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Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"
* 14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs". *
Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des "Netzwerk Grundeinkommen", Näheres: http://Grundeinkommen.INFO . Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste, Näheres: http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen.
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Autor |
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Vossp Flickflack
Beiträge: 123
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Erstellt: 09.05.05, 17:30 Betreff: Re: Spaß an der Arbeit |
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Sehr geehrter Herr Dilthey,
auch Ihre Erwiderung ergibt wieder gute Möglichkeiten, noch tiefer in die Frage der Sicherheit der Grundlagen einzudringen.
Als erstes möchte ich unterstreichen, dass ich hier nicht kritisiere, weil ich gegen ein gutes System bin. Nur möchte ich gerne dazu beitragen, dass z.B. Ihr Versuch seine für mich offensichtlichen Schwachstellen zu einem besseren Ende geführt werden kann, auf dass er fruchtbar werde.
Ich gehe mit dieser Kritik quer in unsere bisherige Diskussion rein.
Es ist richtig, dass das Folk der verfassungsmässige Souverän ist. Dieser Souverän stellt sozusagen den Staat ein, auf dass alle Grundaussagen der Verfassung ins Rechte gesetzt werden. Dies ist keine alterthümelnde Formulierung, sondern der Auftrag für Recht und Ordnung zu sorgen, d.w.s. auch darauf, dass gegebene Rechte gesichert und, wenn notwendig, langsam abgeändert werden. Die gegebenen Rechte sind besonders die Eigentumsrechte. An denen kann man nur ganz schwach rütteln. Auch wenn die nur eine Splittsekunde lang existieren, dann sind sie gesichert. Anders ist es mit den Rechten des Souveräns: der muss zurücktreten. Und dieser Souverän, wer ist das? - Das sind wir, die Bürger.
Der Staat hat also irgendwie eine dobbelte Erscheinungsform, einmal die des Souveräns, der zurücktreten muss vor den Rechten des Bürgers und zum anderen jedoch auch Besitzer seiner selber ist und in dieser Form sein Eigentum und die Rechte seiner Bürger gegen den Souverän: das Folk verteidigt.
Dieser Staat ist die Verwaltung, die ich fast hauptsächlich als solche bezeichnete, und nicht die Firmenverwaltung, die Sie in Ihrer Antwort als "die Verwaltung" vorraussetzen.
Die Verwaltung in Form von Staat, Land, Kreis und Gemeinde haben entgegen Ihrer Vorstellung doch sehr grossen Einfluss auf die Volkswirtschaft. Zum ersten nehmen Sie die Verwaltung der öffentlichen Begebenheiten und Liegenschaften vor, die sowohl Besitz, wie Umsatzvermögen als auch, wenn wir uns jetzt auf Wirtschaft einschränken, die Versorgung der eigenen Mitarbeiter und die der Bevölkerung durch die Erhebung von Steuern zu sichern hat.
Die Versorgung ist ein sehr breites Feld, die sich von Nahrungsmitteln, der Infrastruktur, der Zukunftssicherung bis hin zu verschiedensten Formen der Versorgung des Einzelnen mit Geld, Lebens- und Altersicherung beschäftigt. Und jede dieser Verrichtungen der öffentlichen Hand wirft Geld, wirft Kaufkraft ab.
Kaufkraft dürfte wohl irgendwie die Schmierstoff der Wirtschaft ab. So eine Wirtschaft wird wie beim Selbstversorger auf wenigen ha Land einer Autarkie gleichen, die etwas mit der Aussenwelt zu tun hat. Der Selbstversorger muss, um einen Gebrauchtwagen zu kaufen wahrscheinlich mit einer oder zwei Kühen bezahlen, und das Benzin mit einer Schweine-seite hin und wieder. Ansonsten lebt er bescheiden und passend zu seinen Wünschen mit dem Leben. So hängt unsere Volkswirtschaft wohl auch mit der Globalwirtschaft zusammen.
