Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"

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14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs".
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Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen
zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des
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Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste,
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Das FORUM ist z.Zt. versuchsweise ÖFFENTLICH geschaltet.
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Dies und das

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Autor Beitrag
Silas Bernd

Beiträge: 115
Ort: Osnabrück


New PostErstellt: 11.06.05, 18:25  Betreff: Einwände ggn 'Fallmanager' und Industrie  drucken  weiterempfehlen

@Tobias Teetz

>Fallmanager im Arbeitsamt...

"man kann dieses bürokratische System auf verschiedene Weise Kenn-
zeichnen." (RH, S.96). "Bürokratismus kann man als Methode definie-
ren, bei der a) Menschen wie Dinge verwaltet werden und b) Dinge
nach quantitativen statt qualitativen Gesichtspunkten behandelt
werden, um die Quantifizierung und Kontrolle zu erleichtern und
zu verbilligen" (HS, S.177). "Personen sind 'Fälle',... . Stets
handelt es sich um Fälle, die sich auf Lochkarten festhalten lassen
und die damit all jene individuellen Züge verlieren, die den Unter-
schied ausmachen zwischen einer 'Person' und einem 'Fall'.
Unsere bürokratische Methode entzieht sich der Verantwortung in dem
Sinn, daß sie für die Nöte, Ansichten und Bedürfnisse des einzelnen
keine 'Antwort' findet. Durch diese mangelnde Verantwortungsbereit-
schaft macht sie den Menschen, sobald er 'Objekt' der Bürokratie
wird, zu einem Fall. Für einen 'Fall' aber kann man keine Antwort
finden, das kann man nur für eine Person." (RH, S.96)

>Die Automatisierung und die Industrie sind nun wesentliche
>Bestandteile um Bürger in unserem Land aber auch in anderen
>Ländern ausreichend mit Gütern des täglichen Bedarfs und
>Nahrungsmitteln zu versorgen. Diese Industrien werden auch
>zukünftig benötigt, damit nicht Bürger in vollständige Hilf-
>losigkeit zurückzufallen.

Hilflos, das heißt auf das funktionieren von Maschinen angewiesen,
sind Menschen, indem und soweit sie sich der industriellen Produk-
tionsweise hingeben. Selbst eine weitreichende Rückbesinnung auf
das Handwerk als Lieferant von Produkten führt aber zu keinster
Mittellosigkeit, geschweige denn zu irgend einer Hilflosigkeit.

>An einen Zusammenbruch dieser Industrien und der Arbeitsplätze
>durch ein Grundeinkommen glaube ich nicht.

Nein, natürlich gibt es ausreichend Gründe für den Zusammenbruch
unserer Industrien. Ein Grundeinkommen könnte da auch einen guten
Südenbock hergeben.

>Ein äußerst hohes Grundeinkommen könnte natürlich negative Folgen
>für die Arbeitsplätze und Arbeitsmotivation in der Industrie haben.

Die Arbeitsmotivation der in den Industrie Beschäftigten geht aus
mehreren Gründen gegen null; die Atomisierung des Arbeitsprozesses
(RH, S.40), die Sinnlosigkeit des dort Geschaffenen, das offenbar
niemand benötigt oder auch nur besitzen will, das nur mittels hypno-
seähnlicher Methoden der Gehirnwäsche (HS, S.171...) noch unterge-
bracht werden kann, die totale und vernichtende Ausbeutung der Natur
durch die Industrie (dies im Gegensatz zu landwirtschaftlich- hand-
werklichen Produktionsmethoden (HS, S.140)).

>Produkte und Güter erhöhen die menschliche Lebensfreude und
>sind zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse notwendig.

Ich zumindest hoffe, das
1. die Menschen sich zukünftig, also mit einem BGE, wieder einander
zuwenden, das die Geisteswissenschaften, eine neue Wissenschaft vom
Menschen, die Vorherrschaft der Naturwissenschaft verdrängt und ablöst
(HS, S.167), das nicht mehr der Besitz, in welcher Form auch immer,
und die Macht, insbesondere über andere Menschen, und doch nur "freud-
loses Vergnügen" den Menschen verkrüppeln. und
2. jene Endprodukte, die wir zu unserem Leben benötigen (und andere
sollte es nicht geben, solange Menschen hungern) nicht aus industri-
eller Produktion stammen, und wir letztere nur verwenden, um an ebenso
erforderliche Werkzeuge zu gelangen. Langfristig werden wir erkennen,
das die Landwirtschaft nur ohne 'zu Hilfe nahme' der Industrie, einer
maximalen Zahl von Menschen, die zugleich hier auf der Erde leben, das
für ihr Da- und für ihr Sosein als Menschen Erforderliche garantiert.

MfG
b

RH = Erich Fromm; Die Revolution der Hoffnung, Klett-Cotta-TB, 1968,'81.
HS = ders. ; Haben oder Sein, dtv, 1979,'83

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Günter Koch

Beiträge: 169
Ort: Erlangen


New PostErstellt: 11.06.05, 18:31  Betreff: Re:  drucken  weiterempfehlen

"Silas Bernd" <@carookee.com> schrieb:
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Silas Bernd

Beiträge: 115
Ort: Osnabrück


New PostErstellt: 11.06.05, 18:41  Betreff:  Re: Dies und das  drucken  weiterempfehlen

Jo! - Günnä!,
hann ich daahn.

