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Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"
* 14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs". *
Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des "Netzwerk Grundeinkommen", Näheres: http://Grundeinkommen.INFO . Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste, Näheres: http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen.
* Die Nutzer dieses FORUMS haben sich trotzdem mit Mehrheit für die Beibehaltung dieses FORUMs ausgesprochen, das weiterhin wohl auch hauptsächlich das weitere Vorgehen von http://Grundeinkommen.INFO begleiten wird. * Das FORUM ist z.Zt. versuchsweise ÖFFENTLICH geschaltet. Es kann also JEDEr Beiträge lesen, die Dateien ansehen und auch downloaden. Die Dateien sind auch verlinkbar. Wer mitschreiben will, muss sich anmelden, auch mit Pseudonym. Die Berechtigung muss bestätigt werden. Bitte die Frage "Warum..." beantworten. *
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Autor |
Beitrag |
Tobias Teetz
Beiträge: 97
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Erstellt: 24.08.04, 18:22 Betreff: Re: Eigener Beitrag von Helmut Pelzer, Ulm |
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Lieber Herr Pelzer,
Ihrer Aussage: "Ein BGE in Höhe des `soziokulturellen Exsistenzminimums` (1998 bei 1600 DM mtl.) oder höher wird nach diesen Berechnungen politisch wohl kaum durchsetzbar sein." muß ich zustimmen.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Statistisches Jahrbuch 2003, S. 673, verfügbares Einkommen (Ausgabenkonzept)) verfügten alle deutschen Privathaushalte im Jahre 2002 über ein Einkommen von 1369 Mrd. € / Jahr. Davon wurden 1242 Mrd. € für Konsumausgaben verwendet, 144 Mrd. € (abzüglich 17 Mrd. € für Zunahme betriebl. Versorgungsansprüche) wurden gespart (Anleihen, Aktien, Lebensversicherungen usw.). In diesem Ausgabenkonzept werden die nichtmonetären Sozialleistungen des Staates an die Bürger nicht berücksichtigt (beispielsweise Dienstleistungen durch das staatlichen Lehr- und Erziehungswesen, Jugendhilfe, öffentliche Bibliotheken, Polizei, Feuerwehr, Gerichtswesen, Arbeitsamt, Bundeswehr etc.). Diese nichtmonetären Leistungen des Staates an die Bürger betrugen im Jahr 2002 403 Mrd. €. Durch unser gesetzliches Gesundheitswesen erhalten die Bürger ferner noch 237 Mrd. € an nichtmonetären sozialen Sachleistungen (die Kassen zahlen Krankenhausoperationen, Pflegebehandlungen, Arztbesuche, Arzneimittelkosten usw.).
Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands betrug im Jahre 2002 (s. Statistisches Jahrbuch S. 658) 2108 Mrd. €. Im Bruttoinlandsprodukt müssen auch Abschreibungen von veralteten Maschinen und Anlagen berücksichtigt werden (318 Mrd. €), ferner Neuinvestitionen in Zukunftstechnologien und -anlagen (380 Mrd. €). Ferner werden beim Bruttoinlandsprodukt auch noch Importe und Exporte berücksichtigt.
Nur das verfügbare Einkommen der deutschen Privathaushalte von 1369 Mrd. € stellt also den Kuchen dar, der maximal verteilt werden kann. Die EZB könnte natürlich auch viele neue Euro-Scheinchen mit zehnstelligen Zahlen drucken, so dass jeder Bürger ein Multimilliardär sein könnte, aber dann würde sicher bald auch ein Brötchen mehrere Milliarden Euro kosten.
Bei einer absoluten Gleichverteilung der Einkommen, würden sich Maschinenbauingenieure bei Daimler oder bei Thyssen kaum noch anstrengen. Der Polizist würde den gesuchten Massenmörder laufen lassen, der OP-Arzt würde häufiger einige Teile seines Arbeitswerkzeuges in den Eingeweiden von Patienten vergessen, in den Kernkraftwerken würden einige wichtige Kessel platzen, usw. usf.. Eine Ungleichheit bei den Arbeitseinkommen (und auch besonders bezüglich der reinen Transfergeldbezieher) ist für den Leistungsanreiz notwendig. Nicht alle Menschen brauchen einen äußeren Zwang (monetären oder strafdrohenden), um einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen.
Nimmt man ein Bürgergeldeinkommen von 1500 € / Monat (Gesundheitskosten von ca. 170 € / Monat für jeden Bürger übernimmt der Staat) und Bürger und 600 € / Jahr und Kind an, so ergäbe sich: 66 Mio* 1500 € / Monat*12Monate + 16 Mio*600€ / Monat *12 Monate = 1303 Mrd. €. Dies wäre eine absolute Gleichverteilung für alle Bürger eines Landes, damit würde aber auch jede Arbeitsleistung (oder Nichtarbeitsleistung oder Untätigkeit) gleichbehandelt werden. Eine solche Situation würde kein verantwortungsvoller Politiker oder Bürger gutheißen.
