Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"

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14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs".
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Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen
zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des
"Netzwerk Grundeinkommen", Näheres: http://Grundeinkommen.INFO .
Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste,
Näheres: http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen.
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Die Nutzer dieses FORUMS haben sich trotzdem mit Mehrheit für die Beibehaltung dieses FORUMs ausgesprochen, das weiterhin wohl auch hauptsächlich das weitere Vorgehen von http://Grundeinkommen.INFO begleiten wird.
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Das FORUM ist z.Zt. versuchsweise ÖFFENTLICH geschaltet.
Es kann also JEDEr Beiträge lesen, die Dateien ansehen und auch downloaden. Die Dateien sind auch verlinkbar. Wer mitschreiben will, muss sich anmelden, auch mit Pseudonym. Die Berechtigung muss bestätigt werden. Bitte die Frage "Warum..." beantworten.
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Re: Relative Armut trotz Grundeinkommen?

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Seite: 1, 2, 3
Autor Beitrag
Wolfgang Strengmann

Beiträge: 82
Ort: Frankfurt am Main


New PostErstellt: 22.09.04, 10:50  Betreff: Re: Relative Armut trotz Grundeinkommen?  drucken  Thema drucken  weiterempfehlen

Lieber Juergen,

Am 22 Sep 2004 um 10:15 hat krimtext geschrieben:
> ich bin neu hier und steige auch gerade erst in das Thema ein. Deshalb
> kann es natürlich sein, dass ich mit meinen Überlegungen ganz kalten
> Kaffee aufwärme.

nein, kein kalter Kaffee, und die Frage:

> Würde nicht ein bedingungsloses Grundeinkommen unter ansonsten
> unveränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nach kürzester Zeit
> ebenfalls zur sozialen Ausschliesung weiter Bevölkerungskreise führen?

ist durchaus berechtigt.

> Ich hoffe, ich mache einen Denkfehler und bitte um Belehrung.

In Belehrung bin ich gut ;-), also mache ich das gerne.


> Es gibt zwar längst nicht mehr "Arbeit für alle" - aber es gibt Arbeit
> und teilweise auch gut bezahlte. Wenn nun Grundeinkommen bedingungslos
> von jedem in Anspruch genommen werden kann, würden das ja auch die
> relativ Gutverdienenden mitnehmen.

Ja, und genau das fuehrt meines Erachtens zur Beseitigung oder zumindest
starker Reduzierung der Stigmatisierung. Jetzt wirkt die Sozialhilfe immer noch
wie eine Art Almosen und "wer das haben will muss es sich verdienen". Eine
Denke, die durch Hartz IV wesentlich verstaerkt wird und sich in der Retorik
von Clement und Schroeder dauernd ausdrueckt. Beim Grundeinkommen sind
alle gleich. (Nebenbei: Das ist m.E. der wesentliche Vorteil des GE
gegenueber einer Negativen Einkommensteuer, auch wenn beides
oekonomisch betrachtet äquivalent ist).

> Es käme damit zu massiven
> Differenzen in denen materiellen Möglichkeiten derjenigen, die durch
> (nicht-prekäre) Arbeit "verdienen" und zusätzlich über Grundeinkommen
> verfügen und denen, die allein mit dem Grundeinkommen auskommen
> müssen. Das würde sich dann bald auch in der Preisentwicklung
> ausdrücken und schon wäre wieder relative Armut da.
>

Die Argumentation wuerde stimmen, wenn das Grundeinkommen quasi vom
Himmel fallen wuerde oder wenn die Geldmenge entsprechend erhoeht
wuerde. Das ist aber nicht der Fall. Das Grundeinkommen wird durch
Umverteilung finanziert. Insofern sinken die Abstände in den finanziellen
Möglichkeiten: das Grundeinkommen führt zu weniger Ungleichheit.

Noch eine Anmerkung, weil es diese Behauptung auch immer wieder mal gibt:
Manche Leute behaupten, relative Armut (x% des Durchschnittseinkommens)
koenne nicht beseitigt werden. Die Argumentation ist, dass bei Erhöhung des
Einkommens der Armen sich auch das Durchschnittseinkommen erhöhen
würde und damit dann auch die Armutsgrenze. Das ist Quatsch, weil das
zusätzliche Einkommen für die Armen ja irgendwoher kommt, d.h. das
Durchschnittseinkommen ändert sich nicht und damit auch nicht die
Armutsgrenze.