Wo ich grad dabei bin: doch noch bissl Tex:

Unsere heutige Gesellschaft, mit ihrem HatzIV gleicht einem
schwer kranken Menschen, der, dringend auf ein Transplantati-
onsorgan wartend, in seiner Angst vor dem Versagen der ihn am
Leben haltenden Maschinen oder einer Weigerung der diese Be-
dienenden, feststellt, wie notwendig unser System der Nötigung
zur Arbeit sei, dabei übersehend, wie einfach sein Leid, seine Ab-
hängigkeit überwunden wäre in einer Gesellschaft, die das Prin-
zip des Schenkens etablierte.

gaans liebe Grüße -
Bernd

und; 'unserem' Unfallopfer die baldige Genesung!!


[editiert: 11.06.05, 18:43 von Silas Bernd]
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Tobias Teetz

Beiträge: 97
Ort: Berlin


New PostErstellt: 13.06.05, 21:16  Betreff: Re: Dies und das  drucken  weiterempfehlen

Hallo Peter Scharl,

ich hatte die Tabellen mit StarOffice7 erstellt und dabei vergessen diese im Exel-Format abzuspeichern.
Mit dem StarOffice Tabellenkalkulationsprogramm wären sie aber lesbar.
Danke für den Hinweis, ich werde die Arbeiten an dem Tabellenmaterial weiter forcieren (auch für Schätzungen um 2003) und zukünftig in Excel abspeichern.

Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

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Silas Bernd

Beiträge: 115
Ort: Osnabrück


New PostErstellt: 14.06.05, 19:31  Betreff: Gefahren, Aufgaben, und eine Chance  drucken  weiterempfehlen

Die Gefahren, die unserer Gesellschaft und damit der in ihr Lebenden,
uns, drohen, können in zwei Punkte zusammengefasst werden. Diese sind
ihr Festhalten an Verhaltenweisen, die unserem Dasein als Tiere ent-
stammen sowie ihre Überbetonung von Naturwissenschaften und Technik.
Deren Merkmale sind aus erstem die Konkurrenz und aus letztem die
Konzentration auf die Macht.

Aus dem Umfang der Konkurrenz, welchem die Menschen sich ausgesetzt
sehen, erwächst ihre Angst, wesentlich davor, zum Aussenseiter zu wer-
den (S.104), mit der Folge entsprechender Angepasstheit, welche ihren
Ausdruck findet in der Ausbildnug eines "Marketing-Charakter", im dem
"der einzelne sich selbst als Ware und den eigenen Wert nicht [einmal
mehr] als Gebrauchswert, sondern als Tauschwert erlebt." (S.141, Ein-
fügung von mir).
Eine weitere Folge ist die Jagd nach Wissen, darüber, wie man sich am
besten präsentiert, attraktiv erscheint und natürlich auch um seinen
Gebrauchswert zu steigern.
Zugleich aber, da diese Lebensweise nicht unseren wahren Bedürfnissen
entspricht, die sich aus ihr ergebenden Zwänge deren Befriedigung aber
verhindern, entsteht ein übersteigerter Wunsch nach Zerstreuung und
Vergnügen. Unsere Kompensationsversuche sind "ein Ausdruck der Ruhe-
losigkeit und der inneren Flucht vor sich selbst" und unser Konsum
ist "nur ein Mittel(), um sich davor zu schützen, sich selbst oder
anderen nahe zu sein". (S.170)

Naturwissenschaften und Technik werden als den Geisteswissenschaften,
besonders der Religion überlegen wahrgenommen, weil und insoweit ihre
Erfolge greifbar sind. Die Tradierung eines angeborenen Instinktes zu
Haben, zu Besitzen, begünstigt unsere Orientierung an der Macht. An
den Erfolgen technischer Naturbeherrschung können Menschen partizipie-
ren, auch ohne die Wege zu verstehen, sie können Konsumieren, und da-
bei in Passivität verbleiben.
Passivität muß als mit Knechtschaft, gar Krankheit verbunden angesehen
werden (S.94), und diese, den Forderungen des Mensch-seins zuwiderlau-
fenden, Tendenzen erzeugen weitreichende Verdängungsmechanismen, die
unser Bild von der Wirklichkeit verfälschen.
Das Mittel zur Verdängung des Bewußtseins unseres Leides ist der Konsum
von Dingen. Diesem Mittel eignen nun aber zwei, sich verstärkende Neben-
wirkungen;
zum einen belässt es die Konsumenten in Passivität (selbst die Hervor-
bringung des Mittels verlangt eher Geschäftigkeit als Aktivität), und
zum anderen, denn schon hier versagt das Mittel den Zweck, führt die
Empfindung wachsender Leere zu wachsender Abhängigkeit vom Mittel, von
den zur Produktion desselben erforderlichen Strukturen und von der Aus-
beutung der natürlichen Resourcen.
Die fortgeschrittene Bürgergesellschaft hat die Maschine zur Gottheit
erhoben, und wähnt sich schon selbst als Gott. "Entscheidend ist, daß
sich der Mensch im Augenblick seiner größten _Ohnmacht_ einbildet, dank
seiner wissenschaftlichen und technischen Fortschritte _allmächtig_ zu
sein." (S.147)
____