Das was wir von Aussen her einnehmen, kann in Mehrvergnügen im Inneren eingesetzt werden. Dass wir unsere Einnahmen nicht horten, sondern dass sie als Schmierstoff in den Umlauf gebracht werden, und zwar so häufig wie möglich in einer Zeitspanne (oftestens auf ein Jahr bezogen), erhebt der Staat Steuern, so dass wir, in einigen Staaten, uns nicht um die Altersversorgung zu kümmern brauchen und, in allen Staaten, Geld an für das Gemeinwesen günstigen Punkten wieder in den Umlauf bringen. auf dass wieder Kaufkraft entsteht. Dies war eine kurze, vielleicht auch primitive Darstellung, die es uns aber möglich macht, das Wesentlichste deutlich und natürlich zu sehen.
Sie meinen, es solle keine Steuer von den Löhnen abgeschöpft werden. In meiner Antwort hatte ich schäbigerweise nach der Arbeit des Friseurs, des Auftragsvermittler u.a. im Servicesektor gefragt . Sie springen ins Ziel; sie sagen, dass Steuern nur auf Rechnungen, also Umsatz erhoben werden soll/darf(?). Die Arbeit des Friseurs und andere Serviceleistungen sind wir Lohnarbeit kein Hobby, sondern führen zur Rechnungsstellung, nach Abschluss der ausgeführten Arbeit, evtl auch unterwegens als Abschlagzahlungen. Entsprechen muss man den Lohn eines Arbeiters und eines Angestellten als Bezahlung/Abschlagzahlung für eine unterverstandene Inrechnungstellung verstehen, weil die Arbeit des Einzelnen, sei er Friseur oder Arbeiter, sein Produkt ist. Schriebe ich diesen Artikel für eine Zeitung, dann wäre er ein Produkt, für das ich Bezahlung erhalt - nun erhalte ich keine Bezahlung, weil ich es als Hobby betrachte. Es ist eine Beschäftigung, die ich mir leisten kann, weil ich vom Staat versorgt werde. Diese Beschäftigung kann ohne Wirkung oder von Wirkung sein; im letztgenannten Fall wäre es dann sogar Leistung. Aber das wäre es auch, wenn ich Kartoffeln lege, die mich später befähigen zu sparen, um für das gesparte Geld dann etwas anderes kaufen zu können. Diese Betrachtungen seien die kurzen darüber, dass nicht nur erstens Arbeit und Leistung Vorraussetzungen für "Lohn" sein müssen sondern auch Beschäftigung, dass aber zweitens entlohnte Arbeit immer auch als Steuereinnahmepunkt angesehen werden kann und muss.
Hier ist der Punkt gekommen, wo ich Ihre irgendwelchen Randbedingungen in einem Entweder-Oder-Kontinuum (EOK)mit einem Sowohl als Auch-Rand (SAR) zu erstatten habe.
Ein EOK gibt es nicht in der Form, dass eine Form von Steuer alles zu tragen habe. Auf die Möglichkeiten der Umgehung von MwSt durch den Verbraucher habe ich hingewiesen. Es gilt auch noch klarzustellen in der Verbindung mit ihren Bemerkungen zum Kauf im Ausland, dass Exporte nicht im Exportland mit MwSt belegt wird. Wenn dann auch noch Import-MwSt gegengerechnet wird, ist aus dem Aussenhandelsbereich nicht viel Steueraufkommen zu holen.
Die Folge wird sein, dass man mit einem SAR antreten muss, so dass die Summe von zwei oder mehreren Steuerformen, die sich unter verschiedenem Einfluss entgegengesetzt entwickeln würden, die nötigen Steuereinnahmen sichern für ein BGE oder - alternierend hierzu - die Alimentation der Angestellten im öffentlichen Verwaltungsapparat. Es ist ja offensichtlich, dass der öffentliche Verwaltungsapparat und auch viele Arbeiten, die von ihm vergeben werden, dazu dienen sollen, dass die Zahl der Arbeitslosen begrenzt wird und dass kein Lohn für private Beschäftigung, sondern nur für Arbeit, die ganz eindeutig für Andere ausgeführt wird, gezahlt werden soll - was ja dann die Argumentation zurückführt zu ihrem Argument, dass nur besteuert werden kann, was auch gekauft wird, in diesen Fällen also Arbeitskraft.
