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Savina

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Beiträge: 210


New PostErstellt: 30.11.06, 17:36     Betreff: was für ein Thema...

Glaube - Religion - Kirche - (christliche) Werte

4 Dimensionen, die es meines Erachtens zu differenzieren gilt. 

Der Mensch glaubt an etwas, das halte ich für gut und richtig und es ist mir egal, wie er diesen Glauben nennt, Gott, Schicksal oder wie auch immer, solange er anderen Menschen oder Lebewesen nicht schadet. Kritisch wird es für mich, wenn dieser Glaube extrem, also fanatisch gelebt wird und anderen aufgezwungen werden soll oder für andere Zielsetzungen, z.B. politische missbraucht wird. Für Letzteres gibt es genügend Beispiele aus allen Glaubensrichtungen, die einzige Ausnahme scheint mir der Buddhismus zu sein. Trotzdem muss man sich vor Augen halten, dass der Papst nicht nur für die katholische Kirche in Deutschland steht, Katholiken gibt es weltweit und es ist auch allein psychologisch für viele Menschen wichtig, Kontinuität und Sicherheit in ihrem Glauben zu haben. Ob der katholische Glauben und die Dogma der Kirche für diese Menschen schlecht oder gut sind, vermag ich nicht zu beurteilen.

Religion ist für mich nur der Rahmen, in dem sich die vermittelten Werte wiederfinden. Ich finde es völlig unwichtig, ob jemand muslimisch oder katholisch oder evangelisch oder orthodox ist. Hilfsbereitschaft, Gastfreundschaft, Freundlichkeit, Familienwerte, Höflichkeit, Respekt etc. wurden mir als "christliche" Werte vermittelt, was war ich erstaunt, als ich feststellte, dass teilweise unsere türkischen Mitmenschen davon mehr leben als so manche christlichen. Auch hier sind extremistische Ausprägungen, die ins Negative gehen, zu verurteilen und sicher sind nicht alle Sichtweisen und Werte identisch. Jedoch können wir unsere abendländischen Wurzeln nicht verleugnen oder habt Ihr keinen Weihnachtsbaum, tauscht keine Weihnachtsgeschenke aus, habt kein Osternest, geht mit Euren Kindern nicht zum St. Martinszug? Warum lassen viele ihre Kinder taufen, mit zur Kommunion oder Konfirmation gehen, nur wegen der Geschenke oder auch, damit sie die Werte "verorten" können? Ob sie Mitglied in der Institution Kirche bleiben, können sie doch später immer noch selbst entscheiden, aber so haben sie erst einmal einen Rahmen, an dem sie sich orientieren können. Die Bibel besteht meines Erachtens aus überlieferten Geschichten, frei nach dem Prinzip "stille Post", bis sie endlich jemand aufschrieb, aber muss man sie denn deswegen ablehnen? Andere Märchen bezeichnen wir als "Klassiker", nun die Bibelgeschichten könnten auch mal entstaubt werden, aber es bleiben für mich Geschichten, sind sie erfunden, sind sie wahr, wer weiss das denn schon, es interessiert mich aber auch nicht, mir sind diese Geschichten meist sowieso zu unspannend.

Die katholische Kirche ist für mich nichts weiter als eine Institution mit jeder Menge Widersprüche, völlig antiquiert und weltfremd und sie gehört reformiert und runderneuert. Ich bin schon lange ausgetreten, weil ich so etwas nicht finanzieren möchte. Die katholische Kirche ist ein weltweites Wirtschaftsunternehmen. Ich hätte grosses Interesse daran, dass sie ihre materiellen Werte und Geldströme offenlegt und ihre Bilanzen veröffentlicht. Ihre Reichtümer fliessen meines Erachtens nicht dorthin, wo sie qua Glaubensdefinition hingehören, dieses sieht man z.B. an der reihenweise Schliessung von Kindergärten oder an der Obdachlosenarbeit, die hier in Düsseldorf massgeblich von den ansässigen Orden initiiert und organisiert wird. Da halten sich die katholischen Gemeinden schön bedeckt. Würden sie dies alles ändern, würde ich vielleicht wieder eintreten, da ich mein Geld "sinnvoll" angelegt wüsste. Aber Konjunktiv bleibt Konjunktiv. Für mich ist es nicht die richtige Wahl, Mitglied einer heutigen Kirche zu sein. Aber es hält mich auch nichts davon ab, meine eigenen christlich geprägten Werte zu leben. Insofern haben wir doch grosses Glück, dass wir entscheiden können, mit welchem Glauben wir leben wollen und welche Werte wir verinnerlicht haben. Jeder verfügt über die persönliche Freiheit, seinen gesellschaftlichen Beitrag ehrenamtlich und gemeinnützig zu erbringen, wenn er will, auch wenn er keine Kirchensteuer zahlt und mit der Institution Kirche nicht einverstanden ist. Die Verknüpfung von Staat und Kirche in Deutschland über die Kirchensteuer lehne ich auch ab, dies allein aber als Argument gegen Kirche ins Feld zu führen, halte ich für unzureichend.  

Benedictus ist sicher nicht der richtige Mann für Reformen, er ist erz-konservativ. Wenn es jedoch sein Ziel ist, die Friedensbemühungen seines Vorgängers fortzusetzen und die Annäherung an andere Religionen voranzutreiben und den Diskurs zu intensivieren, hat er meine Zustimmung, auch wenn er nicht das grösste diplomatische Geschick hat. Kann ein Mensch an sich eine "Zumutung" sein? Was für ein Menschenbild steckt dahinter? Wie ernst sind solche flapsigen Bemerkungen wirklich gemeint? Fatal finde ich allerdings, dass die Kirchenvertreter die zeitgemässe Interpretation und Weiterentwicklung ihrer Gesetze ablehnen. So befürchte ich, dass die erneuernden Ströme innerhalb der Kirche unterdrückt werden. Sie verschenken damit viele Möglichkeiten, aber auch das ist nicht mein Problem.

Was nun die christlichen Werte nochmal angeht, so bedaure ich manchmal, dass die Glaubensvertreter nicht grösseren Werte-Einfluss auf die Wirtschaft nehmen, unsere Unternehmensethik scheint zugunsten von share holder values "zum Teufel" zu gehen....bildlich gesprochen. 

Soviel zu meinen persönlichen Gedanken zu diesem Themenkomplex, zu dem es sicher noch viel viel mehr Facetten und Meinungen gibt.... es ist eh schon viel zu lang geraten....

Wer Toleranz für sich einfordert, sollte auch tolerant mit diesem Thema umgehen.

Friedvolle Grüße

Savina





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