"Zum ersten Mal im Leben des Menschen auf der Erde wird er aufgefordert,
... seine wirtschaftliche und technologische Entwicklung zu bremsen..."
(S.156) Unser Problem besteht nicht in mangelnder Produktion, welcher wir
mit einer Ausweitung von Naturwissenschaft und Technik begegnen könnten,
sondern im Mangel an Bereitschaft zu Teilen, zu Selbstbescheidung.

Unsere Aufgabe besteht darin, jenem Wahn, die Belange einer Wirtschaft,
der die Frage nach dem Grunde des Treibens gleichgültig ist (S.90), über
alles zu stellen, entgegen, die menschliche Qualität eines Liebens jen-
seits der bloßen Nachwuchspflege, als für den Fortbestand unserer Gesell-
schaft unverzichtbar zu vermitteln.
Wir dürfen "Wirtschaftlichkeit nicht zum Fetisch erheben" (S.179)
"Wirtschaft-als-Lebensinhalt ist eine tödliche Krankheit,... Das Wirt-
schaft nicht Lebensinhalt sein _darf_, ist uns von allen großen Lehrern
gesagt worden; das sie es nicht sein _kann_, zeigt sich heute. (S.158)
Erforderlich ist eine "radikale Änderung des Wirtschaftssystems", das
uns zwingt "die Industrie durch krankhaft übersteigerten Konsum auf
Touren zu halten" und das "nur um den Preis kranker Menschen möglich
ist" (S.168..).
"Die Arbeit des Bauern wie auch des Handwerkers war kein feindseliger,
ausbeuterischer Angriff auf die Natur. Sie war eine Form der Zusammen-
arbeit mit ihr; keine Vergewaltigung, sondern eine Umgestaltung der Na-
tur in Einklang mit ihren Grenzen" (S.140). Solche eigentliche, ursprüng-
liche Form der Aktivität, in welcher der Mensch sich als Subjekt seines
Handelns erlebt, ist zugleich ein "Prozeß des Gebärens" (S.91). Dieses
Gebären aber gehört zum Prinzip einer mütterlichen, dh. im Gegensatz zur
väterlichen, unverlierbaren Liebe (S.140). In der nicht entfremdeten
Tätigkeit erfährt der Mensch Freiheit, "die freie, bewußte Tätigkeit"
entspreche dem "Gattungscharakter des Menschen" und für Marx bedeutete
der Kampf zwischen Kapital und Arbeit nichts weniger, als den Kampf
zwischen Tod und Leben, Vergangenheit und Zukunft (S.94..).

In der Existenzweise des Habens wird der Akt des Ungehorsam durch er-
neute Unterwerfung und damit durch die Wiederherstellung des hierar-
chischen Verhältnis, gesühnt. Die Existenzweise des Seins begegnet
ungeeignetem Verhalten mit dem heilenden Akt eines Liebens im Sinne
eines wieder-Eins-werdens, einer Erlösung aus der Einsamkeit, dem Ge-
trenntsein, eben der Entfremdung, in der wir uns befinden (S.121..).
Aus ihr ergibt sich die Gleichheit der Menschen voreinander.
Das Verschwinden der Instinktbestimmt- und auch -geborgenheit trennte
uns von der Natur. Spätestens mit der Erkenntnis der Kugelgestalt der
Erde müssen wir auf die Überwindung dieser Trennung hinwirken.
Das Haben gehört noch zu unserem 'Tiersein', wird uns also die ursprüng-
liche Geborgenheit nicht zurückbringen können. "Um unsere Ernergien in
eine Richtung zu lenken, um unsere isolierte Existenz mit all ihren
Zweifeln und Unsicherheiten zu transzendieren und um ... dem Leben ei-
nen Sinn zu geben" bedürfen wir eines "Objekt totaler Hingabe" (S.133).