Armut, zumindest relative Einkommensarmut, lässt sich beseitigen.

Wolfgang
--
http://www.wiwi.uni-frankfurt.de/~strengma/
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P. Scharl

Beiträge: 199
Ort: Memmingen



New PostErstellt: 22.09.04, 13:07  Betreff: Wie bringen wir das Thema GE in die Medien?  drucken  weiterempfehlen

Hallo Wolfgang, hallo Mitdiskutanten

Wolfgang Deinen fundierten Ausführungen stimme ich, wie wohl die meisten hier, absolut zu.

Für mich steht eine Frage im Vordergrund:
Wie bringen wir es hin, dass diese Thematik in´s Bewusstsein der Öffentlichkeit dringt?

Wir können hier noch jahrelang alle Seiten des GE beleuchten. Wenn nicht wenigstens eines der großen Print-Magazine, der TV-Magazine etc. diese Thematik aufgreift, dann passiert NICHTS!

Gerade unser Bundes-Schröder und seine antisozialen Adlatusse haben ja grade kräftig in die "Stammtisch-Abzock-Kerbe" gehauen. Und die Merkelin plappert samt Merz und Neolib-Konsorten fleissig auch in diese Richtung mit.

Also, welche Strategien müssen wir anwenden, damit da in den "großen" Medien wenigstens mal ein Anfang gemacht wird?

M.E. müssen von den "Fachleuten" (denen alle Zahlen und Fakten zugänglich sind!) Muster-Szenarien MIT einem passablen GE IM DETAIL vorgelwegt werden. Denn so in´s Blaue hinein kommt sofort fast immer das Totschlag-Argument: "Ist nie finanzierbar" !

Also auf Ihr Fachleute, mal "Butter bei die Fische! " ;-))

Ciao Peter Scharl

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Tobias Teetz

Beiträge: 97
Ort: Berlin


New PostErstellt: 22.09.04, 13:19  Betreff: Re: Relative Armut trotz Grundeinkommen?  drucken  weiterempfehlen

Lieber Wolfgang,

Du schriebst:

"Noch eine Anmerkung, weil es diese Behauptung auch immer wieder mal gibt:
Manche Leute behaupten, relative Armut (x% des Durchschnittseinkommens)
koenne nicht beseitigt werden. Die Argumentation ist, dass bei Erhöhung des
Einkommens der Armen sich auch das Durchschnittseinkommen erhöhen
würde und damit dann auch die Armutsgrenze. Das ist Quatsch, weil das
zusätzliche Einkommen für die Armen ja irgendwoher kommt, d.h. das
Durchschnittseinkommen ändert sich nicht und damit auch nicht die
Armutsgrenze."

Mit mehr Kaufkraft könnten sich die ärmeren Schichten der Bevölkerung wieder viele Dinge des täglichen Bedarfs leisten. Das Problem ist, welche Art von Konsumgütern oder Dienstleistungen von den Ärmeren in Anspruch genommen werden. Sind es ausländische Güter oder Auslandsreisen oder werden Güter und Dienstleistungen aus heimischer Produktion in Anspruch genommen. Falls deutsche Biere, Zeitungen, Büchsensuppen gekauft werden, erhöhen sich letztendlich die Umsätze der deutschen Unternehmen.
Höhere Umsätze von Unternehmen können teilweise wieder vom Staat weggesteuert werden und auf ärmere Schichten durch ein Grundeinkommen verteilt werden. In diesem Fall steigt das Durchschnittseinkommen tatsächlich an.
Durch eine höhere Geldmenge und eine höhere Massenkaufkraft steigt auch das allgemeine Durchschnittseinkommen in der Bevölkerung, jedenfalls solange die Geldmenge im Land bleibt. Wenn die Unternehmen Deutschland verlassen, ist es Essig mit der dem höheren Durchschnittseinkommen.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

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Tobias Teetz

Beiträge: 97
Ort: Berlin


New PostErstellt: 22.09.04, 13:36  Betreff: Re: Relative Armut trotz Grundeinkommen?  drucken  weiterempfehlen

Lieber Scharl,

vom DIW gab es schon 1996 ein durchgerechnetes Bürgergeldmodell (s. Attac-Homepage).

