Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"

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Tobias Teetz

Beiträge: 97

New PostErstellt: 14.10.04, 22:02     Betreff: Re: Artikel über die Grundeinkommens-Gesetze in Brasilien

Lieber Manuel Franzmann,

dass es in Hessen Vertreter für ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt, freut mich.

Bürger sollten von den politischen Vertretern jedenfalls nicht allzu lange im Ungewissen gelassen werden.
Die Zeit rennt uns davon. Andererseits muß das Thema Grundeinkommen (mit möglicherweise sehr tiefgreifenden Veränderung der Arbeits- und Einkommensstruktur) sorgfältig überdacht werden. Schnellschüsse - z.B. bei der Höhe eines Grundeinkommens nach Wild-West-Manier könnten sehr nachteilige Folgen für unsere Gesellschaft haben.
Auch wenn zunächst eine Art Bürgergeldmodell eingeführt werden würde, wäre dies vielleicht nicht absolut schlecht. Das bedingungslose Grundeinkommen wäre sicherlich besser.

Ernst Ullrich Schultz hat eine recht gute Streitschrift über das Grundeinkommen verfasst. Diese Ausarbeitung fasst die wesentlichen Vorteile des Grundeinkommens kurz zusammen. Die Kernpassagen des Textes möchte ich voll und ganz unterstützen.

Das Thema von Gerechtigkeit bei Arbeit und Einkommen bringt wohl jeden schnell zur Verzweiflung.
Arbeitgeber, Parteien, Gewerkschaften stehen sicher unter ähnlichen Spannungen auf dem Gebiet der sozialen Gerechtigkeit. In vielen Gebieten der neuen Bundesländer und Berlins gibt es nicht die gleichen Berufs- und Arbeitsmarktchancen wie in den alten Bundesländern. Das Arbeitslosengeld II wird nicht so super üppig sein, dass man halbwegs glücklich damit leben könnte. Unter den Arbeitslosen gibt es nicht wenige, die ähnlich begabt sind wie manche Gutverdiener im Westen. Unter Gerechtigkeitsaspekten kann man die Verteilungsfrage von Arbeit und Einkommen kaum lösen. Ein hochintelligenter Maschinenbauingenieur kann weniger verdienen als ein Kellner in einem Nobelrestaurant. Und die Geschichte mit den faulen reichen Erben wurde ja auch schon im Forum erwähnt.
Ein Großteil der erwerbsfähigen Bevölkerung wünscht sich aber eine Einkommensgerechtigkeit in der Bevölkerung.

Die Sache mit der positiven Rückkopplung im Beruf ist recht einfach. Entspricht die Arbeit meinen Fähigkeiten und Neigungen, so macht sie mir Spaß und ich freue mich daran. Die Ergebnisse der sinnvollen Arbeit kommen auch anderen zugute, so dass diese Rückkopplung positiv auf mein Empfinden ausstrahlt. Einfache Arbeiten mit klaren Kompetenzen haben sicher häufiger positive Effekte als hoch komplexe Aufgaben. Bei komplizierten politischen Themenkomplexen geraten immer wieder Personengruppen in das Schußfeld von unaufgeklärten Politikern.

Arbeitslose sitzen nun in einer überaus schwierigen Situation. Sie dürfen sich keinesfalls mit anderen gesellschaftlichen Gruppen (Arbeitgebern, Arbeitnehmern, politischen Parteien usw.) anlegen. Dies würde zu einer unguten Stimmung beitragen. Arbeitslose wünschen sich aber mehr Teilhabe von Wohlstand und Arbeit.
Wenn sie die Verteilungsfrage von gesellschaftlichem Wohlstand nicht aufwerfen (zur allgemeinen gesellschaftlichen Absicherung von Gesundheit, Wohnraum und Grundeinkommen), wird sich die Situation nicht verbessern. Sobald diese Frage im Raume steht, wird es Gegenstimmen geben, die von Sozialneid und Aufwiegelei sprechen.
Sind diese Stimmen aber gerechtfertigt ?

Es gibt in unserer Gesellschaft ausreichend Wohlstand.

In der arbeitszentrierten Welt der sechziger Jahre texteten die Beatles den Song: "A hard day´s night". Harte Tagesarbeit, um die Freundin mit dem verdienten Geld glücklich zu machen. Gibt es gegenwärtig genügend Arbeit mit ausreichendem Einkommen, die einen solchen Zustand wieder herbeiführt ? Arbeit sollte ja auch sinnvoll und wohlstandsfördernd sein. Keine Arbeit zum Zeit totschlagen.

Durch ein Grundeinkommen wäre jeder abgesichert und könnte öffentliche oder private Arbeitsangebote annehmen. Öffentliche Hand und Arbeitgeber könnten dann Arbeitsplatzangebote machen. Nun würden viele Angebote vielleicht zunächst recht schlecht bezahlt werden. Aber wenn der Arbeitgeber merkt, dass sich ein Arbeitnehmer Mühe gibt und etwas wirklich positives für den Betrieb oder die öffentliche Hand leistet, so wird sich dies früher oder später auch finanziell auszahlen. Auch Betriebe werden merken, dass viele Arbeitslose gar nicht so unfähig sind.
Falls die Arbeiten wirklich unsinnig sind(einer Arbeitnehmer soll ein Loch ausbuddeln, der andere soll es zuschippen), sollte man sie auch ablehnen dürfen.
Die Drückeberger-Propaganda war wirklich schädlich.

Liebe Marion,
in Brasilien ist die soziale Lage bei den unteren Einkommensschichten sicher sehr angespannt.

Sicherlich sollte wir in Deutschland nach Möglichkeit ein armutsfestes Grundeinkommen anstreben.
Es ist schon eine Schande, dass viele Bürger durch Einkommensarmut von vielen gesellschaftlich und sozial notwendigen Bereichen ausgesperrt bleiben. Wie häufig kann eine junge Sozialhilfeempfängerin in die Disko gehen ? Hat sie die Möglichkeit selbstbestimmt Urlaub zu machen ? Öffentliche Verkehrsmittel sollten für alle einkommensarmen Bürger kostengünstig sein !

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

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