher weiter aus. Rechtsanwalt Kannieß stellt sich jedoch die Frage, warum der Netzbetreiber sich offenbar keine Kopie über die Meldung zeigen ließ. Auch die Rolle der jeweiligen Elektroinstallateure hinterfragt der Anwalt in diesem Zusammenhang und gibt eine Empfehlung ab: „Ich rate jedem Betreiber zu prüfen: ‚Bin ich angemeldet?‘“

Inzwischen interessiert sich auch das Kieler Energiewendeministerium von Robert Habeck (Grüne) für den Fall. „Es geht hier um ein Rechtsverhältnis zwischen Anlagenbetreibern, Netzbetreibern und Bundesnetzagentur“, führt Sprecherin Nicola Kabel auf Anfrage aus. Von den Rückzahlungsforderungen habe das Ministerium kürzlich Kenntnis erlangt. „Wir haben nähere Informationen beim zuständigen Netzbetreiber erbeten, um uns ein klareres Bild von der Situation und ihren Auswirkungen zu machen.“
Till H. Lorenz


[editiert: 12.12.14, 23:02 von Claudia]
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Claudia

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BI Teilnehmernummer: 106

New PostErstellt: 12.12.14, 23:06  Betreff: Re: Solarstrom: Betreibern droht Millionenforderung. WZ vom 10.12.2014  drucken  weiterempfehlen

Kommentar von Seite 2:


Energiepreise als Spielball
Ölpreise verfallen, während die Energiewende immer teurer wird
Stephan Richter

Der Energiemarkt war schon immer ein beliebtes Feld für strategische Winkelzüge. Das beginnt weltpolitisch beim dramatischen Verfall des Ölpreises und endet bei der Energiewende und den hohen Netzengelten, die Stromverbraucher in Schleswig-Holstein zu zahlen haben. In allen Fällen bleibt das ungute Gefühl, dass die Eingriffe der Politik und des Staates mehr Schaden als Nutzen anrichten.

Nicht auszuschließen, dass hinter der aktuellen Ölschwemme und dem damit verbundenen Preisverfall auch das Kalkül des Westens steht, Russland zu treffen. Keine Sanktion wird Präsident Putin so treffen wie sinkende Einnahmen aus dem bislang lukrativen Energiegeschäft.

Dass ein niedriger Ölpreis den Verbrauch und damit auch den Kohlendioxid-Ausstoß steigen lässt, gilt wohl als Kollateralschaden. Umso wichtiger könnte die Energiewende sein, um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zu bremsen. Doch auch dieser Weg wird zunehmend holpriger. Denn erstens hat der rasante Ausbau von Windkraft, Photovoltaik und Biogas bisher in Deutschland zu keiner Kohlendioxid-Reduktion geführt. Und zweitens ging die Politik beim Start dieses billionenteuren Projekts von steigenden Energiepreisen aus. Geht der Preisverfall bei konventionellen Energieträgern weiter, wird die Verbraucherakzeptanz sinken.

Dass die Haushalte in Schleswig-Holstein wegen hoher Netzentgelte besonders stark zur Kasse gebeten werden, hat ebenfalls zwei Seiten. Die Betreiber von Windrädern, Solardächern oder Biogasanlagen kassieren im Jahr im Norden rund 550 Millionen Euro an staatlicher Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Andere Bundesländer – voran Nordrhein-Westfalen – müssen diese Geldflüsse finanzieren. Schleswig-Holstein sollte deshalb nicht zu laut schreien. Wer mehr als eine halbe Milliarde Euro EEG-Subvention kassiert, darf über die Kosten beim Ausbau der erneuerbaren Energien und der damit verbundenen Netzinfrastruktur nicht allzu laut klagen. Der Dumme ist allerdings der Verbraucher. Er zahlt, andere kassieren. Erst wenn die erneuerbaren Energien nicht mehr am staatlichen Fördertropf hängen, wird die Forderung nach einer gerechten Verteilung der Energiewende-Netzkosten überzeugend.

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