Forum Grundeinkommen Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen" * 14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs". *
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Sehr geehrte Marion, sehr geehrter Herr Franzmann,
ich habe in diesen Tagen kaum Zeit substantiell in diese Debatte einzugreifen.
Aber für einige Sätze muss zu diesem Zeitpunkt Raum sein.
Der Organisationsprocent ist hoch, jedoch fallend, in DK. Doch sind viele, die ausserhalb des Arbeitsmarktes sind (kein Arbeitsangebot im laufe eines Jahres), sind nicht in der Gewerkschaft. Alle, die zwischen 15 und 65 sich befinden und weder unter Ausbildung sind oder eine Arbeit haben, können mit runden Zahlen zu 850.000 bis 900.000 zusammengezählt werden. Von diesen sind nur sehr wenige in den Gewerkschaften.
Was die Gewerkschaften selbst angeht, stehen die meisten von ihnen auch fest auf dem Boden des monetarischen neuen Liberalismus als der tragenden ökomischen Ide. Deshalb sind Gewerkschaften kaum besonders effektive Gegenspieler. Sie verstehen die Position des Gegners zu gut.
Die Frage om den Mindestlohn, auf die ich im Laufe von ein bis zwei Wochen noch zurückkommmen werde, ist deshalb so wichtig, weil die Aktivierung bei uns gezeigt hat, und was sich sehr bald nach Einführung von Hartz 4 auch in Deutschland beweisen wird. dass man Leute entlässt, besonders auch im öffentlichen Sektor und dann z. B. arbeitslose Ingeniøre, Wirtschaftswissenschaftlier u.A. für den Aktivlohn einstellt, bie uns beglietet mit dem Verdikt, dass man nicht klagen kann und keine Rechte erwirbt - und die Gwerkschaften denken nur an die bei ihnen Organsierten.
Die Steuereinnahmen fallen natürlich, weil auch die privaten, z.B. Handwerksfirmen, Taxiunternehmen dem öffentlichem Vorbild folgen. Was das an Angst nach ober befördert wird sich bald erweisen. Hier fühlen sich sogar hohe Ministerialbeamte, die bei uns häufig im Angestelltenverhältnis arbeiten, dem Stress, die Arbeit wohlmöglich zu verlieren, ausgesetzt.
Wieviel mehr liesse sich jemand erpressen, der Bedarf für wenig hat, aber dieses wenige haben muss, fx. lebenswichtige Medizin. Die Leute gehen ja bis auf die Flise, was man früher bei uns deutlich am Überangebot an Nutten sehen konnte, wenn die halbjährlichen Termine für die Realkredite am 11. Juni oder am 11. *Dez. bezahlt werden mussten. Man möge von hier aus auf andere Notsituationen schliessen. Das Endziel ist ja immerhin, dass das BGE auf einem so hohem Niveau gegeben werden kan, dass normalrechnende Personen nicht in Zwangssituationen zu kommen brauchen, in denen sie sich arbeits- und anders prostituieren müssen. Und dieses BGE will finanziert sein. Hierzu gehören Leute, die genügend verdienen, und die die Industrie aus Kostengründen versuchen muss wegzurationalisieren um weiterhin oben auf zu bleiben durch Produkte, die von teuren Mitarbeitern produziert werden.
Dies ist sozusagen ein dramatische, zirsensische Akt ohne Netz und doppeltem Boden.
Mit freundlichem Gruss Peter Voss ----- Original Message ----- From: Manuel Franzmann To: Sent: Wednesday, October 20, 2004 5:10 PM Subject: [Mailingliste-Grundeinkommen:] Re: Parteien/Politiker gewinnen
Liebe Marion,
kurz ein paar Kommentare zu einigen Ihrer Ausführungen.
