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Aus einem alten Reiseführer

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Lothar

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Beiträge: 131


New PostErstellt: 09.11.06, 16:21  Betreff: Aus einem alten Reiseführer  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Ich hab mich ja schon immer akribisch auf Reisen in fremde Gefilde vorbereitet. Jetzt fand ich einen Goldstadt-Ferienreiseführer aus den frühen Siebzigern des letzten Jahrtausends wieder.

Einige Abschnitte will ich euch nicht vorenthalten:

Die Einheimischen sprechen unter sich zwar Katalanisch (wie etwa die Süddeutschen Bayrisch oder Schwäbisch), aber jeder spricht und versteht natürlich auch das offizielle Spanisch, so daß der vorübergehend anwesende Tourist sich nicht damit zu befassen braucht.

Erinnert mich an Frau Mutschmann am Fährschalter in Barcelona: " Das ist ja gar kein Spanisch!"

Jetzt kommen die Abschnitte für die holde Weiblichkeit:

Der Badebetrieb am Strand untersteht der Kontrolle der Guardia Civile, die auch über die Sittsamkeit zu wachen hat. Das bis vor kurzem streng gehandhabte Verbot von zweiteiligen Damenbadeanzügen konnte sie jedoch auf die Dauer nicht durchsetzen, und es gilt schon etliche Zeit nicht mehr, dagegen werden die ersten sporadischen Versuche des textilfreien Badens noch immer "im Keim erstickt".

Der Brüller schlechthin:

Blondinen aus Mittel- und Nordeuropa, die in der Absicht, sich von den Söhnen des Landes erobern zu lassen, nach Spanien kommen, werden selten auf ihre Kosten kommen, denn die Caballeros werden sie zwar (aus gehöriger Entfernung) bewundern, fürchten aber, sie zu beleidigen, wenn sie ihnen zu nahe treten.

Nicht zum Lachen, wie man damals Franco-Diktatur und Polizeistaat schönschrieb:

Sicherheit für Leben und Eigentum hat in Spanien nach den furchtbaren Ereignissen des letzten Bürgerkriegs einen gehobenen Stellenwert und ist ein besonderes Anliegen der staatlichen Organe. Dies wird von den Touristen mehr geschätzt als von Leuten, die Spanien nur aus tendenziösen Verlautbarungen der linken Sprachrohre kennen.

Ohauahauha, das tut weh.

Lothar





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Markus

Mitglied

Beiträge: 895


New PostErstellt: 09.11.06, 18:55  Betreff: Re: Aus einem alten Reiseführer  drucken  weiterempfehlen

...da sind mehrere Lügen drin versteckt... ganz im Sinne der Diktatur...:

Catalá ist eine Sprache, kein Dialekt einer Sparche wie es z.B. das Bayerische ist, aber kein Wunder, wenn man den letzten von Dir zitierten Satz liesst... mannmannmann... bin ich froh, dass diese Zeiten für immer vorbei sind... (Ein Grund mehr, kein Nostalgiker zu sein...)



Markus




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rolf
Ehemaliges Mitglied

Ort: Düsseldorf

New PostErstellt: 09.11.06, 19:40  Betreff: Re: Aus einem alten Reiseführer  drucken  weiterempfehlen

interessanter reiseführer. was war man damals noch naiv. hast du noch mehr beispiele, lothar?



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Gerdi
Ehemaliges Mitglied


New PostErstellt: 09.11.06, 21:33  Betreff: Re: Aus einem alten Reiseführer  drucken  weiterempfehlen

was war man damals noch naiv.

@

als ich unbedarft meine pesetenmünze hier einstellte wo ein porträt

von franco drauf war bin ich von akkku abgestraft worden.(der meldet sich auch nicht mehr)

es war doch aber so das man von nichts was wusste.

der flugtourismus fing gerade an(die caravelle lässt grüssen) das war doch für uns die grosse welt.

ganz abgesehen davon hielt sich die polizei in den touristencentren ganz dezent zurück.





ich wünsch euch alles das was ihr mir auch wünscht.
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frank

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Beiträge: 652
Ort: Krefeld-Traar


New PostErstellt: 09.11.06, 22:08  Betreff: Re: Aus einem alten Reiseführer  drucken  weiterempfehlen

ich hab die jungs von der guardia auch schon ganz anders erlebt.