Die Überlebenschance unserer Gesellschaft hängt an der Frage, "ob uns eine
solche Umorientierung vom Vorrang der Naturwissenschaft auf eine neue So-
zialwissenschaft glücken wird". Diese notwendige Umorientierung hat zur
Voraussetzung, das hochmotivierte, fähigen Menschen ihr Tätigsein in den
Dienst einer neuen humanistischen Wissenschaft stellen, deren wesentliche
Aufgabe zunächst darin besteht, ein Bewußtsein für den Umfang der Probleme
zu schaffen (S.166..).
Die Forderung des bedingungslosen Grundeinkommen ist die nach einem "be-
dingungslosen Recht, nicht zu hungern und nicht obdachlos zu sein", und
sie gründet darauf, "das der Mensch das uneingeschränkte Recht zu leben
hat, ob er seine 'Pflicht gegenüber der Gesellschaft' erfüllt oder nicht."
(S.181) Die Installation solchen Gundeinkommens hätte "eine völlig andere
Einstellung zur Arbeit" zur Folge, mit der "nicht mehr der materielle Ge-
winn den Ausschlag gibt, sondern andere psychische Befriedigungen als Mo-
tivation wirksam werden können." (S.166)
"Nur eine von Grund auf veränderte sozio-ökonomische Struktur und ein
völlig anderes Bild der menschlichen Natur können zeigen, daß Bestechung
nicht die einzige (oder die beste) Möglichkeit ist, um Menschen zu beein-
flussen. (S.106)
Der Gedanke an ein bedingungsloses Grundeinkommen, das dabei vermutlich
überhaupt keine zusätzlichen Kosten erzeugt, "wird all jenen undurchführ-
bar oder gefährlich erscheinen, die überzeugt sind, daß 'Menschen von
Natur aus faul' sind." (S.182)
____

Die Chance zur Durchsetzung eines, der Achtung der Würde des Menschen
geschuldeten, bedingungslosen Grundeinkommen, als eines wichtigen Teiles
der unabdingbar geforderten Umgestaltung unserer Gesellschaft, besteht
wesentlich in dem den Menschen eigenen "Verlangen, ein Gefühl des Eins-
seins mit andern zu erleben". Dieses "wurzelt in den Existenzbedingun-
gen der Spezies Mensch und stellt eine der stärksten Antriebskräfte
des menschlichen Verhaltens dar." (S.104)
Wenn wir sagen, daß der Mensch zum Menschen erst durch den Menschen werde,
so sagen wir damit auch, daß der Mensch das Ergebnis eines Altruismus ist;
Es ist eben ein _anderes_ Mittel, mit dem der Mensch die Evolution fort-
setzt. Das die natürliche Entwicklung übersteigende ist Kultur. Kultur
aber ist die Tradierung erworbenen, dh. nicht allgemein menschlichen, in
allen vorhandenen, Wissens, und sie hat die Teilung der Arbeit notwendig
zur Folge. Mit der Teilung der Arbeit sind wir aber aufeinander angewie-
sen. Arbeitsteilung erzeugt Solidarität und "als Hauptquelle der sozialen
Solidarität () wird sie gleichzeitig zur Basis moralischer Ordnung" (Emil
Durkheim; Über die Teilung der sozialen Arbeit).
Für unser Anliegen der Einrichtung des Grundeinkommen steht dieser Soli-
darität wesentlich die materielle Ungleichheit als eine Folge von Zwang,
und zunehmend auch als eine Folge von Gesetzlosigkeit, als Folge der Glo-
balisierung, entgegen. Der Reiche vermag sich mittels seines Besitzes am
Geld der gesellschaftlichen Verpflichtungen zu entledigen.

Die Empfindung eines Leides aus "dem Verlust von Eigentum und ökonomi-
scher Unabhängigkeit" (S.190), das die ArbeitnehmerInnen als in einem
Lohnverhältnis stehende, eben nicht mehr, wie noch vor der Industrie-
alisierung als selbständige Handwerker und Bauern, erfahren, kann viel-
leicht mit der religiösen Dimension der anstehenden gesellschaftlichen
Umorientierung gemindert werden; "Im neuen Testament wird mit Freude
belohnt, wer dem Haben entsagt, während Traurigkeit das Los desjenigen
ist, der an seinem Besitz festhält.." (S.116).
Tatsächlich war ja auch im Konzept des Sozialismus das Privateigentum
an Produktionsmitteln zu Gunsten eines gesellschaftlichen, aufgehoben.
Darauf, und damit auf die Macht über andere Menschen, können und sollen
wir also, zu Gunsten eines höheren Gutes, verzichten.
Worauf wir nicht werden verzichten können ist aber die Überwindung der
Entfremdung, die nicht zuerst mit der Industrialisierung, sondern mit
dem Zwang zu solcher Arbeit, eingezogen ist. Unter Entfremdung leidet,
vielleicht mehr noch als die Arbeitklasse, die Mittelschicht. "Heute
zieht die Vision einer neuen Gesellschaft alle diejenigen an, die an der
Entfremdung leiden, die abhängig beschäftigt sind und deren Eigentum
nicht auf dem Spiel steht, mit anderen Worten, die Mehrheit der Bevöl-
kerung, nicht bloß eine Minderheit." (S.191)

Wir müssen ein wachsen des Leidendruckes, besonders bei der hierfür em-
pfänglichen 'Intelligenz', als Chance begreifen. Denkende Menschen sind
eher bereit, sich die nahezu unüberwindbar erscheinenden Probleme bewußt
zu machen, sich in die Einsamkeit zu begeben, die sich aus dem Engagement
für neue, unbekannte Wege, ergibt.
Sache und immer noch auch der Begriff des 'bedingungsloses Grundeinkommen'
sind relativ neu, eine originäre Wortschöpfung, die noch wenig bekannt ist
und dies ist ein wesentlicher Grund der Ablehnung; ohne Zitate, eben dem
Gewohnten, fehlt vielen Menschen der Halt.

