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Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"
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Autor |
Beitrag |
Wolfgang Strengmann
Beiträge: 82
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Erstellt: 02.09.04, 11:55 Betreff: FR: Freiheit der Buerger statt Arbeitszwang |
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Aus der Frankfurter Rundschau von heute:
URL: http://www.fr-aktuell.de/ressorts/nachrichten_und_politik/standpunkte/?cnt=497270
Freiheit der Bürger statt Arbeitszwang
Auf der Basis eines garantierten Grundeinkommens kann jeder wählen, welchen Beitrag er zum Gemeinwesen leisten will VON SASCHA LIEBERMANN
Kein Zwang zur Maloche (ap) Wohin wir - die Bürger unseres Gemeinwesens - wirtschaftlich und sozial gehen wollen, ist die entscheidende Frage, die heute eine Antwort verlangt. Erst wenn sie beantwortet ist, können Reformen auf den Weg gebracht werden, die uns eine langfristige Perspektive eröffnen. Ein Vorschlag, der den Blick auf eine andere Zukunft erlaubt, als sie uns gegenwärtig - unter dem allgegenwärtigen Vorzeichen der Globalisierung - gepredigt wird, ist der eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle Bürger.
Ein solches Grundeinkommen steht im Dienste unseres Gemeinwesens, da es die Autonomie und Integrität der Bürger stärkt. Es wird allen Staatsbürgern bedingungslos gewährt, Erwachsenen wie Kindern, ganz gleich ob sie einer Erwerbsarbeit nachgehen oder nicht. Eine Gegenleistung wird nicht verlangt, denn es ist ein Bürger-Einkommen. Ohne unsere Loyalität gäbe es unser Gemeinwesen gar nicht - ein bedingungsloses Grundeinkommen anerkennt genau dies: wir, die Bürger, sind das Fundament unseres Gemeinwesens.
Ein bedingungsloses Grundeinkommen eröffnet Freiheit, indem es Entscheidungsmöglichkeiten schafft. Wer will, geht einem Beruf nach und erzielt ein zusätzliches Einkommen, doch er muss es nicht. Schon heute ist der Umfang freiwilligen Engagements für unsere Gemeinschaft enorm. Wesentliche Einrichtungen wie Parteien, Vereine und karitative Organisationen würden gar nicht existieren, gäbe es dieses Engagement nicht. Statt eines Arbeitszwangs werden Muße und Neugierde, das freie Erkunden des Unbekannten, gefördert. Maxime unseres Bildungswesens sollte ihre Förderung sein, denn sie sind es, aus denen Neuerungen erwachsen.
Eltern erhalten die Freiheit, sich ausgiebig um ihre Kinder zu kümmern. Sie kämen erst gar nicht in die Lage, lediglich aus Gründen der Existenzsicherung zu arbeiten. Unsere Gemeinschaft ermöglicht ihnen, selbst die Fürsorge wahrzunehmen, statt die Kinder schon früh Betreuungseinrichtungen zu überlassen. Familien würden dadurch gestärkt, aus ihnen gehen die Bürger unserer Zukunft hervor.
Arbeit wird wieder mehr an Leistung, an den erzeugten Neuerungen gemessen, nicht am bloßen Innehaben eines Arbeitsplatzes. Automatisierung ist gewünscht, denn sie befreit von stupiden, sich wiederholenden Betätigungen. Personal für Dienstleistungen muss umworben werden, die Nachfrage würde es tatsächlich richten können, denn diejenigen, die arbeiten, hätten durch das bedingungslose Grundeinkommen Verhandlungsmacht: über Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen, aber auch darüber, bis in welches Alter sie arbeiten wollen. Einer allgemeinen Regelung bedürfen wir nicht mehr, denn der Einzelne verhandelt über all diese Fragen selbst. Unternehmen müssen um Mitarbeiter werben, statt sie gegeneinander auszuspielen. Mitarbeiter arbeiten freiwillig, sie sind dadurch besonders motiviert. Freiwilligkeit und Neuerung, damit Wertschöpfung, sind zwei Seiten einer Medaille: die eine ist nicht ohne die andere zu haben.