"Ja, genau deshalb und weil man es m.E. auch nicht den regulierenden Kräften des Marktes überlassen kann, wie sich der erste Arbeitsmarkt zukünftig entwickeln soll. Ein geschwächter erster Arbeitsmarkt kann fatale Folgen hinsichtlich des Binnenmarktes nach sich ziehen, desweiteren auch steigende Zinsprobleme zur Folge haben, worauf ja auch schon Ernst Ullrich Schultz in seiner Antwort auf meinen diesbezüglichen Beitrag hingewiesen hat. "
Also Ihre Behauptung, ein ausreichendes Grundeinkommen ohne Mindestlohnpolitik würde den ersten Arbeitsmarkt schwächen, ist in meinen Augen ziemlich abstrakt, und eine Begründung für diese Behauptung kann ich bislang auch noch nicht erkennen. Daß ein geschwächter erster Arbeitsmarkt fatale Folgen für den Binnenmarkt haben kann, okay. Aber das ist ja nur ein Argument gegen das, was ich ausgeführt haben, wenn ein ausreichendes Grundeinkommen ohne Mindestlohnpolitik den ersten Arbeitsmarkt schwächen würde, und das sehe ich nicht. Welche Veränderung die Einführung eines Grundeinkommens im Hinblick auf die Massenkaufkraft nach sich ziehen würde, ist eine interessante Frage. Die Kaufkraft von Familien würde in jedem Falle gestärkt. Und das gegenwärtige Problem der Kaufkraftschwächung aufgrund des vermehrten Sparens (das vor dem Hintergrund der gegenwärtig bestehenden Aussicht auf weitere Belastungen im Rahmen der Reform des Sozialversicherungssystems und der Angst vor Arbeitsplatzverlust und der Hartz IV-Gängelei steht) dürfte sich wohl auflösen, da das Grundeinkommen ein Basiseinkommen und damit eine gesicherte Autonomie bietet, vor deren Hintergrund sich optimistischer in die Zukunft blicken läßt. Aber diese Frage wäre sicherlich noch genauer in den Blick zu nehmen.
" Das ist doch das Problem! Die Gewerkschaften in Deutschland sind leider schon lange nicht mehr so stark, wie oft vermutet wird. Frankreich hat z.B. auch den Mindestlohn eingeführt (ebenso Luxembourg und die allermeisten anderen europäischen Länder!). Erstaunlicherweise hat Frankreich jedoch im Verhältnis zur Bundesrepublik starke Gewerkschaften (ebenso Dänemark und die anderen skandinavischen Länder, was sich ja unschwer am Organisationsgrad ablesen läßt - hier schneiden wir z.B. sehr ungünstig ab!) "
In Deutschland waren Ende 2000 rund ein Drittel aller abhängig Beschäftigen gewerkschaftlich organisiert mit fallender Tendenz. Insofern haben Sie recht. Trotzdem galten die von den deutschen Einheitsgewerkschaften ausgehandelten Tarifverträge so gut wie flächendeckend (!), und zwar aus folgendem Grund: der Organisationsgrad der Unternehmen in den Arbeitgeberverbänden, die den Gewerkschaften als Verhandlungspartner gegenüber stehen, ist sehr viel höher. Er betrug bis vor kurzem noch an die 80 Prozent der relevanten Unternehmen. Darüber hinaus hat der Wirtschafts-- und Arbeitsminister die Befugnis, in Unternehmen und Branchen, in denen es zu keinem Abschluß eines Tarifvertrages kommt, existierende Tarifverträge als allgemeingültig zu erklären. Das ist dann etwas ähnliches wie ein gesetzlicher Mindestlohn, gewissermaßen eine Notfallbefugnis des Gesetzgebers für die bleibenden Lücken im System der Tarifautonomie. Übrigens ist das soziologisch gesehen sehr aufschlußreich, kann man daran doch ablesen, daß die Frage der Mindestsicherung letztenendes die gesamte politische Gemeinschaft betrifft und daß sie vor dieser Frage in letzter Instanz nicht fliehen kann. Wenn die Autonomie der Tarifvertragsparteien nicht zu einem im Hinblick auf ein menschenwürdiges Mindestniveau befriedigendes Ergebnis kommt, dann fällt das Problem der politischen Gemeinschaft bzw. den politischen Repräsentanten wieder in den Schoß, und das