Forum zum Informationsaustausch ES-Betroffener
Extrasystolen-Information


Ein herzliches Willkommen im Forum rund um Extrasystolen und andere Herzrhythmusstörungen.

Hier findet ihr Informationen, Tipps oder auch einfach ein offenes Ohr bezüglich der uns alle betreffenden und belastenden Symptome des Herzstolperns und/oder Herzrasens.

Chris Lenz gründete dieses Forum am 12. August 2002, da ihm, als ebenfalls Betroffener, eine solche Anlaufstelle als sinnvoll und hilfreich erschien.

Mittlerweile teilen viele Mitglieder diese Meinung und jede noch so kleine Frage oder Sorge findet in diesem Forum ihren Platz und kann hier, auch im Chat, besprochen werden.

Als Administratoren ist dieses Forum Chris Lenz, Kathleen Rymon und Nadine Krüper sehr ans Herz gewachsen und wir bemühen uns, Euch mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Da wir aber eben auch nur Betroffene sind und keinerlei medizinische Ausbildung besitzen, dürfen wir hier keine Gesundheitsdiagnostik oder -beratung betreiben.

Jeder Beitrag ist vom jeweiligen Verfasser selbst zu verantworten. Ebenfalls sollte IMMER ein Arzt zu Rate gezogen werden, was die veränderte Einnahme von Medikamenten sowie die genaue Diagnostik Eurer Herzrhythmusstörungen betrifft. Jegliche weiteren gesundheitlichen Maßnahmen sollten ebenfalls mit diesem abgesprochen sein. Alles andere wäre nicht zu verantworten, da sehr schwerwiegende Nebenwirkungen und lebensbedrohliche Risiken auftreten können.

Nun wünschen wir Euch viel Kraft und Mut beim Kampf gegen Eure Herzrhythmusstörungen und hoffen, Euch hier ein klein wenig weiterhelfen zu können.
 
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Claus
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New PostErstellt: 31.08.03, 12:16     Betreff: Re: Betablocker oder Valium? Antwort mit Zitat  

Hallo,

also ich finde nicht, dass Ärzte generell Betablocker im Bedarfsfall verordnen. Einige Ärzte tun dies, die Mehrheit geht damit anders um.

Vielleicht wird der Vorgang deutlicher, wenn man die Wirkungsweise erklärt:

Der Betablocker:

Wirkungsweise: Betablocker, wirkt auf Beta-1- und Beta-2-Rezeptoren (dort kommt gerne das Adrenalin an und steigert die Herzfrequenz, z. B. bei Aufregung und Stress, aber auch bei körperlicher Belastung); Senkung des kardialen Sauerstoffverbrauchs; Senkung von Herzfrequenz
und Herzkraft, daraus resultiert eine Blutdrucksenkung. Nebenwirkungen: Bradykardie (langsamer Puls unter 50 Schläge/Min) bis Asystolie, Blutdruckabfall, Bronchospasmus, Verstärkung der Herzinsuffizienz, Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen.

Fazit: Ein Betablocker ist eigentlich kein "Spielzeug" zur Gelegenheitsmedikation. Nur durch die dauernde Einnahme (Ausnahme Notfallmedizin) wird der gewünschte Effekt erreicht.

Betablocker verlängern aktiv das Leben von entsprechend gefährdeten Betroffenen (Bluthochdruck, Angina Pectoris, Infarkt).

Als Mittel gegen sog. "schnelle" HRS hat es sich eben durch die Absenkung der Pulsfreuenz bewährt.

ES können aber meist nicht damit verhindert werden; jedoch schlimmere HRS verhütet!

Darin liegt auch DER SINN der Betablockerverordnung bei Menschen mit ES: Verhütung von schlimmeren HRS (Kammertachykardien, usw.). Hier ist der Betablocker ein Netz mit doppeltem Boden. Zum Aufau einer Schutzfunktion muss aber der Wirkstoff bereits dann im Körper sein, wenn der Schutz gebraucht wird. Bei einer Gelegenheitseinnahme geht das nicht, nur die Dauereinnahme baut diesen Schutz auf. In der Notfallmedizin kann man einen Betablocker höchstens i. V. spritzen, um eine sofortige Reaktion des Wirkstoffes zu sehen.

Zum Absetzen: Der Körper verträgt es natürlich nicht so gut, wenn dieser Wirkstoff plötzlich wieder entzogen wird; gerade nach längerer Einnahme. Daher muss man sich langsam aus der Medikation ausschleichen, was auch ärztlich überwacht gehört.

Generell: Medikament zur Langzeitbehandlung, langsam reinschleichen, langsam rausschleichen. Praktisch gesehen haben nahezu alle Betablocker ihre Schutzfunktion für das Herz unter Beweis gestellt und es sind augezeichnete und lebensverlängernde Medikamente; für die Betoffenen, die sie wirklich brauchen. Man KANN bei ES dies als Schutz gegen gefährliche HRS einsetzen, man beachte aber, dass Betablocker auch selbst (wie alle herzwirksamen Medikamente) HRS auslösen können.


Valium/Benzodiazipine: Diese "Beruhigungsmittel" dienen in erster Linie der Abschwächung bzw. Aufhebung von akuten Angst- und Erregungssituationen, aber auch z. B. zur Beruhigung vor OP-Terminen, usw. - nicht das Abhängigkeitspotential ist sehr hoch, sonder das Missbrauchspotential (!) - d. h. viele Menschen nehmen solche Stoffe zur Problemlösung, was natürlich nicht funktoniert. Diese Mittel sollten unbedingt nur dann zum Einsatz kommen, wenn eine akute Angst- und Erregungssituation vorliegt ODER als längere Mediukation (nicht Dauermedikation), wenn eine länger anhaltende Angst- bzw. Erregungssituation gegeben ist (z. B. traumatisches Ereignis mit langer Nachwirkung).