Zusammen mit dem Aussenhandel und den besteuerbaren Gewinnen der Unternehmen könnte man auch die Fragen der Steueroasen abhandeln.
Sie schreiben zu Recht, dass ein Unternehmen über den Automatisierungsgrad seinen Gewinn weitgehend selbst bestimmen kann. Andere Möglichkeiten der Gewinnsteuerung - oder mit einen anderen Wort: Steuerplanung - sind die Wahl der Abschreibungen per Wahl der Tätigkeit (z.B. Forschung (EU-gestüzte) mit überproportionaler Abschreibungund der Ausgaben oder (hier kenne ich dass deutsche Wort nicht, weshalb ich den Vorgang zu beschreiben versuche) durch Abbuchung von Werten, (etwa einer Anlage zum Anschaf-fungswerte 100 Mill auf 10 Mill, weil die Anlage nur dann einen positiven CashFlow herbeischaffen kann). Das Verrechnen mit zu hohen Einkaufspreisen und zu kleinen Verkaufspreisen innerhalb eines Konzernverbundes ist auch eine Möglichkeit. Betrügerischen Aus- und Wiedereinfuhren, wie sie ehedem bei der Norddeutschen Butterzentrale stattgefunden hatten ist eine andere. Man kan ja in die Statistik sehen und bemerken wie klein das Steueraufkommen auf Firmengewinne ist.
Wenn man Firmen als wesentliche Steuerquelle heranziehen will, dann muss das auf planbare und nicht umgehbare Basis gestellt werden, wo Tüchtigkeit auch noch belohnt werden könnte. Ich möchte den Vergleich zwischen der Unumgehbarkeit, a) Zinsen und Abträge an die Banken bezahlen zu müssen und b) Steuern auf den Firmenumsatz zu bezahlen. (Dann könnne wir gewöhnlichen Anderen immer noch MwSt bezahlen.) Dann wäre man als Firma gezwungen immer die Steuer mit einzurechnen, weil man wüsste, dass an jedem 3. des nächsen Monats z. B. 10 Prozent vom Umsatz ohne Abzüge zu bezahlen wären. Dann erübrigte sich auch der Griff nach den Steueroasen bezüglich der Firmen, nicht jedoch wegen der privaten Vermögen.
Auch Sie müssen sich fragen, welche Wirkungen die Steueroasen auf die Besteuerung grosser Vermögen und durch deren Nichtbesteuerung diese auf das Steuerniveau aller anderen haben.
Wenn man diese Frage ganz cool betrachtet und mit der Rechtesicherung des Staats insbesondere aus der Tradition heraus (Staat gleich Adel (=später die grossen Industrien) gleich die vermögenden Klassen) für die privaten Vermögen in einen Topf wirft, dann ist es doch schon fast einleuchtend, dass die Staaten in ihrer Mehrzahl und die grossen Vermögen insgeheim an der Aufrechterhaltung von Steueroasen zwecks der Begründung von Steuersenkungen für die Industrie und die grossen Vermögen zusammenarbeiten, was natürlich immer als "wilde Spekulation" abgewiesen werden wird. Wenn ich zum grossen Kapital gehörte, dann würde ich auch für die Beibehaltund von Steueroasen kämpfen und gute Argumente hierfür von Think-Tanks ausdenken lassen und gleichzeitig würde ich mir die Wahl von geeigneten Politikern etwas kosten lassen.
Aber ich habe ein entgegengesetztes Interesse: ich möchte einen möglichst hohen Beitrag in Form eines BGE oder einer Rente haben und gerne mehr und teurer einkaufen können. Deshalb will ich gerne haben, dass andere, die etwas oder viel erübrigen können, ein Steueraufkommen, dem sie nicht entgehen können, erbringen müssen.
Und da ist nun einmal der Lohn besonders geeignet und angebracht. Bei Firmen ist der Gewinn nicht besonders gut als Bemessungsgrundlage geeignet, deshalb ein geeigneter fester Steuersatz vom Umsatz. Bei Banken würde man auf bedeutende Probleme stossen, weil die unter ihrem Gesamtumsatz auch Fremdumsatz verwalten; dass Problem wäre klein, wenn die Banken offenlegen müssten und wenn man Kontrolle über die Steueroasen hätte oder es keine gäbe. Der Besitz von Land und anderen Immobilien eignet sich auch hervorragend mit positiven Begleiterscheinungen für die Besteuerung (entgegen steht der Rechteschutz des Staates).