Apologeten der Arbeitsumverteilung und der Einführung eines Niedriglohnsektors sind sich in einem einig: dem Arbeitszwang. Vor den Zwangsverpflichtungen der Bürger, die heute allerorten gepredigt und als Stärkung der Eigenverantwortung verbrämt werden, schützt uns das bedingungslose Grundeinkommen. Woran wir gegenwärtig leiden, ist eine Politik des Arbeitshauses, in der Arbeit zum höchsten Zweck geworden ist, wir bewerten sie höher als unsere Freiheit und höher als den Geist der Neuerung.
Wir sind nicht bereit anzuerkennen, dass der Reichtum unseres Landes auf die gestiegene Produktivität zurückgeht, Rationalisierung und Automatisierung ein Motor dafür waren und sind. Arbeitslosigkeit stellt also vielmehr einen Erfolg dar, doch einen Erfolg, aus dem wir Konsequenzen ziehen sollten: Wir müssen die Vorstellung aufgeben, der Mensch werde erst durch Arbeit zum Menschen. Statt Arbeitszwang und Entwürdigung der Bürger, wie es durch ihre Degradierung zu Kunden der zuständigen Bundesagentur geschieht, sollten wir die Freiheit ergreifen, die der Rückgewinn von Lebenszeit durch Automatisierung ermöglicht.
Wer würde denn dann arbeiten, so der geläufige Einwand?
Die Antwort: Alle, die schon heute sich mit ihrer Tätigkeit identifizieren. Diejenigen, die es heute nicht tun, würden sich überlegen, wofür sie sich engagieren wollen. Findet sich niemand, der bestimmte Dienstleistungen anbieten will, werden wir sie in die eigenen Hände nehmen müssen. Hier erst ist die Rede vom Markt überhaupt seriös, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber dieselbe Verhandlungsmacht haben.
Freiheit, die das bedingungslose Grundeinkommen eröffnet, ist auch eine Verantwortungszumutung. Jeder wird durch diese Freiheit verpflichtet, sie sinnvoll zu nutzen. Es wird aber nicht vorgeschrieben, worin das Sinnvolle besteht. Die Autonomiechancen zu ergreifen, darin bestünde ein Beitrag zum Gemeinwohl. Vertrauen in die Bereitschaft des Einzelnen, dazu beitragen zu wollen, setzt dies voraus.
Unsere gegenwärtigen politischen Entscheidungen ersetzen Leistung, Engagement für die Gemeinschaft und Familienfürsorge durch Arbeit um jeden Preis. Dem wohnt ein Heilsversprechen inne, das die Apologeten des Arbeitshauses predigen. Sie trauen uns, den Bürgern, nicht zu, selbst entscheiden zu können, wie wir unseren Beitrag zum Gemeinwohl leisten wollen. Marktliberale und Sozialfürsorger sind sich in dieser Frage einig, denn eine wirkliche, eine politische Freiheit ist für beide undenkbar.
Unsere Freiheit wird erst dort wirklich, wo wir die Chancen der Gegenwart ergreifen und eine Zukunft gestalten, die sich uns heute bietet. Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger ist ein erster Schritt dazu.
Der Standpunkt des Autors
Ein Arbeitsplatz gehört zur Kategorie der höchsten Güter. Zugleich machen Automatisierung und Globalisierung viele Tätigkeiten überflüssig. Doch statt die sich daraus ergebenden Freiräume zu nutzen, wird die große Mehrheit dem Zwang des "Arbeitshauses" unterworfen.
Das muss nicht sein. Unser Autor Sascha Liebermann schlägt vor, jedem Bürger ein Grundeinkommen zu gewähren und ihm die Wahl zu lassen, ob er einer klassischen Erwerbstätigkeit oder anderen gesellschaftlich nützlichen Beschäftigungen - etwa in der Erziehung - nachgehen will. Wer aber heute schon Freude und Selbstverwirklichung in seinem Job findet, würde diesen auch nicht aufgeben wollen, Motivation und Engagement wüchsen auf der Basis der Bürgerfreiheit.
Liebermann ist Mitbegründer der Initiative "Freiheit statt Vollbeschäftigung". aud
www.FreiheitStattVollbeschäftigung.de
[ document info ] Copyright © Frankfurter Rundschau online 2004 Dokument erstellt am 01.09.2004 um 17:56:58 Uhr Erscheinungsdatum 02.09.2004
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