Rhiannon
Super-Mega-User
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Erstellt: 21.02.04, 15:04 Betreff: Re: HP-FanFiction "Vergangen und (fast) Vergessen" |
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III - Eulen und andere Kleinigkeiten Den Rest des Tages verbrachte Tom mit einer Vielfalt von Strafarbeiten. Obwohl Mr Bowre nicht wusste, wie er es angestellt hatte, war für den Heimleiter klar, dass er verantwortlich dafür war, dass Paul und Simon noch immer nicht ohne Bewusstsein waren. Howard, so erklärte der Heimleiter, konnte es nicht gewesen sein, da er gegenwärtig unter Schock stand. Tom wünschte dem Jungen eine schnelle Genesung, doch fürchtete er, Howard könnte allen erzählen, was im Esszimmer vorgefallen war, sobald er seinen Schock überwunden hatte. Gegen neun Uhr abends kam Mr Bowre in die Küche, die Tom gerade fegte. "Tom Riddle", fauchte der Heimleiter, "angesichts der Tatsache, dass du heute drei Kinder verletzt und geschockt hast, hat die Heimleitung beschlossen, dich Morgen vom wöchentlichen Kirchgang auszuschließen. Stattdessen wirst du in der Zwischenzeit Eda helfen den Garten zu jäten." An außen gab Tom sich mürrisch, doch fand er diese Strafe nicht allzu schlimm. Er war nie gerne in die Kirche gegangen. Seit langem glaubte er nicht mehr an den Gott der Christen, schon seit Paul ihn im Alter von vier Jahren zum ersten Mal verprügelt hatte und er drei Tage vergeblich gebetet hatte, dass man ihn bestrafen würde. Mit Eda den Garten zu jäten war in jedem Fall besser, als eine geschlagene Stunde in einem Gotteshaus festzusitzen. "Ja, Mr Bowre!" "Aufgrunde deiner Gewalttätigkeit müssen wir dich vorerst von den anderen Kindern isolieren. Du schläfst heute in Zimmer 217." "Ich habe verstanden, Mr Bowre!" "Dann geh jetzt. Deine Sachen wurden schon rauf gebracht." Tom ging ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Zimmer 217 oder "die Gefängniszelle", wie die Heimkinder den Raum nannten, lag im zweiten Stock und wurde gewöhnlich nur von Kindern benutzt, die als Strafe für etwas Verbotenes Sätze schreiben mussten. Der Raum war ziemlich klein, kaum groß genug für das Bett und den Schreibtisch. Er ließ sich aufs Bett fallen, obwohl er noch nicht die Absicht hatte zu schlafen. Lange dachte er über die Geschehnisse im Esszimmer nach und stellte fest, dass er keinerlei Schuldgefühle hegte. Paul und Simon lagen im Koma, aber ihm war es völlig gleichgültig. Irgendwann, es musste inzwischen nach Mitternacht sein, schlief er dann ein. Am nächsten Morgen bekam Tom einen Brief. Und als wäre das nicht schon seltsam genug, Tom bekam nie Post, kam der Brief auch noch durchs Fenster und zwar in Form einer Eule, die einen amtlich aussehenden Umschlag mit Siegel im Schnabel trug. Die Eule, Tom vermutete, dass es eine Schleiereule war, warf Tom den Brief vor die Füße, flog einen Kreis und verschwand ebenso plötzlich wieder durchs Fenster, wie sie gekommen war. Tom hob die Umschlag auf und inspirierte ihn von allen Seiten. Ein Absender stand nicht drauf, doch der Empfänger war eindeutig ein Mr T. Riddle, Zimmer 217, Das Waisenhaus, Knightstreet 113. Das purpurne Siegel aus Wachs zeigte ein Wappen, in dem vier Tiere, ein Löwe, ein Adler, ein Dachs und eine Schlange, einen Kreis um den Buchstaben "H" schlossen. Tom öffnete den Umschlag langsam. Der Brief war auf demselben gelblichen Pergament geschrieben, aus dem auch der Umschlag bestand. Wie auch die Adresse war er in nachtschwarzer Tinte geschrieben. HOGWARTS-SCHULE FÜR HEXEREI UND ZAUBEREI Schulleiter: Themistokles Dippet (Orden der Merlin, Zweiter Klasse, ganz hohes Tier, Internationale Vereinigung der Zauberer) Sehr geehrter Mr Riddle, wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Sie aufgrund Ihrer außerordentlichen magischen Fähigkeiten an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen wurden. Das Schuljahr beginnt am 1. September. Finden Sie sich an diesem Tag in King`s Cross ein. Ihr Schulzug fährt um 11 Uhr von Gleis 9 ¾ ab. Beigelegt finden Sie diesem Brief noch die Liste aller benötigten Schulbücher und Ausrüstungsgegenstände, die Sie sicherlich alle in London erstehen können. Fragen Sie im Tropfenden Kessel nach. Mit freundlichen Grüßen Albus Dumbledore Stellvertretender Schulleiter