Was nur die Beschäftigung angeht, da können wir anderenorts im Forum den Brief des IT-experten Stier aus Kanada lesen, was nur bestätigt, was Edward Luttwak in seinem Buch "Turbocapitalismen" (London 1998) bezüglich der Löhne und der Jobsicherheit von etwas gedienten IT-Fachleuten schrieb, nämlich dass es schon auf kurze Sicht selbst für die Kernabeitskräfte des Informationszeitalters weder hohe Arbeitslöhne oder Jobsicherheit geben werde.
Es deutet also vieles darauf hin, dass die Arbeit aller durch die Automatisierung und durch (erzwungen) fehlgeleitete Berufswahl immer billig bleiben wird, und dass mehr und mehr Arbeit von stundenweise Beschäftigten durchgeführt werden wird, dass weiterhin die wenigen relativ sicheren Jobs durch grossen Zulauf in ihrer Lohnhöhe gedrückt werden.
Gleichzeitig deutet eben so vieles auf die Entwicklung immer neuer, besserer Produkte, die schmale Bedarfsnischen ausfüllen bzw der Arbeitserleichterung bzw. deren Abschaffung und deshalb zu hohen Preisen abgesetzt werden können. In einer Welt mit stetig mehr Menschen und Firmen mit Kaufkraft bedeutet das auf Jahre hinaus noch relativ gesicherte Einkommen und Firmengewinne. (Ich habe im letzten Jahrzehnt mehrere Produkte/Firmen entworfen, wo meine Zielvorstellung jeweils war, dass der Mindestumsatz per Mitarbeiter über 1.5 Mill ? liegen müsse, und diese Vorstellung habe ich noch weit daüber hinaus verbessern können.)
Das Problem ist die entstehende Unsicherheit, das Auf und Ab von Einkommen, das auf die Nerven und an die Fertilität und Gesundheit geht und dass alles zusammen keine Planbarkeit durch den Eizelnen und die Familien mehr zulässt, aber dass es der öffenlichen Hand auch nicht besser geht ist jedem ersichtlich dadurch, dass man versucht Leistungen und zukünftige Forderungen abzubauen. - Das der neue Verfassungvertrag der EU-Staaten dann auch noch den Sozialstaat per Monetarismus und den Freien Markt , aber ohne niedergeschriebende, wirkliche soziale Absicherung mit supplierender Unsicherheit für die breiten Massen aufwartet, ist dem BGE nicht gerade zuträglich und dem allgemeinen Gefühl eines Gesichertseins auch nicht. Aber diese letzten Gedanken gehøren nicht direkt zu unserer Diskussion.
Bevor ich für heute abschliesse, möchte ich den Begriff der Natürlichkeit des Wirtschaftsleben/-systems in Frage stellen. Smith, Gesell und Marx haben jeder ihren Natürlichkeitsbegriff. Nur, dort wo der Mensch waltet, gibt es keine Natürlichkeit, denn alles muss irgendwie Konstrukt sein, und alles muss auch Folge von Konstrukten sein. Nur die Bodenschätze und was die Natur uns klaut oder schenkt, wobei ich die Kultur (des Ackerbodens z.B). ausnehme und was unsere unbewussten Seiten des Auch-Tierseins uns bescheren will ich zur Natur zählen - aber kein so hochartifizielles Gebilde wie das Wirtschaftsleben.
Insgesamt hoffe ich mit dieser bis jetzt nur teilweisen Antwort schon deutlich gemacht zu haben, dass Einiges an Ihrem Konzept verbessert werden muss, auf dass es wirklich schlüssig werden kann. Sie werden sicher nicht mit mir übereinstimmen, aber lassen Sie uns ruhig fortsetzen mit der Diskussion: ich glaube sie lohnt sich für uns beide.
Freundlicher Gruss / Peter Voss
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