"Wollen wir zugleich das Heutige wachsam betreiben und das morgige
hellsichtig bereiten, dann müssen wir in uns selber und in den nach
uns kommenden Generationen eine Gabe ausbilden die als Aschenbrödel
und vorbestimmte Prinzessin in der Innerlichkeit der Menschen lebt."
Martin Buber, Elemente des Zwischenmenschlichen
________


liebe Grüße -
Bernd

Seitenabgaben zu: Erich Fromm; Haben oder Sein, dtv, 1976, 1983

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Tobias Teetz

Beiträge: 97
Ort: Berlin


New PostErstellt: 15.06.05, 20:43  Betreff: Re: Gefahren, Aufgaben, und eine Chance  drucken  weiterempfehlen

Lieber Bernd,

Zum Konflikt: Naturwissenschaft, Sozialwissenschaft, Religion.

Im alten Testament beginnt die "Ursünde" damit, dass Eva den Apfel vom Baum der Erkenntnis pflückt. Das göttliche Verbot diesen Baum nicht anzurühren wurde nicht beachtet.
Adam und Eva, die das Erkenntnisverbot überschritten hatten, wurden aus dem sorgenfreien Paradies vertrieben.

In der griechischen Mythologie beginnt die "Ursünde" des Prometheus (der die Menschen aus Lehm erschaffen hat) damit, dass er den Menschen das Feuer (Licht, aber von Menschenhand geschaffen, welches Wärme in der Dunkelheit gibt, die Dunkelheit der Nacht verscheucht, ein mythologisches Symbol von Erkenntnis, welches zu technischen Verfahren bei der Metallverarbeitung,führte und Maschinen und die gesamte Technik erst möglich gemacht hat). Durch das Feuer wurde die Technik und Bequemlichkeit vorangetrieben.
Auch der göttliche Prometheus übertrat in seiner Schenkungsfreude das göttliche Gebot von Zeus.
Ein gottähnlicher Mensch war nicht erwünscht.
Zur Strafe wurde er an einen Fels gebunden und ein Adler fraß ihm regelmäßig die nachwachsende Leber weg.

Es war das Ziel nahezu aller menschlichen Kulturen, der Technik und der Wissenschaft das Leben für die Mitmenschen glücklicher, schöner, vielfältiger, sorgenfreier, sicherer, länger, schmerzfreier, bequemer zu gestalten. Durch die Technik und die Maschinen sollte der Mensch von der Lebenszeit verringernden, mühsamen und gefährlichen Arbeit befreit werden. Das Ziel der Technik und Wissenschaft war es, paradisische Zustände für Menschen zu schaffen. Durch jede Sekunde, jede Stunde, jeden Tag, jede Woche, jeden Monat, jedes Jahr nähert sich der Mensch dem Alter und dem Tode. Lebenszeit, die nicht zum eigenen zukünftigen Glück und zum zukünftigen Lebensglück von uns geliebten Menschen genutzt wird, vermindert unser Wohlbefinden.
Arbeitslosigkeit, die verhindert, dass andere Menschen an der gesellschaftlichen Wohlstandsförderung beteiligt werden und sich nicht mehr eingebunden fühlen und die mit erheblicher Einkommensarmut einhergeht, ist für ein Gemeinwesen schädlich. Das Gefühl in einem Gemeinwesen überflüssig, nutzlos zu sein, ist für den Arbeitslosen halt schlimm.
In einer Vollbeschäftigungsgesellschaft, mit sinnvoller Arbeit, die der Wohlfahrt von anderen Menschen dient, bekamen Bürger die menschliche Anerkennung und dadurch eine Teilhabeberechtigung am gesellschaftlichen Wohlstand. Durch das (Arbeits-)Einkommen wird die Höhe der gesellschaftlichen Anerkennung geregelt.
Durch Technik, Rationalisierung von Produktionsabläufen, die globalen Handelsströme werden jedoch Arbeitnehmer von ihren alten Arbeitsplätzen verdrängt und in exsistentielle Nöte geworfen. Die Lebenszeit dient dann nicht mehr dazu, dass der Bürger seine Fähigkeiten zum Wohle des Gemeinwohls einsetzen kann und häufig aus seinem Sozialgefüge herausgerissen wird.
Der Maßstab für den Arbeitslohn und Leistungen für das Gemeinwesen ist verlorengegangen, da Maschinen und Automaten in Fabriken effektiver und schneller als Menschen geworden sind.
Erhebliche innergesellschaftliche Ungleichheit kann nicht Ziel eines Gemeinwesens sein, da durch den Mangel an sozialen und gesellschaftlichen Teilhabegerechtigkeit die Spannungen in der eigenen Gesellschaft zunehmen werden. Solche Spannungen können später auch zu nachteiligen Wechselwirkungen in zwischenstaatlichen Handelsbeziehungen führen. Nur durch eine gleichmäßigere innergesellschaftliche Wohlstandsentwicklung können auch globale Verbesserungen der Lebensverhältnisse möglich werden.