Jetzt weiß ich wenigstens, was das "H" auf dem Siegel bedeutet, dachte Tom sarkastisch. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Spielte ihm jemand einen bösen Streich oder hatte der Brief eine tiefer Bedeutung, die Tom nur nicht verstand. Eine Zauberschule? Wäre der Brief vor ein paar Tagen gekommen, hätte Tom mit Sicherheit gelacht und an einen besonders groben Witz von Paul und Simon geglaubt. Doch heute wusste er, dass die beiden bewusstlos waren, aufgrund irgendeiner fremden Macht, die Tom sich einfach nicht erklären konnte. Magie? Tom hörte schwere Schritte auf dem Gang. Schnell steckte er den Brief wieder in den Umschlag und stopfte diesen in den Kopfkissenbezug. Nur wenige Sekunden später kam Mr Bowre ins Zimmer. "Du frühstückst heute in der Küche", feixte der Heimleiter. "Wir müssen dich möglichst von den anderen Kindern isolieren. Vielleicht interessiert es dich zu hören, dass noch immer keines deiner Opfer wieder bei Bewusstsein ist." Tom versuchte ein teilnahmsloses Gesicht aufzusetzen und den Heimleiter weitgehend zu ignorieren. "Du weißt noch, welche Aufgabe du erledigen wirst, während wir in der Kirche sind?" "Ja, Mr Bowre", leierte Tom die alte Formel. "Ab zum Frühstück!" Froh endlich den bösen Blicken des Heimleiters zu entkommen, eilte Tom nach unten und in die Küche. Eda saß auf einem Schemel neben der Tür und schien gar nicht zu bemerken, dass er hereingekommen war. Sie murmelte unzusammenhängende Worte und starrte in die Luft. Der kleine Tisch in der Mitte des Raumes war gedeckt und er setzte sich auf den einzigen Stuhl. Wie jeden Morgen nahm er sich eine Scheibe Schwarzbrot und stellte enttäuscht fest, dass es für ihm heute keine Johannisbeermarmelade gab. Mr Bowre schien der Ansicht zu sein, dass Butter für einen Übeltäter wie ihm reichte und zu trinken gab es weder Milch noch Orangensaft, sondern nur Leitungswasser. Aus dem Nebenzimmer hörte Tom die Stimmen der anderen Waisenkinder, die anscheinend fertig gefrühstückt hatten und bereit waren sich auf den Weg zur Kirche zu machen. Mehrmals drang die kräftige Stimme des Heimleiters durch die geschlossene Küchentür, dann knallte eine Tür und alles wurde still. Ein paar Minuten blieb Tom untätig sitzen. Er wusste, dass die anderen frühestens in zwei Stunden wieder hier sein konnten. Danach stand er auf, spülte sein Geschirr ab und stellte den Brotkorb zurück in den Schrank. Er hatte Eda ganz vergessen. Aber die alte Frau saß noch in derselben Ecke, in der sie auch schon gesessen hatte, als Tom herein kam. Jetzt stand sie ohne ein Wort auf, ging an ihm vorbei und nach draußen in den Garten. Sich an seine Aufgabe erinnernd, folgte er ihr. "Hol doch bitte den großen Eimer aus der Scheune, Tom." Für einen Augenblick war er zu verwirrt, um überhaupt zu begreifen, dass Eda da eben zu ihm gesprochen hatte. Dann trat er zum alten Holzschuppen, den Eda übertriebener Weise als Scheune bezeichnet hatte, und kehrt wenig später mit einem großen Eimer zurück. "Danke, mein Lieber! Wie schön, dass du mir beim Jäten hilfst. Allein wird mir das langsam wirklich zu viel." Eda ließ ihren Blick über den Garten schweifen. "Am Besten fangen wir bei den Johannisbeersträuchern an. Meinst du nicht auch?" Tom nickte verwirrt. Eigentlich hatte er Eda immer für völlig verrückt gehalten, doch heute sprach sie ganz normal zu ihm, fast wie eine gute Freundin. Sie plapperte auch nicht mehr sinnlose Sätze uns schien sich seiner Anwesenheit sogar bewusst zu sein. Dabei erzählten die Waisenkinder sich häufig, dass die Alte es manchmal nicht einmal merkte, wenn man sie ansprach. Eda kicherte. "Ja, das sagen sie. Dass ich verrückt wäre, weil ich mit mir selber spreche. Dass ich eher in eine Anstalt gehöre, weil seltsame Dinge geschehen, wenn ich dabei bin. Dass ich nicht mehr ganz dicht wäre, weil ich Zucker anstelle von Salz in die Suppe tue. Ich sage, ich bin einsam, immer noch bei klarem Verstand und nur zu blind, um die Schilder auf den Gewürzdosen zu lesen." Sie kicherte wieder und ging zu den Johannisbeerbeeten rüber. Dort ließ sie sich nieder und zupfte ein Unkraut nach dem anderem aus dem Boden. Der Eimer, den Tom geholt hatte stand neben ihr, doch anstatt die Gräser hinein zuwerfen, ließ Eda sie daneben fallen. Reichlich verwirrt ging Tom neben ihr in die Knie und rupfte ebenfalls Unkraut. Schließlich