Drogenbericht 2009: Koma-Trinken ist ungebremst
Berlin (dpa) - Keine Entwarnung beim Koma-Trinken von Jugendlichen:
Mehr als 23 000 Kinder seien im Jahr 2007 «zum Teil bewusstlos in die
Notaufnahmen eingeliefert worden», sagte die Bundesdrogenbeauftragte
Sabine Bätzing (SPD) am Montag bei der Vorstellung des neuen
Drogenberichts in Berlin.
04. Mai 2009 18:16 Uhr
Das waren so viele wie nie zuvor. Nach einer
anderen Studie trank 2008 zwar nur noch ein Fünftel der Jugendlichen
zwischen 12 und 17 Jahren exzessiv Alkohol - nach einem Viertel im Jahr
zuvor. Bätzing zeigte sich dennoch besorgt und sieht «keinen Grund zur
Entwarnung». Die Unionsfraktion sprach von einem weiter beängstigenden
Trend.
Die geplanten nationalen Aktionsprogramme gegen Alkohol und Tabak
liegen wegen eines Streits in der Koalition auf Eis. Bätzing warf der
Union Blockade aus Wahlkampfgründen und Rücksicht auf die Wirtschaft
vor. Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) wies die Kritik
zurück und lehnte die Aktionspläne in der jetzigen Form ab.
«Maßgebliche Teile der heute vorgestellten Aktionsprogramme haben (...)
lediglich prüfenden und empfehlenden Charakter», sagte ein
Ministeriumssprecher. Außerdem seien sie nicht ausreichend abgestimmt.
«Das reicht qualitativ für eine nationale Initiative der
Bundesregierung nicht aus.»
Die Jugendlichen konsumieren unter dem Strich weniger Alkohol, Tabak
und Cannabis - Sorge macht aber, dass viele Jugendliche weiterhin oft
exzessiv Alkohol trinken. Dennoch seien die gesteckten Ziele erreicht
worden, sagte Bätzing. Im Jahr 2001 hätten zum Beispiel 28 Prozent der
12- bis 17-Jährigen geraucht, während es 2008 noch rund 15 Prozent
gewesen seien. Beim Alkohol sank der Wert derer, die mindestens
wöchentlich irgendein alkoholisches Getränk tranken, von etwa 21
Prozent 2004 auf rund 17 Prozent 2008. Bätzing forderte eine stärkere
Kontrolle.
Auch der Cannabiskonsum von Jugendlichen und jungen
Erwachsenen ging zurück: Der regelmäßige Konsum sank von 3 Prozent 2001
auf 2,3 Prozent 2008. Je geringer die Zahl der Konsumenten sei, desto
geringer seien die langjährigen Folgeerkrankungen, sagte Bätzing.
Die
Zahl der Drogentoten stieg im vergangenen Jahr auf 1449 - ein Plus von
knapp vier Prozent. Die Drogenbeauftragte rechnet künftig mit noch mehr
älteren Opfern. Sie bekräftigte, dass den Behörden immer mehr
Konsumenten harter Drogen auffielen. Im vergangenen Jahr habe es einen
dreiprozentigen Anstieg auf rund 19 200 Menschen gegeben. Allerdings
bewege sich der Konsum von Amphetaminen, Ecstasy und LSD stabil auf
einem niedrigen Niveau. Die Drogenbeauftragte zeigte sich besorgt über
Internet-Sucht. 3 bis 7 Prozent der Internetnutzer gelten nach ihren
Angaben bundesweit als abhängig.
Die SPD-Politikerin warf der
Union vor, die geplanten Aktionsprogramme gegen Alkohol und Rauchen aus
Wahlkampfgründen zu blockieren. Sie kritisierte vor allem von der Leyen
und Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Dabei war die
Vorschlagsliste schon geschrumpft. Die umstrittene Senkung der
Promillegrenze im Straßenverkehr auf 0,3 war im Entwurf bereits nicht
mehr enthalten. Bätzing sagte, es sei nachgewiesen, dass Pläne wie das
Verbot von Plakataußenwerbung nützlich seien. Die Zukunft der Programme
ist nun offen. «Wir wollen den Kompromiss», sagte Bätzing.
Der
Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hartmut Koschyk,
sagte, die Einwände gegen zusätzliche Restriktionen seien fachlich
begründet. FDP-Verbraucherpolitiker Hans-Michael Goldmann lehnte den
Entwurf zum Aktionsprogramm ebenfalls ab und warnte vor
Steuererhöhungen. Die CSU-Drogenpolitikerin Maria Eichhorn nannte das
Verhalten vieler Jugendlicher trotz mancher rückläufiger Zahlen
besorgniserregend. Die Vizechefin der Linksfraktion, Monika Knoche,
forderte die Einsetzung einer Enquetekommission zur Drogenpolitik.
Quelle: dpa-info.com GmbH
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