Technik kann vielleicht tatsächlich das menschliche Empfinden abstumpfen. Technik und Wissenschaft bergen unbestreitbar auch Gefahren für die Menschheit.
Die Fabrikbetreiber von dampfgetriebenen Webmaschinen (in beginnenden 19. Jahrhundert) in England kümmerten sich herzlich wenig um das Schicksal der arbeitslosen Handweber.
Auch in der Kriegstechnik wurden Verfahren entwickelt, damit Soldaten, Piloten, U-Bootkapitäne nicht mehr unmittelbar den zu tötenden Menschen in die Augen sehen mußten. Aus der Ferne etwas zu tun, ist einfacher.
Mit Atomraketen könnten Städte, Länder und möglicherweise das gesamte menschliche Leben dieses Planeten ausgelöscht werden.
Die Angst vor den Gefahren der Gentechnik ist vielschichtig. Anfang der Achtziger befürchteten Wissenschaftler, dass möglicherweise ein verändertes E-coli-Bakterium, E-coli ist das Arbeitstier aller Gentechniker aber auch im menschlichen Darm das wichtigste Bakterium, durch Unachtsamkeit ein Genlabor verlassen könnte. Aufgrund der sehr hohen Vermehrungsrate von Bakterien könnte sich solch ein Bakterium schnell alle Därme der Erdenbewohner verbreiten. Was passiert, wenn die bösartigen Folgen nicht sofort, sondern erst nach 1-5 Jahren zu Milliarden menschlichen Darmkrebsfällen führen ? Einer Latenzzeit ähnlich dem Aidsvirus, mit dem Unterschied, dass die Übertragungsart bei jedem Händeschütteln denkbar wäre.
Wer möchte dann noch dem anderen die Hand schütteln ?
Mit der Gentechnik könnten sich vielleicht zukünftig Intelligenzbestien züchten lassen, die tausendfach schneller lernen, denken können. Vielleicht müssen dann auch noch Unsterblichkeitsgene - die aber nur für einen ausgesuchten Kundenkreis in Frage kommen, weil die Erde begrenzt ist - gezüchtet werden ?
Wollen wir so etwas ?

Eine SF-Kurzschichte (vermutlich aus den 50ziger Jahren des 20 Jahrhunderts) von Ray Bradbury "Der Mörder" faßt die Stimmungslage eines Terroristen gegen Überkonsum, eines Mörders an elektronischen Gerätschaften (der Fernsehapparate erschoß, Radios zerstörte, Interkoms zerbiss und bei Meinungsumfragen des Armbandsenders:`Hier ist die Volksumfrage Nummer neun. Was haben sie heute zu Mittag gegessen ?` das Gerät zertrat ) wie folgt zusammen:
"Das braucht natürlich seine Zeit. Zuerst war alles herrlich. Allein die Vorstellung von diesen Dingen, von dem praktischen Nutzen, den sie brachten, schien wunderbar. Sie waren beinahe wie Spielsachen, mit denen man spielte, aber die Leute ließen sich allzu intensiv damit ein, sie trieben es zu weit, sie wurden abhängig von einer sozialen Verhaltensweise und konnten sich nicht wieder davon befreien und konnten nicht einmal mehr zugeben, dass sie sich verrannt hatten. So fanden sie irgendeine Erklärung für ihre schwachen Nerven wie für alles andere. `Unsere moderne Zeit`, sagten sie. `Die Umstände`, sagten sie. `Die ständige Anspannung`, sagten sie...."

Ob unsere Form von Wirtschaftswachstum, unsere Form von Konsumsteigerung, unsere Form der Einkommensverteilung nicht auch negative Folgen für unser Gemeinwesen und die religiösen Wurzeln dieses Gemeinwesens haben kann ?

Erhält ein Bürger kein oder nur ein sehr geringes Einkommen, suchte er nach anderen Arbeitsmöglichkeiten.
Die Höhe des Einkommens war in der früheren Arbeitsgesellschaft abhängig von dem Erfolg der Arbeitsleistung in bezug darauf, die Bedürfnisse der anderen Menschen zu erfüllen. Die Unternehmer machten sich Gedanken, welche Bedürfnisse vorrangig für die Gesellschaft zu erfüllen sind. Ein Unternehmer mußte also Mitarbeiter und zukünftige Kunden vom Vorteil seiner Güter und Dienstleistungen überzeugen. Nur wenn diese Überzeugungsarbeit positiv verlief war ein Unternehmen erfolgreich.
Die gerechte Wohlstandsverteilung in einem Staat kann nur funktionieren, wenn Unternehmer, Arbeitnehmer, Bürger und der Staat sinnvoll zusammenwirken.