Ich wußte davon bislang nichts, so was wurde damals nicht in den Medien diskutiert.

Im Moment prasseln auf mich auch so viel Informationen ein: Sachverständigengutachten, neueste Statistiken vom Statistischen Bundesamt usw.. Sicher müßten wir einen leicht verständlichen Artikel über das Grundeinkommen schreiben.

Wer übernimmt diese Aufgabe ? Außerhalb des Forums wohl keiner.

Also jemand aus dem Forum.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

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LOthar Samuel Tesche

Beiträge: 267


New PostErstellt: 22.09.04, 15:28  Betreff: Wie wir das Thema GE in die Bevölkerung tragen....  drucken  weiterempfehlen

Lieber Peter,

das Regelwerk über das Grundeinkommen, das wir hier in Angriff nehmen, muß auf jeden Fall so geschrieben werden, daß es von jedem Menschen, der des Deutschen in Wort und Schrift mächtig ist (oder in dessen Muttersprache es verfaßt ist), verstanden werden kann.

Es ist prinzipiell ein Trugschluß, zu glauben, man könne eine komplizierte Materie nicht so darstellen, daß sie von der Mehrzahl der Menschheit verstanden würde.
Dieser Trugschluß wird – ich formuliere das jetzt mal ein wenig grobrasterartig – immer gern von Menschen am Leben gehalten, die ein Interesse daran haben, daß ihre Fachsprache nur einem kleinen Kreis von Eingeweihten zugänglich ist und bleibt(„Restriktive Enkulturation, affektlabil, latentixo-Zyklothym, temporäre Vulvaphobie, permanent kommunikative Insuffizienz“).
Es eilt allerdings nicht sooooo sehr, daß dieses Werk schon morgen überall ausliegen müßte.

Fakt ist allerdings, daß die Mächtigen der Politik und Finanz es auf verschiedenen Wegen versuchen werden zu eleminieren. Ich nehme an, daß einige dieser Herren es „wundervoll finden“ werden, und hoch und heilig versprechen, verschiedene Inhalte des Werkes in ihre konkret politische Tagesarbeit einfließen zu lassen („Wählt mich. Ich werde mich für die Verwirklichung einsetzen“). Andere wiederum werden durch Sachverständige das Werk begutachten lassen, und es mittels eines äußerst schwer verständlichen Kauderwelsch-Textes in Bausch und Bogen ablehnen. Andere wieder werden die Autoren hofieren und ihnen einen Sonderpreis für das prachtvolle Werk in Aussicht stellen (damit kauft man sie, um sie leichter in eine andere Richtung lenken zu können).

Für die Verbreitung des Werkes muß auch jeder Einzelne von uns sorgen, indem er an seinem Arbeitsplatz (aber immer daran denken, daß politische Arbeit am Arbeitsplatz laut Betriebsverfassungsgesetz verboten ist, am liebsten wird der Betriebsfriedensparagraph vorgeschoben -Störung des Betriebsfriedens-) und unter Familie, Freunden, Verein, Fitness-Studio, Kirchengemeinde, Elternabende usw. darüber spricht. Es würde uns auch gut anstehen, in der Öffentlichkeit das Werk zu offerieren. Man kann zum Beispiel ein Schild vor sich stehen haben, auf dem in großen Lettern geschrieben steht : „Ich möchte gern mit interessierten Mitmenschen über das XX-Werk sprechen.“ Man kann große Organisationen darum bitten, kleine Aufkleber herzustellen, auf denen auf das Werk aufmerksam gemacht wird.
Auf die Verbreitung durch die großen Massenmedien (Presseprodukte, Television) darf man nicht das Hauptaugenmerk legen! Aus einem einfachen Grunde nicht: Für alle Massenmedien gilt, daß ein Thema nur so lange aktuell ist, wie es genügend Profit abwirft (es gibt selbstverständlich einige wenige Themen, die das immer tun: beispielsweise Sex und spektakuläre Mordfälle).
…so, das wärs erstmal. Ach so, ja, Grüße an Dich und alle anderen; hätte ich ja fast vergessen….  Lothar Samuel Tesche

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Michael Opielka
(Administrator)

Beiträge: 101
Ort: Jena/Königswinter



New PostErstellt: 23.09.04, 04:15  Betreff: Re: Wie bringen wir das Thema GE in die Medien?  drucken  weiterempfehlen

Lieber Peter Scharl,

ob ein Print-Magazin das aufgreift --- das mag unseren Narzissmus
befriedigen, aber gesellschaftliche Entwicklung braucht mehr (- aber
natürlich wollen wir in die Medien).