warf er auch das von Eda gerupfte Unkraut in den Eimer. "Ich danke dir, Tom", sagte die alte Frau und ergriff seinen rechten Arm. "Lass meinen Arm los, Eda!", beschwerte der Junge sich. "Wir müssen den Garten gejätet haben, bevor Mr Bowre zurückkommt." "Nicht jetzt, mein Junge. Ich muss dir etwas sagen." Tom wollte ihr seinen Arm entreißen, doch sie hielt ihn fest umklammert. "Bitte, es ist sehr wichtig!", flehte sie. Tom wusste, dass es sinnlos war sich ihr zu widersetzen, also versuchte er es mit einem Kompromiss. "Du kannst mir sagen, was dich bedrückt, Eda, aber nur, wenn du meinen Arm loslässt, damit ich schon mal weiter arbeiten kann." Die Alte nickte. Sie ließ Toms Arm los und fing wieder an Unkraut zu zupfen. Der Junge machte sich auch wieder an die Arbeit, wartete aber einigermaßen interessiert auf das, was Eda ihm zu erzählen hatte. "Weißt du, Tom, ich kannte deine Mutter sehr gut", begann Eda. "Wir waren, nun ja, fast so etwas wie Freundinnen. Ich war als Hebamme dabei, als du geboren wurdest. Und... und es ist meine Schuld, dass sie direkt danach gestorben ist, weil ich nicht gut genug war. Ich erinnere mich noch sehr genau. In ihrem letztem Atemzug, legte sie deinen Namen fest. Tom, so sagte sie, nach deinem Vater, Marvolo nach deinem Großvater." Ohne ein Wort zu sagen hörte Tom zu. Er war wie betäubt. Als er noch klein war, hatte er immer gehofft, dass er irgendwann einmal etwas über seine Eltern erfuhr, aber in den letzten Jahren, hatte er alle Hoffnung aufgegeben. "Ich weiß, dass du heute Morgen einen Brief bekommen hast." Tom horchte auf. "Woher weißt du das?" "Weil es immer so ist. Aber das kannst du noch nicht verstehen. Tom, hör mir jetzt genau zu und egal wie unglaublich das, was ich dir erzählen möchte, auch klingen mag, du musst mir glauben. Alles entspricht der Wahrheit. Tom, deine Mutter war eine Hexe!" Sekundenlang herrschte Stille. Dann fuhr Eda fort. "Vielleicht ist der Begriff "Hexe" nicht das richtige Wort, um es dir zu erklären. Sagen wir, sie war eine Zauberin, eine Frau mit magischer Begabung. Dir wohnt dieselbe Magie inne, doch weißt du nicht, wie du sie benutzen musst. Und weil es vielen anderen jungen Zauberern und Hexen so geht, gibt es eine Zauberschule, an der ihnen beigebracht wird, wie sie mit ihrer Magier umzugehen haben. Du sollst diese Schule auch besuchen, wie deine Mutter es in ihrer Kindheit getan hat." "Du scheinst genau zu wissen, was in dem Brief stand, den ich heute bekommen habe." Tom war zu verwirrt, um zu bemerken, dass er längst mit dem Jäten aufgehört hatte. "Weil auch ich so einen Brief bekommen habe, mein Junge. Als ich jung war, musste auch ich lernen meine Magie zu beherrschen." "Du bist auch eine... eine Hexe?" "Dieser Gedanke scheint dich zu beunruhigen", stellte Eda fest. "Aber es nichts Schlimmes daran, im Gegenteil. Dir hat es geholfen dich gegen Paul zu wehren." "Das.... Das habe ich mit meiner Magie erreicht?" "Ja, ja. Obwohl du es sicher nur geschafft hast, weil du so wütend warst. In solchen Fällen gerät Magie leicht außer Kontrolle. Was mich wundert ist, dass du den Brief nicht schon eher erhalten hast. Für gewöhnlich kommt er immer am elften Geburtstag. Aber eigentlich hat sich deine magische Begabung ja auch gestern zum ersten Mal bemerkbar gemacht." "Eda, was muss ich den jetzt tun? Mr Bowre wird doch niemals erlauben, dass ich eine solche Schule besuche. Und außerdem brauche ich unglaublich viele Schulsachen. Wer soll die denn alle bezahlen?" "Das mit dem Heimleiter lass mal ganz meine Sorge sein. Ich werde mit ihm reden. Und was die Schulsachen angeht, ich denke, dass ich auch das hinkriegen werde. Nur keine Sorge, Tom." Danach verfiel sie in Schweigen und auf keine von Toms Fragen antwortete sie mehr. Zusammen jäteten sie den Garten und nach einiger Zeit fing Eda wieder an wirres Zeug zu plappern. Als zu mit dem Garten fertig waren ging Tom auf sein Zimmer. Er wollte Mr Bowre nicht begegnen, wenn dieser zurückkam. Außerdem hatte er über vieles nachzudenken.
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~*~North Cats~*~
Rebecca & Rhia (erst wenn ich ihren neuen Steckbrief fertig hab)
"Ich will nicht sagen, weinet nicht, denn nicht alle Tränen sind von Übel." (Gandalf, HdR III)
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