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  Leben mit Depressionen

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Bäckermeister

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Beiträge: 54


New PostErstellt: 30.06.06, 17:07     Betreff:  Re: Le Tour de France 2006 Antwort mit Zitat  

Morgen ist es also soweit: Es beginnt das härteste Radrennen der Welt, die große Schleife in Frankreich, DIE Tour, der ultimative Saisonhöhepunkt der Straßenradrennfahrer, die Höllentour... Wer die Tour de France auch nur einmal mitverfolgt hat, weiß, wovon die Rede ist und warum die Rundfahrt so genannt wird.

Es gehen in diesem Jahr 21 Mannschaften an den Start, gesponsert von mittelständischen Unternehmen oder auch Firmenkonzernen, mit einer internationalen Equipe; mit jeweils neun Fahrern, die geprägt vom Sport in ihrem Wesen egozentrische, eigentlich auf sich und ihre Ziele ausgerichtete Persönlichkeiten sind und dennoch - auch wieder im eigenen Interesse - für das Mannschaftsziel fahren, kämpfen und "leiden".

Entsprechend den gelagerten Interessen dieser Teams gibt es solche, die um den Gesamtsieg fahren; dies ist der Fall, wenn es über einen Fahrer verfügt, der in der Lage ist, die kompletten drei Wochen am Limit zu fahren ohne schwächere Tage zu haben , der gut im Zeitfahren ist und gut in den Bergen.
Es gibt solche Teams, die den Sieg einzelner Etappen im Auge haben; dies trifft dann zu, wenn sie einen starken Sprinter haben (der - auch nach 150 oder 250 Kilometern noch - eine Spitzengeschwindigkeit, also eine Endgeschwindigkeit von 70 km/h und mehr kurzzeitig fahren kann) oder wenn sie einen starken Bergfahrer als Teammitglied haben, der an den stärksten Steigungen am Berg regelrecht den anderen "davonfliegt" und die Etappe als erster beendet.

Immer aber können diese Spitzenfahrer, die von ihren Teams beauftragt werden, den Gesamtsieg oder den Etappensieg nur dann erringen, wenn sich alle anderen diesem Ziel verschreiben und ihn unterstützen. Das beginnt mit dem kräftezehrenden, wortwörtlichen Wasser holen (ein Fahrer lässt sich zurückfallen, bis er sein Teamfahrzeug erreicht, schnappt sich vier bis acht Flaschen und fährt dann wieder zu seinen Mannschaftskameraden z.T. durch das komplette Feld nach vorne. Sowas kann leicht eine halbe Stunde dauern...), geht über das "im Fahrtwind fahren", hier muss der arme Kerl mitunter stundenlang vor seinem Schützling fahren, damit dieser Kraft sparen kann bis zu seinem eigentlichen Einsatz, bis zum "Sich-Aufopfern", wenn er in verschiedenen denkbaren Situationen solange am Limit fährt bis er nicht mehr kann und dann noch schauen muss, dass er irgendwie das Ziel erreicht (in der Karenzzeit, das heißt, innerhalb einer zu ermittelnden Zeitspanne muss er nach dem Sieger die Ziellinie überfahren. Nicht ganz leicht, wenn er noch 15 weitere Kilometer Berganstieg vor sich hat, nachdem er alles aus sich herausgeholt hat oder von dem kompletten Fahrerfeld abgehängt wird und alleine weiter fahren muss.)

Dass der Zuschauer diese stattfindenden Kämpfe zwischen den Fahrern und gegen sich selbst überhaupt sieht und erkennt, hängt von den Kommentatoren der Sender ab. Ich bin von "Eurosport" begeistert, weil sie sich dort nicht in Floskeln permanent wiederholen, die eher auf "Einsteiger" zugeschnitten sind, sondern darüber hinaus vieles erklären bzw. auch erst erkennen. So wird meines Wissens dieses Jahr der ehemalige Radrennfahrer Jens Heppner mit moderieren, der 1997 Jan Ullrich mit zum Toursieg verholfen hat. Ein hervorragender Sportler, nicht so eloquent wie ein ausgebildeter Journalist, dafür aber mit sehr viel Sachverstand und vor allem ehrlicher, klarer Sprache.

Die vielen Regeln und vor allem solche "Regeln" die auf stillen Vereinbarungen, quasi auf einem Ehrenkodex basieren, braucht man weder hier noch an anderer Stelle zu erläutern, weil sie sich beim  Zuschauen entweder von selber erklären oder von GUTEN Kommentatoren erklärt werden.
Ein Beispiel möchte ich nennen, dass bei Neueinsteigern häufig zu Verwechslungen und Missverständnissen führt, gerade wenn sie bei der ARD oder dem ZDF reinschauen: Oft heißt es in dieser oder der anderen Situation, "jetzt darf XY nicht angreifen". Das bedeutet, dass er vom Reglement her natürlich darf! Wenn aber beispielsweise am Berg oder bei einer "Flachetappe" ein Favorit stürzt oder einen Schaden am Rad hat, dann greifen seine DIREKTEN Konkurrenten um den Gesamtsieg nicht an. Würde es einer doch tun, könnte er sich nicht nur darauf verlassen, in den nächsten Rennen über ein oder auch zwei Jahre hinweg genauso behandelt zu werden, sondern er würde im Fahrerfeld viel ruppiger angegangen werden. Es könnte sogar sein, dass sich mehrer Team zusammenschließen, um gegen ihn zu fahren. Wie das funktioniert, ist nur eine der vielen interessanten Optionen im Radsport.

Der Radsport ist also ein taktischer und strategischer Sport, ein Sport der Individualisten im Mannschaftsgefüge; vor allem aber auch der Leiden, des dreiwöchigen Übersichhinauswachsens, der Dramen und Tragödien wie der euphorischen und ergreifenden Augenblicke, der unerbittlichen Konkurrenzkämpfe und der bedingungslosen Zusammengehörigkeit der Team-Fahrer...

Zu guter Letzt bietet die Tour de France noch einen anderen Aspekt: Wunderschöne Bilder (nicht nur der sportlichen Dramatik bei Aufholjagden, beim Zeitfahren, bei Bergankünften, bei Massensprints) von Landschaften im Norden bis hin im Süden Frankreichs, von Dörfen und Städten, Flüssen und Bergen.
Die Bilder werden gesendet von Motorradkameras, die sich mitten im Fahrerfeld bewegen, oder aus Hubschraubern heraus, die das Peloton in der Totalen zeigen oder eben auch die Landschaft in ihrer beeindruckenden Größe.
Es sind professionelle Kameraleute und Regisseure am Werk, die die ganze Dramatik (mittlerweile) einzufangen verstehen.

Empfehlen möchte ich natürlich die offizielle Website der Tour:Letour

Übrigens: Man schaut die Tour de France nicht ununterbrochen vor dem Fernseher an, da würde es bald langweilig werden. Man lässt ihn einfach laufen - und kriegt es schon mit, wenn etwas Interessantes sich ereignet.
Ach ja, interessant sind auch die vielen Anekdoten und Geschichtchen, die gute Reporter am Rande erzählen - und zwischen den Sendern wechseln kann man ja auch...

So, das war mein "Prolog", der der Radsportler beginnt morgen in Straßbourg, ist ein kleines Einzelzeitfahren über rund 7 Kilometern. Hier werden noch nicht die großen, später entscheidenen Minutenabständen zwischen den Fahrern, die auf den Gesamtsieg fahren, herausgefahren.







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Viele Leute glauben, daß sie denken, wenn sie lediglich ihre Vorurteile neu ordnen.
(William James, amerik. Philosoph, 1842-1910)
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