Was das Netzwerk jetzt tun kann, ist die Idee zu beleben - und v.a. in
Deutschland ein Forum zu bilden, dass überhaupt über das Grundeinkommen
diskutiert wird, niveauvoll, engagiert, differenziert.

Schöne Grüße

Michael Opielka



prof. dr. michael opielka

institut für sozialökologie (isö)



www.isoe.org

_____

Von: P. Scharl [mailto:@carookee.com]
Gesendet: Mittwoch, 22. September 2004 04:07
An:
Betreff: [Mailingliste-Grundeinkommen:] Wie bringen wir das Thema GE in die
Medien?
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R. Talbot

Beiträge: 23


New PostErstellt: 23.09.04, 10:00  Betreff: Re: Wie bringen wir das Thema GE indie Medien?  drucken  weiterempfehlen

Michael Opielka wrote:

>Lieber Peter Scharl,
>
>ob ein Print-Magazin das aufgreift --- das mag unseren Narzissmus
>befriedigen, aber gesellschaftliche Entwicklung braucht mehr (- aber
>natürlich wollen wir in die Medien).
>
>Was das Netzwerk jetzt tun kann, ist die Idee zu beleben - und v.a. in
>Deutschland ein Forum zu bilden, dass überhaupt über das Grundeinkommen
>diskutiert wird, niveauvoll, engagiert, differenziert.
>
Dazu ist es hilfreich, die Diskussion weg von der Höhe und hin zu der
Grundrechtsfrage zu lenken:
§ 12 Grundgesetz verbietet die Zwangsarbeit.
Darunter ist jede Drohung mit einem besonderen Übel zu verstehen um
jemanden zu Arbeit zu nötigen.
Alle diese Formen sind Strafarbeit und gesellschaftlich zu ächten, wenn
sie (noch!) nicht erfolgreich juristisch bekämpft werden können.
Deshalb muß meiner Ansicht nach der erste Schritt der sein, dass ein
würdiges Leben, wie es §1 GG zusichert, also das Mindesteinkommen der
Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld 2, frei von der Bedinung der
Arbeitsbereitschaft gestellt wird, weil: "Auch wer nicht arbeiten will,
essen/leben können muß"
Damit sind die "Forderung"s-Teile von Hartz IV und der § 25 BSHG
politisch vom Tisch zu wischen.
Das ist die notwendige gesellschaftliche Voraussetzung, um weitere
Anhebung der Tarife hin zu einem komfortablen Grundeinkommen zu diskutieren.

René Talbot
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Muslix

Beiträge: 78
Ort: Montabaur


New PostErstellt: 23.09.04, 10:10  Betreff: Re: Relative Armut trotz Grundeinkommen?  drucken  weiterempfehlen

...schnipp

vom DIW gab es schon 1996 ein durchgerechnetes Bürgergeldmodell (s.
Attac-Homepage).

Ich wußte davon bislang nichts, so was wurde damals nicht in den Medien
diskutiert.

Im Moment prasseln auf mich auch so viel Informationen ein:
Sachverständigengutachten, neueste Statistiken vom Statistischen Bundesamt
usw.. Sicher müßten wir einen leicht verständlichen Artikel über das
Grundeinkommen schreiben.

+++++schnapp++++++++++

Das Problem ist, daß die Medien gezielt diese Art Informationen
unterdrücken. Das Großkapital - in dessen Händen sich die Mainstream-Medien
befinden - hat kein Interesse daran, das solche Modell Fuß fassen.

Gruß
Muslix
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LOthar Samuel Tesche

Beiträge: 267


New PostErstellt: 23.09.04, 11:05  Betreff: Wie wir das Thema GE in die Medien bringen sollen?  drucken  weiterempfehlen

Zuallererst sollten wir uns ein russisches Sprichwort zu eigen machen:
"Über das Fell des Bären sollte man erst streiten, nachdem man ihn erlegt hat".