Abhängigkeit: Von der bedarfsweisen Einnahme wird man sicherlich nicht abhängig im biochemischen Sinne, sondern es liegt hier dann eher ein Missbrauch vor, denn das Medikament dient zur Behandlung von Dingen mit Krankheitswert (wie jedes Medikament). Anders gesagt: Wenn ich mit solch einem Medikament eine Situation behandle, die keinen Krankheitswert hat ("Ich fühle mit schlecht, weil ich ständig überfordert bin, daher nehme ich Valium zur Beruhigung ..."), dann liegt eine Fehlbehandlung bzw. ein Missbrauch vor.

Wenn man aber eine Serie von ES hat, dabei dann die Angst und Erregung (Todesangst) so sehr steigt, dass alleine dadurch das Herz rast und der Blutdruck steigt und wenn dies dann lange anhält, dann KANN so ein Mittel diesen Kreislauf durchbrechen.

Vielmehr noch: Solch ein Mittel kann entgegengesetzt als generelles Beruhigungsmittel einige Tage genommen werden, um hier zu sehen, wie sich die ES bzw. die Reaktionen darauf verändern. Erst dadurch wird man einige Betroffene überhaupt erst wieder in die Lage versetzen, ihre Gefährdung durch die ES real zu beurteilen.

Eine OBJEKTIVE Betrachtungsweise kann ein Mensch nur ANGSTFREI an den Tag legen. Unter Angsteinfluss ist man nicht objektiv.

Daher KANN z. B. ein Mittel wie Diazepam, oder besser Lorazepam, dabei vorübergehend helfen, eine künstliche Angstfreiheit zu erlangen, um die Situation neu zu bewerten. Hierbei ist es aber mit dem Verschreiben m. E. nach nicht getan, denn wenn der Betroffene einfach nur das Mittel nimmt, um dann angstfrei zu sein, dann ist das gefährlich. Man muss als Therapeut dann auch bereit sein (und der Patient muss das auch!), in der so gewonnen angstfreien Zeit zu arbeiten, d. h. auch objetive Anschauung zu betreiben.

Beispiel: Y hat starke ES. Sie traut sich nicht ins Kino zu gehen. Der Arzt hat festgestellt, dass die ES von Y harmlos sind. Nun verschreibt er der Y das Mittel Lorazepam. Y nimmt das Mittel den 1. Tag und die Angstsymptome verschwinden. Am 2. Tag schickt der Arzt die Y ins Kino (oder sie geht meinetwegen selbst) und obwohl sie dort auch ES spürt, bleibt aber die Angstreaktion aus. Dadurch bleibt Y im Kin sitzen, ihr Puls fängt nicht an zu rasen und auch die Schwindelgefühle und der Kontrollverlust bleiben aus. Das erste mal sieht sie den Film bis zum Ende und hat keine Ambitionen, das Kino fluchtartig zu verlassen. Reflektion: "Ich habe ES, die sind aber für sich alleine harmlos. Wenn keine akute Angst dazu kommt, kann ich sogar ruhig bleiben, die ES gehen vorbei und ich kann im Kino bleiben."

Hier hat dann der Lerneffekt gegriffen. Die Y hat jetzt eine gute Chance, auch ohne erneute Medikamentengabe folgendes zu verinnerlichen: "Ohne Angst sind meine ES für sich alleine harmlos".

Lassen wir nun die Y einige Tage unter dieser Medikation, wird sie vermutlich noch viel mehr Situationen von ihrer Angst "zurückerobern".

Wenn wir dieses Lernen nicht fördern und der Y dann nach einigen Tagen das Medikament wegnehmen, dann wird sie sagen: "Ich brauche das Mittel, um angstfrei zu bleiben" - und dann ist sie ggf. psychisch davon abhängig.

Wenn wir die Y aber begleiten und alle zwei Tage (!) ein Arztgespräch erfolgen würde und sei es nur am Telefon, dann kann man das Medikamet langsam ganz herunterdosieren und absetzen. Und die Lerneffekte bleiben gespeichert.

Nun hat man dazu im Durchschnitt ca. 7 Tage Zeit, um sich in der "sicheren Zone" aufzuhalten. Denn nach meinen Kenntnissen kommt nach 14 Tagen das Problem der echten chemischen Abhängigkeit!

Zur Gelegenheitseinnahme: Wenn damit auch Situationen von Krankheitswert behandelt werden, ist das in Ordnung. Aber bitte:Das muss klar definiert sein.

Ich selber bin seit langer Zeit Angstpatient und habe auch heute noch immer Situationen, wo mich diese Sache einholt. Aber es gibt Situationen, die ich bewusst ohne Medikament zu durchschreiten versuche. Nur wenn ich dann merke, dass die Symptome so intensiv werden, dass ich in einen Zustand akuter Angst/Panik gerate und keine koordinierten Handlungen möglich sind (hinzu kommen die entsprechenden körperlichen Erscheinungen), dann halte ich mich für so verantwortungsvoll und mündig, eine zunächst sehr niedrige Dosis eines solchen Mittels zu nehmen, um diesen Kreislauf zu durchbrechen.

Durch mein Bemühen des "Dazulernenens" werden diese Situationen aber linear weniger, d. h. jeder durchbrochene Kreislauf muss zumeist nicht mehr erneut mit dieser "Krücke" durchbrochen werden.

Man sollte vor dem Einsatz eines solchen Mittel MIT dem Arzt zusammen reflektieren: Warum will ich das Mittel? Was genau soll es bewirken? Wie lange soll ich es nehmen? Wie reflektiere ich die daraus gewonnenen Erkenntnisse.

Liebe Grüße

Claus

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