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Claudia

Beiträge: 4532

New PostErstellt: 08.01.15, 19:23     Betreff: Windenergie schafft kaum neue Jobs. WZ vom 05.01.2015

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Windenergie schafft kaum neue Jobs
Studie sieht nur begrenzten Arbeitsplatz-Effekt / Wirtschaftsminister will nachbessern
Kiel /fju

Die erneuerbaren Energien bringen Schleswig-Holsteins Wirtschaft weniger in Fahrt als angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Regionalforschung der Kieler Universität. In Auftrag gegeben hat sie die Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein, Nachfolgerin der einstigen Technologiestiftung des Landes.

Erreicht die Landesregierung ihr Ziel, bis 2020 die Windkraftleistung zu verdreifachen, entsteht laut Studie in der Spitze eine jährliche Wertschöpfung von 835 Millionen Euro. Dieses Maximum gelte allerdings nur für 2020 selbst. Das entspreche etwa einem Prozent des schleswig-holsteinischen Bruttoinlandsprodukts, erklärt Studienautor Johannes Bröcker. Die Zahl der mit dem Ausbau verbundenen Arbeitsplätze beziffert der Wirtschaftswissenschaftler in der Investitionsphase auf 7700. Das sind 0,6 Prozent aller Jobs. Dauerhaft bleiben Bröcker zufolge nach 2020 nur 3600 Arbeitsplätze – gespeist aus Betrieb und Unterhalt der Anlagen. Alles in allem gleiche demnach der Effekt lediglich dem eines großen Industrie-Ansiedlungsprojektes.

Grund für dieses Defizit ist die geringe Fertigungstiefe Schleswig-Holsteins bei Windmühlen. Das Land sei zwar gut darin, Rotoren aufzustellen, nicht aber darin, sie zu produzieren. Von den 4,7 Millionen Euro, die eine 3,2-Megawatt-Anlage kostet, werden nur 28 Prozent im Land ausgegeben. Das Geld fließt vor allem in die Planung, das Fundament, die Erschließung des Standorts und die Montage. Die Untersuchung berücksichtigt bei der Wertschöpfung nicht nur originäre Firmen aus der Windbranche, sondern zum Beispiel auch Tiefbauer und Banken sowie Steuereinnahmen.

Nicht berücksichtigt würden in dem Papier indes die Offshore-Windparks, relativiert Wirtschaftsminister Reinhard Meyer die Aussagen der Studie. „Immerhin sehen wir, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien zu zusätzlichen Effekten führt“, kommentiert der SPD-Politiker die Studie. Bereits jetzt arbeiteten landesweit 15 800 Erwerbstätige in dem Sektor. Gleichwohl will sich Meyer 2015 „sehr intensiv mit Handlungsansätzen beschäftigen, wie wir mehr Wertschöpfung aus den erneuerbaren Energien nach Schleswig-Holstein holen können“.
Dazu zählen eine Fachkräfte-Initiative für die Branche sowie eine Stärkung der anwendungsbezogenen Forschung. Zudem müsse die große Menge kostengünstiger Öko-Energie im Norden besser als Standortfaktor angepriesen werden. Darauf setzt auch Nicole Knudsen, Regionalsprecherin des Bundesverbands Windenergie. Sie wünscht sich eine Ansiedlungs-Strategie für energieintensive Betriebe wie Gewächshäuser oder Rechenzentren. In Niedersachsen etwa sei es besser gelungen, Windenergie in Beschäftigung umzusetzen, sagte Knudsen.



Kommentar von Seite 2:

Fläche und Wind reichen nicht
Aber der Weg ist richtig
Frank Jung

Auch wenn der Ausbau der Windenergie Schleswig-Holstein vergleichsweise wenig Rückenwind für den Arbeitsmarkt geben mag – wichtig ist zunächst, eines festzustellen: Trotzdem bleibt die Fortsetzung der Energiewende richtig. Alle umwelt- und klimapolitischen Argumente für erneuerbare Ressourcen bestehen unverändert. Gleiches gilt dafür, dass gerade Schleswig-Holstein auf Grund seines Windreichtums prädestiniert ist, Masse zu produzieren.

Auch wäre der Eindruck falsch, dass mehr Windenergie ökonomisch so gut wie nichts brächte. Aber eben weit weniger als oft gedacht. Der Norden wiegt sich also in einer falschen Sicherheit, und deshalb ist die eher ernüchternde Studie der Kieler Regionalforscher zu den wirtschaftlichen Potenzialen der Windenergie wichtig. Strategiepapiere von Industrie- und Handelskammern und anderen Institutionen auf Hochglanzpapier und Schönwetter-Reden von Landespolitikern erwecken den Eindruck, die erneuerbaren Energien entwickelten sich zu einem tragenden Rückgrat der regionalen Wirtschaft. Diese Einschätzung demaskiert die Analyse als pures Prinzip Hoffnung.

Es rächt sich, dass sich das nördlichste Bundesland in der Vergangenheit nicht genügend engagiert hat, um Produktions- und Innovationskapazitäten für Öko-Energien an sich zu binden. Fläche und Wind allein ziehen sie nicht automatisch nach. Auch beim noch bevorstehenden Offshore-Boom haben sich andere eine bessere Ausgangsposition verschafft.

Wenn es die Öko-Energien allein nicht richten, muss Wirtschaftspolitik für Schleswig-Holstein umso mehr die Sicherung traditioneller, auch weniger sexy wirkender Branchen in den Blick nehmen. Und zugleich eine Strategie entwickeln, mit der es wenigstens neue Felder der Grünen-Ressourcen-Branche besetzt. Auf dem zukunftsträchtigen Gebiet der Speichertechnologien etwa ist noch nicht ausgemacht, wer die Nase vorn hat – und für den Norden theoretisch noch viel zu holen.

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