Grüße an alle Lothar Samuel Tesche

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Tobias Teetz

Beiträge: 97
Ort: Berlin


New PostErstellt: 23.09.04, 12:35  Betreff: Re: Relative Armut trotz Grundeinkommen?  drucken  weiterempfehlen

Lieber Michael Opielka, lieber Peter Scharl,

sicher bräuchten wir einen leicht verständlichen Artikel, der die Problemfelder unserer Gesellschaft schnell, verständlich und klar auch für einfache Menschen beschreibt. Auf der anderen Seite müssen tiefer gehende durchgerechnete Steuermodelle, soziologische Befunde (dies nicht zu umfangreich, aber damit Experten eine Richtschnur haben) vorgestellt werden.
In diesem Grundeinkommensforum und dem Forum von Attac wurde dies teilweise bereits gemacht.
Dann muß über die einzeln dargestellten Sachverhalte, Texte diskutiert werden. Vielleicht zu jedem Segment eine Art Unterforum: Steuerexperten, Wirtschaftsexperten, Soziologieexperten (mit guten Fachartikeln) usw..
In jedem Teilforum wird dann sachlich, zielführend diskutiert.
Für jeden Teilnehmer sollten die anderen Teilbereiche auch einsehbar sein.
Schließlich müßte eine Art von Vernetzung der Teilbereiche stattfinden.
Im Grunde ist es schade, dass Experten noch in vielen Unterforen (Attac, Labournet, Tacheles) relativ getrennt Überlegungen anstellen.

Es ist in sehr kurzer Zeit auch unheimlich viel Information auf uns eingestürzt.
Einige Oberaufseher für jeden Teilbereich müssen die Teilbereiche im Griff haben und sagen dürfen: Dies geht so oder dies geht nicht so - gefolgt von einer kurzen Begründung. Gute Ideen und Vorschläge müssen aber herausgefiltert werden. Ein Soziologe muß nicht über Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik diskutieren, dadurch würden wir uns verzetteln.

Bislang diskutieren wir tatsächlich ein wenig unkoordiniert, ohne die wesentlichen Teilbereiche und die Informationsfülle noch im Griff zu haben.

Da jeder Teilnehmer eine andere Wissens- und Kenntnisbasis hat, wird natürlich das Narzismus- Argument für andere Teilnehmer eventuell Bestand haben. Aber wir müssen schon die Freiheiten haben, unsere Meinung zu äußern, wie Dinge besser gehen könnten. War das Argument oder die Idee schlecht, dann streichen die anderen Diskutanten diese Idee aus. Der Mensch irrt solang er strebt (nach Goethes Faust).
Mir ist aufgefallen, dass ich auch manchmal Schreibfehler und Gedankenfehler mache, die Internetforen verleiten manchmal dazu, etwas zu schnell und undurchdacht aufzuschreiben. Ein Buch oder ein gut vorbereiteter Text sind in dieser Hinsicht besser.

Manchmal ist es wichtig, dass man nicht von Informationen überhäuft wird.


Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

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LOthar Samuel Tesche

Beiträge: 267


New PostErstellt: 23.09.04, 17:51  Betreff: Wie koordinieren wir am besten die GE-Arbeit (Tobias T.)  drucken  weiterempfehlen

Hallo lieber Tobias,

ich finde deine Ideen vom Grundsatz her supi gut.

Bei einer Erdbevölkerung von 6,3 Milliarden menschlichen Gehirnen bleibt eine Invasion von Informationen nicht aus.
Allein die Informationsinvasion, die tagtäglich von amerikanischen Satteliten auf die terristischen Empfangsantennen niederprasselt, ist so umfangreich, daß die Nasa 10.000 zusätzliche Naturwissenschaftler zum Lesen und Verwerten dieser Infos benötigte. Weil ihr das Geld dafür nicht bewilligt wird, bleibt ihr nichts anderes übrig, als diese Informationen zu speichern , zu speichern und zu speichern.