allerdings auf dem festland.das war für ganz schön heftig,auch für anfang der 80er.





forevermentera
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Lothar

Mitglied

Beiträge: 131


New PostErstellt: 10.11.06, 12:23  Betreff: Re: Aus einem alten Reiseführer  drucken  weiterempfehlen

Wenn ich an die beginnende Grünkohl- und Eisbeinsaison in Deutschland denke, kann ich mir bei folgendem Absatz ein Schmunzeln nicht verkneifen:

Es ist für den Touristen nicht reizlos, seine Studien auch auf die Küche auszudehnen, sofern er einen robusten Magen hat. Letzteres ist nicht unnötig, da die aus dem Lande herausgeborenen Speisen darauf abgestimmt sind, gut zu sättigen und "vorzuhalten", was gleichbedeutend mit schwerer Verdaulichkeit ist. Dies wird vor allem durch überreichliche Zugabe von Fett erreicht. Zum Glück ist dies im größten Teil des Landes Olivenöl, das an sich leichter verdaulich wäre, jedoch in größeren Mengen unzuträglich werden kann.

Folgendem Satz stimme ich uneingeschränkt zu:

Die Weine werden in Spanien zwar mit Maßen, aber unverdünnt getrunken; mit der einleuchtenden Begründung: niemand darf degradiert werden, ohne ein Verbrechen begangen zu haben.

Zum Camping wird bemerkt, dass in Spanien überall gezeltet werden darf, wenn gewisse Regeln eingehalten werden (nicht mehr als drei Zelte bzw. 10 Personen an einem Ort usw. - gut, dass auf Formentera Campingverbot gilt), aber jetzt kommt's:

An der Meeresküste untersteht das Campen (wie übrigens auch das Baden) der Aufsicht der Guardia Civile (mit den schwarzen Lackhelmen). Die Einholung der Genehmigung spielt sich meist so ab, daß im Laufe des Abends eine Doppelstreife (keine Angst!) an die Tür klopft und freundlich fragt, ob man die Nacht über hier bleiben will und wieviel Personen man zählt. Sie muß das wissen wegen des Küstenschutzes (Schmuggler).

Haha. Ich hab die Lackhüte auch in schlechter Erinnerung, obwohl ich kein (professioneller) Schmuggler war (Zigaretten und Alkohol waren mein Spezialgebiet - das Übliche eben, hat aber nur den deutschen Zoll interessiert).

Nach einer (sehr) kurzen Erwähnung des Bürgerkriegs kommt dieser Absatz (und ich muss mich korrigieren: der Reiseführer ist zwar 1971 erschienen, die zitierten Stellen stammen aber aus der Neuauflage 1977 - beginnender Alzheimer? Ich meinte, das Teil Anfang der Siebziger erstanden zu haben):

Inzwischen sind die dem Land geschlagenen Wunden vernarbt, und aus dem unterentwickelten Spanien wurde unter seinem Caudillo (Staatschef) Franco einer der wichtigsten Industriestaaten Europas mit einer wesentlichen Verbesserung der Lebensverhältnisse seiner Bewohner, wobei eine breite Mittelstandsschicht (Besitzbürger) entstanden ist, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung umfaßt. Durch ein Gesetz vom Jahr 1947 wurde Spanien erneut als Monarchie konstituiert, und 2 Tage nach dem Tod von General Franco am 20. November 1975 wurde der damals 37-jährige Thronprätendent Juan Carlos de Borbon als Juan Carlos I. zum spanischen König ausgerufen und zum Generalkapitän (Oberbefehlshaber) aller Waffengattungen ernannt. In der neuen spanischen Ära bildet sich langsam aber sicher eine liberale Regierungsform heraus, unter Wahrung der Einheit der Nation. Der neu enstandene Mittelstand, der "etwas zu verlieren" hat, dürfte eine radikale Kehrtwendung ausschließen, sofern sich das "musterhafte" Ausland mit seinen selbstgerechten und oft unqualifizierten Ratschlägen und Einmischungen zurückhält und den spanischen Stolz nicht weiterhin verletzt. Denn Spanien und die Spanier unterliegen Gesetzen, die den Klichees mitteleuropäischer Musterdemokraten (die in Spanien am liebsten einen "Umsturz" gesehen hätten) durchaus nicht immer entsprechen.