Alle Regeln, Gesetze, Gefühle, Interessen, Handlungen sind mit der Vergangenheit verkettet. Ein Mensch kann sich nicht aus den Verkettungen von geschichtlichen Zufällen und Denkweisen lösen.
Dies gilt für die historischen Greueltaten von vorangegangenen Generationen in Deutschland wie auch bei unseren gegenwärtigen Schwierigkeiten gerne osteuropäischen Ländern helfen zu wollen, ohne genau zu wissen, wie eine Hilfestellung auf Grund der derzeitigen Entwicklungen im gegenseitigem Vertrauen auf eine bessere Zukunft der Beziehungen am besten realisiert werden könnte.
Dies gilt auch für Investitionen im In- und Ausland, für Vertragsbeziehungen, Produktlizenzen, Patenten und manchmal auch für die Einkommensformen in der Gesellschaft. Hoffentlich gilt dies nicht für ein Grundeinkommen.
Der englische Imperialismus führte zu einer Ausbeutung von menschlichen Arbeitssklaven. Anderseits kam es durch Wechselwirkungen zu Wissens- und Kapitaltransfers in den Kolonien. Manche Wohlstandsverbesserung in den Kolonien ist vielleicht erst durch Großbritannien möglich geworden.

Vorausgegangen war eine Leben der Ungleichheit und Ausbeutung des Menschen, aber auch die Hoffnung, dass künftige Generationen weniger Hass, Kriege, Entbehrungen, Armut und Not haben sollten und auch ein besseres, wohlstandsförderndes Verhältnis zu anderen Nationen möglich sein könnte.


Mit freundlichen Grüßen

Tobias Teetz

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Silas Bernd

Beiträge: 115
Ort: Osnabrück


New PostErstellt: 17.06.05, 22:16  Betreff: Medizin  drucken  weiterempfehlen

Zur Wahrung der Chance unserer Gesellschaft, zu überleben, ist ein tief-
greifenderer, umfassenderer Ansatz erforderlich, als die 'bloße' Umstruk-
turierung unserer Wirtschaft. Diese muß, wie die Einführung des bedingungs-
losen Grundeinkommen, mit dem sie wechselwirkt, als ein Baustein für eine
radikale Neuorientierung der bürgerlichen Lebensvollzüge begriffen werden.

Die sich anhäufenden Probleme sind durch ein rekurrieren nur auf wirtschafts-
mäßige Zusammenhänge nicht ausreichend bezeichnet. Nur durch eine grundlegen-
de Änderung unserer Einstellung zum Leben sowie unseres Verhältnisses zu den
Menschen kann uns der schwierige wie notwendige Schritt aus dem Teufelskreis
von Angst, Selbstsucht, Götzendienst, Isolierung, Schwäche gelingen.
Erforderlich ist "ein Zurückdrängen der Orientierung am Haben zugunsten der
am Sein". Als Voraussetzung für diesen fundamentalen Wandel unserer Charak-
terstruktur kann das buddhistische, auch das dem ähnliche Marx'sche oder das
Freud'sche, Konzept der Bewußtseinsschulung angesehen werden (S.161).
Die im erstgenannten als 'die vier Wahrheiten' fungierenden Erkenntnisse kön-
nen formell als ein medizinisches Schema beschrieben werden (LdR, S.66).

Unsere Diagnose, welche auf- und anzunehmen bereits nicht selbstverständlich
ist, lautet 'Leid' und in der Bürgergesellschaft; 'Leid an Entfremdung'.

Als Ursache nun müßte das Fortbestehen tierischer Verhaltensweisen bei gleich-
zeitiger Überbetonung der Macht durch Technik und gesellschaftliche Herr-
schaftsstrukturen zB. der Bildung, eingesehen werden.
Unsere Geschichte ist "eine Geschichte der Eroberung, Ausbeutung, Gewalt und
Unterdrückung", an deren Beginn "der erste Akt der Unterjochung und die erste
ausbeuterische Anwendung von Gewalt", die Aneignung der "Herrschaft des Man-
nes über die Frau" steht (S.137). Sicherung und Beförderung der Existenzweise
des Habens war das Ziel dieser Gewalt. Die Orientierung am Haben bedarf wach-
sender und !präventiver Aggression und so sind Zeiten des Friedens solche des
Kräftsammelns und der Aufrüstung. "Friede als der Zustand anhaltender harmo-
nischer Beziehungen zwischen den Völkern ist nur möglich, wenn die Habenstruk-
tur durch die Struktur des Seins ersetzt wird. (...) Notwendigerweise gibt es
in jeder Gesellschaft, sogar in der reichsten, Klassen, wenn die Orientierung
auf das Haben hin vorherrscht. Setzt man grenzenlose Bedürfnisse voraus, kann
selbst die ausgedehnteste Produktion nicht Schritt halten mit den Phantasievor-
stellungen, mehr zu haben als die anderen" (S.111..).