Du meinst, daß wir noch ein wenig zu unkoordiniert diskutieren würden „ohne die wesentlichen Teilbereiche und die Informationsfülle noch (wieso „noch“ ? Hatten wir sie denn schon mal?? Anmerkung LST) im Griff zu haben.“
Ich finde daß du das nicht so verbissen betrachten solltest; ich glaube es sind gerade erstmal 130 Teilnehmer hier im Forum, von denen nicht mal die Hälfte etwas Schriftliches beigetragen hat. Ich meine, daß wir uns im Moment noch in der historischen Phase des Sammelns und Jagens befinden. Oder um es mit einem anderen Bild zu sagen: Jeder trägt hier die besten und schönsten Steine zusammen, und wenn wir meinen, daß wir genügend hätten, formen wir gemeinsam ein ansehnliches Mosaik daraus.
Lassen wir doch erstmal unsere Bewusstseinsströme (stream of consciousseness) hier zusammenfließen; nach und nach wird sich schon ein ungefähres Bild herausschälen.

Das alles sollte jedoch n i c h t bedeuten, daß wir nicht jetzt schon versuchen, ein ungefähres Bild herauszudifferenzieren, das jedoch bewußterweise immer wieder von neuem umgestaltet werden kann (Stichwort: Chaostheorie). Nach vielleicht einem Jahr wird uns das Bild immer klarer/deutlicher vor Augen treten. Es werden dann bestimmte Themen sichtbar, die unbedingt bearbeitet werden müssten, die in diese Schrift GE hineingehörten. Das wäre dann die Stunde der Experten, beziehungsweise der Menschen, die glauben, daß das „ihr Ding“, ihr Thema sei, weil sie sich schon sehr lange damit befassen.

Was jeder erstmal für sich selbst tun kann, ist, sich eine Art Inhaltsverzeichnis zusammenzustellen (das muß nicht gleich hier ins Netz gestellt werden), mittels dessen er selbst sich einen Klarblick verschaffen kann, (einen persönlichen roten Faden sozusagen, an dem er schreibend sich entlanghangeln kann).
Auf diese Weise wird sich nach und nach das Richtige herausfiltern (in der Ruhe liegt die Kraft …).

Du sagst, daß es wichtig sei, daß man nicht von Informationen überhäuft wird.
Finde ich auch. So wie sich ein Mensch in der Regel nicht sooo voll frisst, daß er vor lauter Schwere kaum noch laufen kann (obwohl alles soooo gut schmeckt), so sollte er auch nicht soooo viele Informationen durch seine Augen und Gehör einströmen lassen, daß sein Gedankensystem vor lauter Schwere kaum noch funktionieren („laufen“) kann.
Leider gibt es immer mehr Menschen, nicht allein Bildzeitungsleser (!), die sich nicht nur durch Fernsehprogramme, sondern auch durch Artikel, Beiträge, Bücher und gar Buchkassetten zappen; die oft nicht mehr in der Lage sind, mit innerer Stimme sich selbst ein Buch –auch Fachbücher- langsam vorzulesen. - So geht die geistige Hygiene natürlich auf Dauer „vorm Arsch“.
Man sollte für sich selbst herausfinden, mit welcher Sache man sich „vertiefend“ (also nicht nur über die Oberfläche huschend) beschäftigen will – dann wird daraus mit Sicherheit auf Dauer auch etwas Brauchbares entstehen und andere Menschen, werden die „Tiefe“ instinktiv erfassen und diesem Menschen und seinem Werk Vertrauen entgegenbringen. Denn am fehlenden Vertrauen krankt ja heute recht viel; wiewohl jeder unbenommen weiß, daß Vertrauen die Grundlage aller sozialen Verhältnisse ist.

Was mir nicht ganz klar in Deinen Ausführungen wurde, ist diese Narzißmusgeschichte, die wohl Michael Opielka aufgebracht hat („das mag unseren Narzißmus befriedigen“).
Narzißmus kann nicht befriedigt werden. Dieser Begriff entspringt der Psychologie und bezeichnet einen Menschen, der (ich versuche es auf den Punkt zu bringen) sich gezwungen fühlt, sich einzig und allein deshalb Freunde anzuschaffen (genauer gesagt handelt es sich um gute Bekanne), um von ihnen gelobt zu werden. Er ist nicht fähig, eine gefühlsmäßige Beziehung zu ihnen aufzubauen, weil alle Gefühle die er besitzt, um die Liebe zu sich selbst oszillieren. Loben die Freunde die Dinge, die er tut nicht mehr, wendet er sich in der Regel abrupt von ihnen ab.
Ich will damit auch sagen, daß ein Narziß hier im Netz wenig „Erfolg“ hätte, den sucht er sich schon besser in Form lebender Homo sapiens Exemplare.
Aber was solls: Es gibt Menschen, die gern im Vordergrund stehen (die meint ja Michael wohl). Ich mag das auch. Ich finde daran nichts Verwerfliches, so lange ich von dem Gedanken geleitet werde, darum zu kämpfen, daß jeder Mensch ein festes Dach über dem Kopf, genügend Nahrung, eine Schulbildung bis zum 18. Lebensjahr ohne Abschluß und Beschäftigungen hat.