Institut der Allgemeinverbindlichkeitserklärung bringt diese Strukturproblematik zum Ausdruck. Wenn ich von der Stärke der deutschen Gewerkschaften gesprochen habe, dann meinte ich die hohe Deckungsrate des Tarifvertragssystems. Die Gewerkschaften haben bislang eben fast flächendeckend das Interesse der Mindestsicherung wahrgenommen, obwohl sie qua Mitgliedschaft mittlerweile nur eine Minderheit repräsentieren, was bei fortschreitendem Mitgliedschaftsschwund zunehmend Legitimationsprobleme aufwirft. In Frankreich ist eine Mindestlohngesetzgebung schon allein deswegen erforderlich, weil es dort kein ähnlich flächendeckendes Tarif-System wie in Deutschland gibt. Es gibt dort ja auch nicht nur eine Gewerkschaft pro Industriezweig, sondern gleich mehrere, eine christliche, eine kommunistische, eine sozialistische, etc.. Das ganze System ist weniger verrechtlicht als in Deutschland. Aber Sie haben recht, würde es die hohe Verrechtlichung des deutschen Systems nicht geben, dann könnten die Gewerkschaften gegenüber einzelnen Unternehmen eine größere Macht entfalten. Der höhere Organisationsgrad der Unternehmen in den Tarifverbänden im Vergleich zu den Arbeitnehmern ist ja auch Ausdruck des Umstands, daß die Mitgliedschaft eines Unternehmens in einem Arbeitgeberverband das Unternehmen davor schützt, daß es als Einzelunternehmen mit einer großen Gewerkschaft konfrontiert wird. Der Vorteil des deutschen Systems ist die hohe Verbindlichkeit für alle und die geregelte Weise der Aushandlung des Interessengegensatzes zwischen Kapital und Arbeit, wodurch eine enorme Begrenzung von Produktionsausfällen infolge von Streiks erreicht wird. Das ist zweifellos ein Baustein dafür, daß in Deutschland die Arbeitsproduktivität in der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg im Vergleich zu anderen Industrienationen so stark gestiegen ist und im Durchschnitt deutlich höher ist als in den USA. (Um so unverständlicher, daß man in Deutschland sich arbeitsmarktpolitisch zuweilen an den USA orientiert.) Ich halte daher die Hoffnungen, die Sie in die gewerkschaftlichen Strukturen Frankreichs und anderer Länder setzen, in denen gesetzliche Mindestlöhne eine größere Rolle spielen (in den USA ja ebenfalls), für unberechtigt.
" Dies gilt allerdings auch für Berufe des ersten Arbeitsmarktes, bei denen im klassischen Marx'schen Sinn keine Wertschöpfung stattfindet, z.B. im sozialen Bereich (Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und viele andere öffentliche Einrichtungen), die sich allerdings kaum weiter rationalisieren lassen und hier liegt m.E. die Gefahr, denn gerade in diesen Bereichen sollen nun verstärkt Ein-Euro-Jobs geschaffen werden. Ich denke, dies sollte man im Hinblick auf den ersten Arbeitsmarkt im Auge behalten. "
Die Schaffung von Ein-Euro-Jobs erfolgt aber auch mit Druckmitteln. Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger oder Arbeitslosengeld II - Empfänger, die keine Arbeit finden, werden ja in diese Jobs bei Androhung von Leistungsentzug hineingedrängt. Das ist etwas ganz anderes als unter Bedingungen eines Grundeinkommens. Das möchte ich doch mal festhalten und verstehe es daher nicht, warum Sie mir das vorhalten.
"Es gibt auf dem ersten Arbeitsmarkt durchaus Berufe, in denen nicht weiter rationalisiert werden kann und wo Hartz IV durchaus fatale Folgen nach sich ziehen kann. "
Schon richtig. Aber darum ging es in unserer Kontroverse doch auch nicht. Es ging nach meinem Verständnis um die Frage, inwiefern zusätzlich zu einem Grundeinkommen eine Mindestlohnpolitik zwingend erforderlich ist.
Mit freundlichen Grüßen Manuel Franzmann
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