Unserem medizinischen Konzept folgend gilt es nun, ein geeignetes Medikament
zu finden. Dabei sind Schuldzuweisungen gegen 'die Manager' unzureichend, denn
diese, wie die Verbraucher "gehören dem gleichen entfremdeten System an; sie
sind mehr seine Gefangenen als seine Urheber. Die Manager neigen dazu, die Ver-
braucher zur Untätigkeit zu verleiten, aber der Verbraucher gefällt sich in
seiner passiven Rolle, er ist leicht zu verführen." [S.116]
"Die Voraussetzung für die Existenzweise des Seins sind Unabhängigkeit, Frei-
heit und das Vorhandensein kritischer Vernunft." Hierzu ist erforderlich, das
dem Haben zugehörende Klammern an Besitz, an Eigentum aufzugeben, wir müssen
"unsere Egozentrik und Selbstsucht aufgeben, um uns 'arm' und 'leer' zu ma-
chen." (S.89) Der sich aus dem Wegfall der 'Krücke Besitz' ergebenden Angst
ist mit der Vermittlung eines Wissens zu begegnen, darüber, daß "die meisten
Menschen halb wachen und halb träumen und nicht gewahr sind, daß das meiste
dessen, was sie für wahr und selbstverständlich halten, Illusionen sind, die
durch den suggestiven Einfluß des gesellschaftlichen Umfeldes hervorgerufen
werden". (S.48) Ziel solchen Wissens ist die Wiedergewinnung des Bewußtseins
darüber, das die Wahrheiten über den bedenklichen Zustand unserer Gesellschaft
'nur' verdrängt sind. (S.98) Nachdem die Instinkte nicht mehr zur Leitung durch
unsere Welt ausreichen, wäre vielleicht die Pflege von Intuition angezeigt. Die
Wahrheit über unsere Lebensweise, über unseren Umgang miteinander, mit den Men-
schen, mag schmerzhaft sein, eine 'bittere Pille', sie aber weiter zu verwei-
gern führt in die Katastrophe.

Den letzten Schritt des Konzeptes bildet die Therapie. Wie müssen die Mittel
verabreicht werden, um zur Wirksamkeit zu gelangen? Zunächst muß festgestellt
werden, daß Bausteine zur Neuorientierung von Wirtschaft, Politik/Demokratie,
Globalisierung, Sozialer Sicherheit, Emanzipation, Bildung und ähnlichem zwar
in Beziehung zueinander stehen, dabei aber ihre eigenen Begründungen behalten.

Unser kapitalwirtschaftliches Gebaren, das Festhalten am Privateigentum jenseits
der nur agraischen Produktion, führte zu problematischer Ungleichheit. Dieser
ist nun wohl mit einem bedingungslosen Grundeinkommen wirksam zu begegnen, es
wäre eine Lösung dieses Problems aber eben auch ohne BGE möglich, das heißt Un-
gleichheit vermag die Forderung nach dem BGE nicht zwingend zu begründen.
Ebenso verhält es sich mit den Fortschritten in Technik, insbesondere der Auto-
matisierung. Selbst wenn wir ihr einen Wert, der heute nicht! gegeben ist, be-
lassen, erzeugen ihre Erfolge keine Begründung eines BGE. Und ebenso ließe sich
das Problem der Arbeitslosigkeit ohne BGE lösen.

Ein, rein wirtschaftliche Erwägungen überschreitender, Grund ist in der Arbeits-
motivation erkennbar, da nur Tätigkeiten, zu welchen nicht von aussen, also mit
Druck, Nötigung, Zwang oder durch Geld motiviert wurde, die also aus Einsicht
in die Notwendigkeit ausgeübt werden, 'moralisch wertvoll' und geeignet sind,
die bisher sich ergebende 'Rüstungsspirale' zu durchbrechen.

Der wirkliche Grund für die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommen ist
aber in der Achtung vor der Würde des Menschen zu erkennen.
Der höchste, in unserem Grundgesetz absolute, Wert eines Menschen ist seine Würde.
Das der Mensch Zweck ist an und für sich ist sein höchster Wert. Um einen Anspruch
auf die zu seiner bloßen Existenz erforderlichen Mittel geltend machen zu können,
ist er bei bestehendem Sozialrecht gezwungen, die Wirtschaftlichkeit dieser seiner
Existenz nachzuweisen. Wer die Arbeit oder den Nachweis der Suche nach Arbeit ver-
weigert, geht des Anspruches auf Existenzmittel verlustig.
Indem wir, wie es das Grundgesetz erfordert, den Menschen in seinem Dasein als
Zweck an sich selbst, und dieses als seinen höchsten Wert, begreifen müssen, muß
ihm das, in der Rechtgemeinschaft notwendig mit dem, allen anderen Freiheitsrechten
vorausgehenden, Anspruch auf die zu seinem Dasein erforderlichen Mittel einherge-
hende, unbedingte Existenzrecht, aufgrund seines bloßen Menschseins, zugesprochen
werden.
Dies ist der zureichende Grund für die Einrichtung des 'bedingungslosen Grundeinkommen'.

liebe Grüße -
Bernd

Runde Klammern zu: Erich Fromm; Haben oder Sein, dtv, 1976, 1983
eckige Klammern zu: Erich Fromm; Die Revolution der Hoffnung, Klett-Cotta, 1968, 1981
LdR: Lexikon der Religionen, Herder, 1987,1995


[editiert: 18.06.05, 19:27 von Silas Bernd]
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