Ein Mindesteinkommen von 900 € / Monat (Gesundheitskosten von ca. 170 €/Monat für jeden Bürger werden vom Staat gezahlt) und Bürger und 450 € / Monat und Kind sind ebenso kaum vorstellbar. Viele Arbeitnehmer arbeiten an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit oder unter lebensgefährlichen Bedingungen und sollen Leute mitfinanzieren, die keinen Finger rühren und ein fast ähnliches Einkommen beziehen: Nein, danke (sagen dann die Arbeitnehmer).
Zwischen 600-750 € / Monat (Gesundheitskosten von ca. 170 €/Monat für jeden Bürger werden vom Staat gezahlt) und Bürger kommt man jedoch an ein realistisches Bürgereinkommen ohne unbedingten Arbeitszwang heran.
Im Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2005 (Fünfter Existenzminimumbericht), Bundestagsdrucksache 15 / 2462 vom 5.2.2004 definiert die Bundesregierung das gegenwärtige Exsistenzminimum. Auf S.3, Absatz 4.1 steht: "Demzufolge wird für 2005 ein Regelsatzniveau bei Alleinstehenden von 4 164 Euro (347 Euro/Monat)und bei Ehepaaren von 7 488 Euro (624 Euro/Monat)berücksichtigt." Und weiter: "Hieraus ergeben sich für 2005 zu berücksichtigende Bruttokaltmieten von 2 592 Euro (216 Euro/Monat)für Alleinstehende und von 3 984 Euro (332 Euro/Monat)für Ehepaare. ...Für 2005 ergeben sich folglich Heizkosten von 600 Euro (50 Euro/Monat)für Alleinstehende und von 768 Euro (64 Euro/Monat) für Ehepaare." Derzeit (nach Angaben der Bundesregierung im Jahr 2005) liegt das Exsistenzminimum für eine alleinstehende Person bei: 347+216+50=613 €. Für eine kinderloses Ehepaar bei: 624+332+64=1020 €.
Die Höhe des Mindesteinkommens ohne Arbeit wirkt wie ein Revolver im Rücken des Arbeitslosen. Je geringer die Höhe des Mindesteinkommen ohne Arbeit, desto stärker ist der fremde Finger am Rücken des Arbeitslosen durchgedrückt. Je geringer die Höhe des Mindesteinkommens ohne Arbeit, desto leichter kann man die Arbeitslosen zur Annahme jeglicher Tätigkeit und zu erhöhter Leistung zwingen. Haste keine Arbeit, haste kein Geld, haste kein Leben (Peng!).
Mit den Hartz IV-Gesetzen (Bundestagsdrucksache 15/1516)wird der Finger am Abzug im Rücken der Arbeitslosen jedenfalls relativ weit in Richtung Handinnenfläche bewegt.
Beispiele: § 10 Zumutbarkeit (1) Dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass...
(2) Eine Arbeit ist nicht allein deshalb unzumutbar, weil 1. sie nicht einer früheren beruflichen Tätigkeit des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen entspricht, für die er ausgebildet ist oder die er ausgeübt hat, 2. sie im Hinblick auf die Ausbildung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen als geringerwertig anzusehen ist, 3. der Beschäftigungsort vom Wohnort des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen weiter entfernt ist als ein früherer Beschäftigungs- oder Ausbildungsort, 4. die Arbeitsbedingungen ungünstiger sind als bei den bisherigen Beschäftigungen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen.
(von Berufsausbildung, bisherige Berufsleistungen u.ä. keine Spur mehr, eine faktisches Eingeständnis, dass das deutsche Berufs- und Ausbildungssystem fehlerhaft angelegt ist, womit sich gleichzeitig gewisse Fragen an Kultusminister und Ausbilder verbinden lassen und ob politische Entscheidungsträger tatsächlich das Wohl des deutschen Volkes im Blick hatten, so dass das Volk über gewisse Pensionsansprüche von Abgeordneten nachdenken muß. Zu (2),3. : Wohnort und Arbeitsort sollten nicht übermässig weit entfernt liegen, da der hohe Ölpreis und die hohen Bahnpreise die Mobilität der Arbeitnehmer vermindern. ).
§ 31Absenkung und Wegfall des Arbeitslosengeldes II Das Arbeitslosengeld II wird unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn 1. der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, a) eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, b) in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen, c) eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheit aufzunehmen oder fortzuführen, oder d) zumutbare Arbeit nach § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 auszuführen,
Falls § 31 bei einigen ALG II Empfängern zur Anwendung kommt, bekommt der alleinstehende ALG II Empfänger in den neuen Bundesländern : 331 €- 99 €= 232 € / Monat. In den alten Bundesländern : 345 € -104 € = 241 € / Monat.
Mit solchen Zwangssystemen kann man jeden ALG II Empfänger weich kochen, zu jeder Arbeitsaufnahme zwingen, obgleich wir in vielen Bundesländern Arbeitslosenquoten von ca. 20% haben. Ein Unding.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Teetz
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