Grüße an alle und die es noch werden möchten

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LOthar Samuel Tesche

Beiträge: 267


New PostErstellt: 23.09.04, 17:53  Betreff: "Es gibt nicht mehr Arbeit für alle" - stimmt das?  drucken  weiterempfehlen

„Es gibt nicht mehr Arbeit für alle.“

„Es gibt nicht mehr Arbeit für alle“. Dieser Satz taucht immer wieder im Zusammenhang mit dem GE auf. Ihm wohnt etwas Wehleidiges, Destruktives, Zurückweichendes inne; so als habe man sich damit bis zum Sankt Nimmerleinstag abzufinden und könne nichts weiter tun, als die Hände in den Schoß zu legen, und auf ein gnädiges Ableben hoffen.

Selbstverständlich gibt es im Prinzip Arbeit für alle.
Wie aber kommt es zu dem Gedankengebäude, daß es keine Arbeit mehr für alle gebe? Weil der Begriff Arbeit in einer Art und Weise gehandhabt und behandelt wird, als sei er nur denkbar, erfaßbar und gültig in der absoluten Verschmelzung mit dem Arbeit-Geber, dem Unternehmer eben.

Der Arbeit-Geber gibt die Arbeit. Gibt er sie nicht mehr, gibt es auch keine Arbeit. Deshalb nennt der Arbeit-Geber die Zeit, in der e r keine Arbeit gibt, Freizeit. Dieses Denken ist bei den meisten Menschen so tief verwurzelt, daß sie sogar sagen: „In meiner Freizeit geh’ ich schwarz arbeiten.“ Das Wort Freizeit soll einreden (suggerieren), daß man frei sei in einer bestimmten Zeit (in der Zeit der Nicht-Arbeit). Dieses Frei- Sein bekommt man vom Arbeit-Geber geschenkt. Dafür muß man ihm dankbar sein. Nicht wenige sagen dann voller Stolz: „Ich habe gerade frei!“
Entläßt der Arbeitgeber einen Arbeiter (Lohnabhängigen), dann ist dieser arbeitslos; losgelöst von aller Arbeit. In dem Wort „Arbeitslos“ ist wird der Arbeit-Geber immer automatisch als der Verantwortliche, der diesen Zustand herbeigeführt hat, mitgedacht. Er wird indes nicht mitgedacht, als einer, der aus Böswilligkeit einen Menschen entlassen hat, sondern als einer, den die schlechte wirtschaftliche Lage dazu gezwungen hat. Aber auch als einer, der jederzeit das Losgelöstsein rückgängig zu machen in der Lage ist.
Der Arbeitslose würde seinen Zustand niemals als „Freihaber“ („Ich bin Freihaber“) bezeichnen. Wobei ein ähnlich gearteter Begriff, der des „Freigestellten“ immer suggeriert, daß dieser von einem Arbeitgeber entlassen wurde (genauer gesagt, steht es dem Betriebsmitglied frei, zu kündigen. Tut es das nicht, sieht sich der Unternehmer aus betrieblichen Gründen gezwungen, eine Entlassung auszusprechen). Arbeiter und Unternehmer sind so zu einem Wortsinn verschmolzen. Arbeitslos zu sein, bedeutet ohne Unternehmer zu sein. Und ohne Unternehmer zu sein, bedeutet, allein, verwaist sich in der Welt zurechtfinden zu müssen.
- Wobei wir beim Ursprung des Wortes angelangt sind:
Der Stamm des Wortes Arbeit ist unter a r m und E r b e entwickelt. Indogermanisch
o r b h o und germanisch a r b . Der Sinneszusammenhang bedeutet v e r w a i s t. Ihm schließt sich ein germanisches intransitives Zeitwort an „ich bin ein verwaistes Kind“ (und darum zu harter Arbeit angehalten).
Worte, die schon sehr lange existieren, erfahren einen Bedeutungswandel nur über lange Zeiträume hinweg (so bedeutete Arbeit im Althochdeutschen –ca. ab dem 7.Jahrhundert- Dienstbarmachung der Natur, Ackerbau usw.), jedenfalls lässt sich ein solcher nicht mit einem schriftlichen Beitrag erzwingen.
Die heutige Bedeutung wird sich erst ändern, wenn Arbeit und Freizeit kein gegensätzliches Wortpaar mehr ist, sondern zu einem einzigen Sinn verschmolzen sein wird.
Was allerdings nur möglich sein wird in einer Welt ohne Arbeit- Geber.
(„…..Wenn ich nicht gerade schlafe, bin ich auf der Suche nach Dingen, die ich verändern und gestalten kann. Wenn ich sie gefunden habe, werde ich damit beginnen…“ Für diesen Satz müßte es ein einziges Wort geben! ! )

