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Pegus
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New PostErstellt: 24.11.04, 10:50     Betreff: Neue Ordnung, neue Mächte

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Neue Ordnung, neue Mächte
Der Irak-Krieg ist eine Zeitenwende. Er bringt massive Veränderungen in die Beziehungen Amerikas zum Rest der Welt und der Europäer untereinander
von Werner Weidenfeld


US-Präsident George W. Bush
Foto: AP
Künftige Historiker werden die Zeit vom Anschlag auf das World Trade Center bis zum Irak-Krieg als Beginn einer neuen Epoche der Weltgeschichte definieren. Sie werden das Ende des Ost-West-Konfliktes als Inkubationsphase für eine Zeitenwende feststellen, deren vollständige Konsequenzen von den Zeitgenossen nicht auf einen Begriff zu bringen waren. Entsprechend erratisch und konfus reagiert die Weltpolitik, ent-sprechend verwirrt äußert sich das intellektuelle Leben. Der Krieg hat die Orientierungslosigkeit manifest gemacht. War es früher modisch, vom Paradigmenwechsel zu räsonieren, so ist heute nüchtern der Paradigmenschwund zu konstatieren.


Unsere Zeit zeigt sich überfordert, weil zu vieles an zu vielen Orten korrigiert werden muss und weil zu viele bisher gültige Annahmen gleichzeitig überholt erscheinen. Fast nichts gilt mehr, was bisher der Weltpolitik ihr spezifisches Profil und ihre halbwegs verlässliche Ordnung gegeben hat.


Sieben Folgen des Krieges für die Zukunft der internationalen Politik lassen sich erkennen:


1. Am Anfang war der Terror. Nicht, dass alles von ihm ausgegangen wäre, aber der Anschlag des 11. September 2001 setzte Kräfte frei, löste Traumata aus, lenkte den Blick in die Abgründe realer Gefahren, die bis dahin eher hintergründig, eher unbemerkt geblieben waren. Das Ende des Ost-West-Konflikts, das Verschwinden der kommunistischen Ideologie mit ihrem universalen Herrschaftsanspruch - dies alles hatte lange im Hintergrund schwelende Konflikte entfesselt. Religiöse Fundamentalismen, ethnische Explosivität, nationalistische Erhitzungen waren in der eisernen Klammer der bipolaren Machtriesen fixiert geblieben. Nun waren sie von der Leine gelassen. Die neue Aggressivität von vielen Orten aus überraschte die Weltöffentlichkeit - vom Balkan wie vom Kaukasus, von Afghanistan wie in Pakistan, im Irak wie in Indonesien und Malaysia.


2. Der Terror unterläuft die Prämissen der bisherigen Sicherheit. Das leitende Prinzip war seit jeher der Gedanke der Abschreckung. Ein feindlicher Staat sollte von einem Angriff abgehalten werden, indem ein Gegenschlag ihm die Vernichtung oder zumindest die Niederlage androhte. Jeder Akteur, der sein Risiko rational kalkulierte, musste also von einer Attacke absehen. Diese Überlegung hat über Jahrzehnte den Frieden zwischen Ost und West gesichert. Einer solchen Ratio aber folgt heute das globale, professionelle Netzwerk des Terrors nicht. Es kalkuliert nicht im traditionellen Sinne sein Risiko, weil ihm göttliche Verheißungen zugesagt werden.


Außerdem ist der Terror nicht mehr der klassische Feind von außen. Er befindet sich vielmehr gleichzeitig innerhalb und außerhalb der attackierten Gesellschaft. Seine hochprofessionelle Ausbildung, seine hochtechnologische Ausrüstung verbinden sich oftmals mit transzendenzorientierten Überzeugungen, für einen neuen kulturellen Horizont die notwendigen Opfer zu bringen. Da sich der Terror in vielen Ländern eingenistet hat, wird faktisch die Unterscheidung zwischen innerer und äußerer Sicherheit aufgehoben. In den westlichen Gesellschaften, vor allem aber in Amerika tritt damit konsequenterweise an die Stelle der Abschreckung die Suche nach Schutz. Allein in den letzten Jahren wurden weltweit etwa 90000 Terroristen ausgebildet. Der Albtraum des 11. September war vor diesem Hintergrund wohl nur ein Anfang vom Anfang. Die westliche Welt blickt in die Abgründe der Bedrohung ihrer Existenz.

LG. Pegus

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