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Eva S.
Administrator

Beiträge: 6549


New PostErstellt: 07.01.16, 04:35     Betreff: Bigotte Heuchelei

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Hallo @ll,

beliebt werde ich mich hier jetzt eher nicht machen, aber mir reicht es einfach mit der Hetze gegen Muslime bzw. gegen die Flüchtlinge.

Es geht um die sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln. Ich finde es einfach nur widerwärtig, wie diese Übergriffe von rassistischen Rechten ausgeschlachtet werden, um Stimmung gegen die Flüchtlinge zu machen.

Da tun jetzt alle furchtbar entrüstet, spielen sich auf, als hätten wir das Gleichberechtigungsparadies in Deutschland, dabei geht einem großen Teil dieser Kommentatoren bei Online- und Printmedien (sexuelle) Gewalt gegen Frauen am Allerwertesten vorbei - jedenfalls dann, wenn es sich bei den übergriffig Werdenden / Tätern um (ur)deutsche Männer im Speziellen und europäische bzw. amerikanische, weiße, heterosexuelle Männer im Allgemeinen handelt. Bei ausländischen, insbesondere, wie in Köln, nordafrikanischen bzw. arabischen, und deshalb überwiegenden muslimischen, Männern dagegen werden die Ereignisse dermaßen aufgebauscht, dass der Rassismus vieler dieser Kommentatoren nicht mehr zu übersehen ist.

Bei sonstigen Diskussionen um (sexuelle) Gewalt gegen Frauen kann frau schon mal leicht übel werden ob dieser, leider sich wieder ausbreitenden, Misogynie.

  • Geht es um häusliche Gewalt gegen Frauen, kann davon ausgegangen werden, dass spätestens beim dritten Kommentar jemand, meist noch mit unseriösem Zahlenmaterial, daher kommt, der dahin gehend ablenkt, dass es ja viel mehr Frauen gibt die ihre Männer verprügeln als umgekehrt oder munter psychische und physische Gewalt vermischt wird.

  • Geht es um Alltagssexismus gegen Frauen, wird dieser in der Regel gleich als hysterisches Getue männerfeindlicher Feministinnen abgetan; wird doch glatt behauptet, plumpe Anmache bis hin zum Grapschen wäre Flirten und Frau sich doch bitte nicht so anstellen solle. Bestes Beispiel die #Aufschrei-Aktion bei Twitter vor einigen Jahren. Bei dieser Aktion haben Frauen von ihren Erfahrungen mit Alltagssexismus berichtet und anstatt wenigstens den Versuch zu machen, sich in diese Frauen hineinzuversetzen wurde das Internet mit gehässigen Kommentaren dazu regelrecht überschwemmt. Diese gehässigen Kommentare halten bis heute an und werden gerne genommen, wenn es eben mal wieder um das Thema sexuelle Gewalt gegen Frauen geht, außer natürlich, bei den Tätern handelt es sich, wie in Köln, um (muslimische) Ausländer.

  • Überhaupt sog. Hatespeech gegen Frauen gerichtet, die sexuelle Gewalt thematisieren, ist im Internet sehr beliebt. So bekam z. B. die Videospiel-Kritikerin Anita Sarkeesian gleich Morddrohungen, weil sie es gewagt hat, den Sexismus gegen Frauen in Videospielen zu kritisieren. Eine Polizistin, die auf Facebook ihren Stalker geoutet hat, wurde mit einem Shitstorm überzogen, anstatt dass der, wie es richtiger gewesen wäre, Stalker den Shitstorm abbekommen hätte. Auch die Schauspielerin Shoshona Roberts bekam Morddrohungen, weil sie ein Video darüber gedreht und im Internet veröffentlicht hat, was eine ganz normal angezogene junge Frau an blöder Anmache bis hin zu sexueller Belästigung auf dem Weg durch New York aushalten muss. Und die Initiatorin der Petition gegen das sog. BILD-Girl (siehe auch hier im Forum) durfte sich vom inzwischen ehemaligen Chefredakteur dumm anquatschen lassen, anstatt dass dieser Herr sachlich auf das Anliegen der Petition eingegangen wäre..
Ganz schlimm wird es, wenn es um die Genitalverstümmelung (verharmlosend als "Beschneidung" bezeichnet) von Frauen und Mädchen vor allem in muslimischen Gesellschaften handelt. Auch hier keine Diskussion, bei der nicht sofort auf die männliche Vorhautbeschneidung umgelenkt wird. Dabei ist zwischen weiblicher und männlicher Genitalbeschneidung ein Riesenunterschied. Männer verlieren dadurch nicht ihr sexuelles Empfinden, Frauen dagegen schon. Oft werden letztere auch noch zugenäht und nur eine kleine Öffnung für Urinabfluss offen gelassen. Geschlechtsverkehr bereitet diesen Frauen große Schmerzen - aber auch hierüber möchte man(n) nicht diskutieren.

Dazu kommt dann auch noch unser zuhälterfreundliches Prostitutionsgesetz und unser täterfreundliches Vergewaltigungsgesetz. Auch hier wird man(n) nicht müde, im Internet zu verkünden, dass der größte Teil der Vergewaltigungen nur vorgetäuscht ist. Dass letztere nur einen verschwindet geringen Prozentsatz ausmachen wird schlicht ignoriert.

Die Liste ließe sich noch ziemlich weit fortsetzen, aber ich denke, obige Beispiele reichen aus, um die bigotte Heuchelei um die Betroffenheit über die sexuellen Übergriffe von Köln offenzulegen.

Wirklich schlimm ist, dass die betroffenen Frauen gleich doppelt mißbraucht werden - erst von den Grapschern und dann von Rassisten und Rechtspopulisten zur Hetze gegen Muslime bzw. gegen (muslimische) Flüchtlinge. Besonders kurios wird es, wenn dann, meist leider nur vereinzelte, Kommentatoren auf diesen - ich nenne es mal - Missstand aufmerksam machen, ihnen gleich Relativierung vorgeworfen wird und dies meist von denen, die bei vor aufgeführten Themen die ersten sind, die ablenken und/ oder relativieren.

Was nun die Opfer der sexuellen Übergriffe in Köln betrifft - sie brauchen nicht die Heuchelei derer, die diese Gewalttaten ausschließlich zur Hetze gegen (muslimische) Migranten und Flüchtlinge benutzen und so ihren Rassismus zu kaschieren versuchen.

Eva

Man muss mit dem Anfang beginnen. Und der Anfang von allem ist der Mut. (Vladimir Jankélevitch)

Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf. (Johann Wolfgang v. Goethe)



[editiert: 10.01.16, 01:49 von Eva S.]
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