Der Mensch ist ganz sicher ein neugieriges, suchendes Wesen. Aber auch ein sehr empfindsames Geschöpf, dessen Seele jederzeit verletzbar ist.
Die Geschichte aller menschlichen Gruppen (Kulturkreise, Lebenskreise) lehrt, daß es den faulen Menschen nicht gibt…. Wenn ein Mensch Tag für Tag vier Stunden vor einem Fernsehapparat fast unbeweglich sitzt, dann ist er krank (man horche auf: Dieser Mensch kann ja auch einer sein, der „Arbeit“ hat !). Selbstverständlich ist es nicht üblich, in diesem Falle von Krankheit zu sprechen, weil es nur zur Normalität gewordener Wahnsinn ist (wenn 82 Millionen Fliegen Scheiße fressen, können sie nicht irren).
Daß es Menschen gibt, die auf Kosten anderer leben, ist unbenommen, hat aber nichts mit Faulheit zu tun. Denn ihr Erfindungsreichtum, an das Geld anderer Leute ohne eine Gegenleistung zu kommen (oder an andere Gegenstände), ist mitunter enorm arbeitsaufwendig und mit viel geistiger und körperlicher Bewegung verbunden.
Diese Art menschlicher Spezies wird es wohl auch dann noch geben, wenn es das Tauschmittel Geld längst nicht mehr gibt. Sie finden sich in allen Kulturen und machen etwa 5% der Weltbevölkerung aus. Das Spektrum dieser Menschen erfasst alle Bevölkerungs-schichten, von Lieschen Müller bis zum Multimilliardär.
Wenn ich sage, „ich bin faul“, dann will ich damit sagen, daß ich ein schlechtes Gewissen habe, weil ich eigentlich etwas ganz anderes machen müßte, als das, was ich gerade tue. Nenne ich einen anderen Menschen faul, dann meine ich, daß dieser Mensch eigentlich etwas ganz anderes tun müßte, als das, was er gerade macht. Ich habe aber kein Recht, einem erwachsenen Menschen zu heißen, was er zu tun und was er zu lassen habe.

Daß es immer mehr Menschen gibt, die keinen Unternehmer mehr haben, ist im Grunde genommen eine ausgezeichnete Angelegenheit. Sie bedeutet ja nichts anderes, als daß es die gesamte bisherige Menschheit – gemeinsam(!!) - geschafft hat (und das waren etwa 75 Milliarden Erdenkinder), die Erde so umzugestalten (Stichwort Vollautomation), daß endlich diese Früchte auch von allen geerntet werden könnten.
Aber so lange einige wenige Menschen, dicke, fast unüberwindliche Mauern um den „Obstgarten“ gezogen haben, und mit Waffen verteidigen, die die gesamte Menschheit (= 6,3 Milliarden) jährlich mehr kosten, als alle Lebensmittel und Kleidung zusammen, solange wird es wohl Arbeits-Lose geben, die voller Sehnsucht auf einen Unternehmer warten, der sie wieder und wieder unter seine Fittiche nimmt.

Mit lieben Grüßen und passt alle gut auf euch auf

Lothar Samuel Tesche

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