Kein Wunder, dass so ein Reiseführer jahrzehntelang bei mir in der Kuriositätenabteilung des Bücherschranks schlummerte.

@ Gerdi   Ob man von dem ganzen Mist damals etwas mitbekommen hat, hängt wohl auch damit zusammen, ob und wie der spanische Bürgerkrieg z.B. in der Schule behandelt wurde (wg. Legion Condor wurde das genauso ungern behandelt wie die gesamte Nazizeit), und wie und wo man erstmals nach Spanien kam. Ich jedenfalls hatte eigentlich von Spanien die Schnauze schon voll, als ich in Port Bou von den gestrengen Lackhüten nach meinem Begehr in Spanien befragt wurde - genau dort, wo Walter Benjamin 1940 auf der Flucht vor den Nazis Selbstmord verübte, weil er nicht nach Spanien reingelassen wurde. Gott sei Dank hab ich dann schnell gemerkt, dass es auch "andere" Spanier gibt. Und als der erste Spanier, der mich mit "Bon dia" begrüßte, behauptete, er wäre Katalane, war ich erstmal reichlich verwirrt ...

Extra für Gerdi und für Akkku;-) eine unverfänglichere Münze, die ich vor Jahren im "Loch" am Cap gefunden habe - "natürlich" mit Menorcamotiv.

Lothar







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Gerdi
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New PostErstellt: 10.11.06, 20:35  Betreff: Re: Aus einem alten Reiseführer  drucken  weiterempfehlen

@Lothar,

danke für den beitrag.

ich muss dazu sagen wer kannte als kind oder jugendlicher die legion condor.

wer wusste etwas vom bürgerkrieg in spanien.

spanien wurde das urlaubsziel der deutschen und da flog man hin.





ich wünsch euch alles das was ihr mir auch wünscht.



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Languedoc

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New PostErstellt: 13.11.06, 22:01  Betreff: Re: Aus einem alten Reiseführer  drucken  weiterempfehlen

Ich muss erstmal vorausschicken, dass ich zu Francos Lebzeiten nicht in Spanien gewesen bin. Das liegt nicht an mir sondern an meinem Vater, einem begeisterten Bergwanderer. Familienurlaube verbrachten wir eisern in Österreich oder der Schweiz. Wenn es unbedingt mal Meer sein sollte, dann wenigstens die schwedischen Schären. Mit Strand hatte (hat) er nichts am Hut.

Den Reiseführer finde ich zum Totlachen. Wer oder was war wohl die Informationsquelle des Verfassers  ? Mal ganz abgesehen von der eindeutigen politischen Tendenz scheint mir unglaublich, wie unbekannt Spanien damals gewesen sein musste. Die "Sitten und Gebräuche" werden so dargestellt, als handele es sich um die einer gerade erst entdeckten Gruppe von Amazonasindianern.

Aber ich frage mich auch, wie man wohl in 30, 40 Jahren auf Sachen reagieren wird, die heute so mehr oder weniger gängig sind. Um Wolf Biermann zu zitieren, der Goethe zitiert: "Den Dummheiten seiner Epoche entgeht kein Mensch ganz".

Grüsse aus dem Languedoc (hier fahre ich übrigens ständig an dem Schild: Barcelona 286 km vorbei, komme aber doch nicht so oft hin, wie ich gern möchte )

Annette



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Astrid

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Beiträge: 3181
Ort: Hagen


New PostErstellt: 14.11.06, 11:48  Betreff: Re: Aus einem alten Reiseführer  drucken  weiterempfehlen

Barcelona 286 km  das wäre mir immer mal einen Ausflug wert...
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Lothar

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Beiträge: 131


New PostErstellt: 15.11.06, 11:42  Betreff: Re: Aus einem alten Reiseführer  drucken  weiterempfehlen

Da hab ich einen guten Grund für Annette, wieder mal nach Barcelona zu fahren:

9./10. Dezember im Palau Blaugrana in Barcelona: Handball Champions League-Rückspiel FC Barcelona - Montpellier HB.

Vorher und nachher Weihnachtsgeschenke kaufen (und die ein oder andere 5 l-Gallone Pastis).

Lothar





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