Das hab ich heute bei uns in der Zeitung gefunden:
Indianer „besetzt“ Bogener Bahnhof
Mann verwechselt nach zu viel Feuerwasser den Bahnhof mit seinem Tipi
Ein Indianer hat Sonntagfrüh den Bogener Bahnhof mit seinem Tipi verwechselt und dadurch mehrere Polizisten beschäftigt. Laut Polizeiangaben teilte ein Bogener am Sonntag, gegen 6 Uhr, der Polizei mit, dass sich in der Güterhalle am Bahnhof eine fremde Person aufhält. Der aufnehmende Beamte und die zum Tatort beorderten Hauptkommissare mochten der Wahrnehmung zunächst keinen Glauben schenken, schließlich ist die Güterhalle leer, sämtliche Zugänge sind vernagelt. Der Zeuge erklärte aber glaubhaft, im Obergeschoss der Halle jemanden gehört zu haben. Der etwas schmächtigere der beiden Beamten konnte durch eine kleine Öffnung in die Halle schauen, jedoch zunächst nur Leere erkennen. Ein Rundgang um das Bahnhofsgebäude brachte neue Aufschlüsse. Auf dem Dach waren ein paar Ziegel ausgehängt. Möglicherweise hatte sich tatsächlich jemand Zugang zur leerstehenden Güterhalle verschafft.
Über eine Laterne mit einem Sprossenmast war das Erklimmen des Daches denkbar. Doch wer besteigt ein marodes Dach und wozu? Einer der Polizisten, wieder der Schmächtigere, lugte erneut durch den kleinen Wandausschnitt in die Halle und konnte tatsächlich eine Person auf einer Galerie in Deckung huschen sehen. Der Unbekannte wurde von dem Polizisten unmissverständlich aufgefordert, sofort herauszukommen. ER machte ihm dies in Bayrisch, Hochdeutsch und einer weitern in Bogen geläufigen Sprache deutlich. Doch es erfolgte keine Reaktion des Eindringlings.
Der Bahnhof Bogen erlebte in den nächsten Minuten einen Auflauf wie seit zig Jahren nicht mehr. Drei weitere Polizisten von der Frühschicht, die eigentlich die beiden Kollegen von der Nachtschicht ablösen sollten, rückten an. Dies erregte natürlich die Aufmerksamkeit einiger Ausflügler, die gerade auf ihren Ausflugsbus warteten. Gespannt verfolgten sie das Geschehen und hofften auf einen baldigen Showdown, um die Busabfahrt nicht länger zu verzögern. Leider konnten sie das Ende der Bahnhofsbesetzung nicht mehr erwarten.
Einer der Polizisten von der Frühschicht, gut ausgeruht und von Haus aus kräftig, verschaffte sich mit Kraft und Geschick Zugang zur Halle. Zwei weitere Kollegen folgten behände durch die enge Luke, obwohl der Schmächtige von vorhin seinen leitungssportlichen Zenit schon weit überschritten hat. Zwei für die Verfolgung zu Fuß bestens geeignete Kollegen sicherten draußen ab. IN der Halle musste erst die beschriebene Galerie mangels Leiter oder Treppe erklommen werden. Über eine weitere Luke ging es in ein angrenzendes Haus. Dort wurde im Keller der Eindringling gestellt und festgenommen. Über ihren Fang staunten die Polizisten nicht schlecht. sie hatten einen Indianer gefangen genommen. Zwar schon ein wenig ergraut und blass, aber richtig indianisch gekleidet und mit einem selbst geschmiedeten 40 cm langen Bowiemesser ausgestattet. Um nicht den teilweise eh schon spärlich behaarten Skalp endgültig zu verlieren, nahmen die Polizisten dem Neuzeitindianer das Messer ab.
Nun stand aber das nächste Problem an. Zwar konnten die Beamten vorher die Galerie erkraxeln, doch wie sollte nun der Rückweg mit einem festgenommenen Indianer ablaufen? Vom Fort Bogen wurde eine Staffelei herbeigeholt, über die der Abstieg funktionierte. Die Unterhaltung ging problemlos vonstatten, der Indianer vom Stamme der Gäuboden-Sioux sprach bayrisch. Er hatte am zuvor wohl zu viel Feuerwasser erwischt und sein Tipi nicht mehr gefunden. Die Fährtenlesequalitäten waren über die Jahre hinweg anhanden gekommen. Auf der Suche nach einer Schlafgelegenheit wurde er am Bogener Bahnhof fündig. Mit ein Grund, weshalb diese strategisch wichtige Bahnstation nicht aufgeläst werden sollte. Pb der Indianer mit dem „Eisernen Ross“ gekommen war, ist nicht bekannt. Er selbst wusste das auch nicht so genau.
Jedenfalls zog er nach Feststellung seiner wahren Identität von dannen. Von Bogen in den Wilden Westen, Richtung Gäuboden. Zwei der Polizisten rauchten noch ein Friedenspfeifchen und im Kollegenkreis wurde man sich klar, dass alles auch ganz anders ausgehen hätte können. Es herrschte Freude darüber, dass die Schlagzeile in der Zeitung nicht heißt: „Indianer skalpiert Bogener Polizisten!“
mfg nigl