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Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"
* 14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs". *
Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des "Netzwerk Grundeinkommen", Näheres: http://Grundeinkommen.INFO . Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste, Näheres: http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen.
* Die Nutzer dieses FORUMS haben sich trotzdem mit Mehrheit für die Beibehaltung dieses FORUMs ausgesprochen, das weiterhin wohl auch hauptsächlich das weitere Vorgehen von http://Grundeinkommen.INFO begleiten wird. * Das FORUM ist z.Zt. versuchsweise ÖFFENTLICH geschaltet. Es kann also JEDEr Beiträge lesen, die Dateien ansehen und auch downloaden. Die Dateien sind auch verlinkbar. Wer mitschreiben will, muss sich anmelden, auch mit Pseudonym. Die Berechtigung muss bestätigt werden. Bitte die Frage "Warum..." beantworten. *
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Autor |
Beitrag |
Manuel Franzmann
(Administrator)
Beiträge: 132
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Erstellt: 08.08.04, 01:35 Betreff: Re: @ Manuel Franzmann&Silas Bernd; >Negative Einkommenssteuer/Grundeinkommen |
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Lieber Herr Jacobi, ich kann Ihnen darin voll zustimmen, wie Sie die Unterschiede zwischen den bisherigen Transferzahlungsformen und der Negativen Einkommenssteuer herausarbeiten. Und daß eine Negative Einkommenssteuer auch sehr viel liberaler als die gegenwärtigen Transferzahlungen wäre, habe ich ja selbst schon gesagt. Aber ich finde es sachlich durchaus angemessen, auch noch bei der Negativen Einkommenssteuer von Bedürftigkeitsprüfung zu sprechen. Geprüft würde vom Finanzamt, ob jemand über das als zum Leben nötig erachtete und demgemäß definierte Mindesteinkommen verfügt oder aber zum Erreichen dieses Mindesteinkommens eine Transferzahlung braucht. Was nicht geprüft wird, ist die Lebenslage bzw. ob sich jemand im Prinzip aus der Situation der Einkommensbedürftigkeit befreien könnte. Und das macht die Negative Einkommenssteuer so liberal, und gegenwärtig geht die Bedürftigkeitsprüfung natürlich sehr viel weiter, so daß tendenziell die ganze Lebensführung in den Blick der Sozialbürokratie gerät. Aber ein Stück Bedürftigkeitsprüfung ist eben meiner Meinung nach auch noch in der Negativen Einkommenssteuer enthalten. Was das bedingungslose Grundeinkommen betrifft, so bedeutet dieses, zumindest solange die Grundeinkommenszahlung zum Leben und zur gesellschaftlichen Teilhabe in elementarsten Hinsicht wirklich ausreichend ist, tatsächlich die Möglichkeit, ein Leben jenseits der Erwerbsarbeitssphäre als etwas Positives zu führen. Und ich mache regelmäßig die Erfahrung, daß genau dieser Punkt von den meisten Menschen, denen gegenüber man das bedingungslose Grundeinkommen als Idee einer Sozialreform bezeichnet, sofort intuitiv treffsicher erkannt wird. Und dieser Punkt wird auch oft, ohne daß er zuvor benannt worden wäre, als Ablehnungsgrund von den Widerständigen selbst angeführt, was ein Beleg für die These ist, daß es beim bedingungslosen Grundeinkommen in ausreichender Höhe vor allem um diesen fundamentalen Punkt geht. Das ist soziologisch gesehen auch nicht verwunderlich, bedeutet die Aufgabe der Erwerbsarbeit als Normalmodell doch den Abschied von einem Modell, das die mehr als zweihundertjährige Geschichte der Industrienationen geprägt hat. Das ist in der Vergangenheit ein wichtiger gesellschaftlicher Kitt gewesen, und zwar nicht zuletzt deswegen, weil darin zugleich ein sehr erfolgreiches Modell von Gleichheit und Gerechtigkeit realisiert war (siehe dazu den hier im Forum unter "Dateien" zugänglichen Text des Soziologen Ulrich Oevermann, der dies an Luthers Berufsethik herausarbeitet). In der Bindung an die Erwerbsarbeitsethik waren sich ja bei aller Verschiedenheit und Gegensätzlichkeit der Interessen Unternehmer wie Arbeiter gleich. Beide bezogen ganz wesentlich ihren Stolz aus ihrer im Beruf erbrachten Arbeitsleistung, der ihnen wiederum die gesellschaftliche Teilhabe sicherte. Dieses Modell funktioniert aber natürlich nur, solange es für alle Arbeitsplätze gibt bzw. solange die realistische Chance auf die Erlangung von Vollbeschäftigung nach konjunkurellen Einbrüchen besteht. Angesichts der Rationalisierungsfortschritte ist das aber gerade ins Reich des Irrealen gerückt. Wenn das aber wirklich so ist, dann ist es doch nur sinnvoll, bei der Popularisierung der Grundeinkommensidee bewußt die Konfrontation mit den bestehenden Widerständen zu suchen. Man darf es dabei nur nicht beim bloßen Propagieren der Grundeinkommensidee belassen. Man muß die Widerständigen schon in eine Debatte zu verstricken suchen, in der sie die Gründe für ihren Widerstand verbalisieren. Und dann kann man sie bei diesen Gründen packen und die Substantialität ihrer Widerstände offen diskutieren und dann möglicherweise ausräumen. Man kann darin die "Erwerbsarbeitsethik" ja durchaus in ihrer historischen Berechtigung würdigen und darauf verweisen, daß sich bei einem bedingungslosen Grundeinkommen das Berechtigte der Erwerbsarbeitsethik ja wahrscheinlich in universalisierter Form fortsetzt, im Hegelschen Sinne "aufgehoben" wird, um einen von Michael Opielka (und mir ebenfalls) geschätzten Theoretiker zu zitieren, nämlich als Ethik sinnvollen Tätigseins. Und auch Sanktionsmöglichkeiten bei der Verschwendung von Lebenszeit wird es weiterhin und in universalisierter Gestalt geben, in Gestalt der Wertschätzung, die andere einem nicht entgegen bringen. Würde man dagegen vor den existierenden Widerstände zurückweichen und diese nicht auf die skizzierte Weise offen angehen, hätte man aus meiner Sicht, was die Durchsetzung eines bedingungslosen Grundeinkommens betrifft, schon von Anfang an verloren. Mit besten Grüßen Manuel Franzmann
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