Tumulte bei Brasilien-Training
75.000 Fans wollten das freie Training der brasilianischen Nationalelf in Belem sehen - 20.000 zu viel: Die Polizei setzte Tränengas gegen die drängenden Menschenmassen ein, 60 Personen wurden verletzt.
Tränengas gegen Fans
Es dürfen sogar wieder die Stars wie Kaka und Ronaldinho mitmachen, die am Sonntag beim 1:1 in Bolivien noch pausieren mussten. Doch beim gemeinsamen Training im Mangueirao-Stadion von Belem kam es am Dienstagnachmittag zum lebensgefährlichen Chaos.
Die für 45.000 Zuschauern angelegte Arena war schon vor Beginn der Übungen überfüllt, Zehntausende drängten vor den Toren. Am Ende wollten je nach Schätzung zwischen 65.000 und 75.000 Menschen die Generalprobe der Selecao sehen, worauf es zu heftigen Tumulten kam. Die Organisatoren schlossen in der Not die Zugänge, sie wurden überrannt.
Die Polizei setzte Tränengas ein. Mehr als 60 Anhänger wurden verletzt, drei von ihnen schwer, ein zehnjähriger Junge erlitt Knochenbrüche am Kopf. Medien meldeten sogar den Tod eines neunjährigen Mädchens, doch angeblich ist das Kind bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Fußball in Brasilien ist Passion - und Wahnsinn
In dem Durcheinander behielt kaum jemand den Überblick. Das Interesse war von den Veranstaltern sträflich unterschätzt worden. „Wir hatten mit 30.000 Fans gerechnet“, berichtete der Sportminister des Bundeslandes Para, einer der ärmsten Gegenden Brasiliens. Belem ist selten Schauplatz von Länderspielen und besitzt wenig Infrastruktur, der Eintritt fürs Training war wie üblich frei. Es gilt der Satz des früheren Nationaltrainers Mario Zagallo: „Fußball in Brasilien ist Passion“ – und Wahnsinn.
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SZ, 13.10.2005
(http://www.sueddeutsche.de/sport/weltfussball/artikel/342/62280/print.html)