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Forum Grundeinkommen
Offenes Forum zum Thema "Bedingungsloses Grundeinkommen"
* 14.05.2005: Die Administration dieses FORUMs wird ab heute von den Nutzern dieses FORUMs gestaltet. Siehe dazu im FORUM Beitrag in "Infos zur Nutzung des FORUMs". *
Dieses FORUM dient der Diskussion von Ideen zum BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN. Es war zuerst ein FORUM des "Netzwerk Grundeinkommen", Näheres: http://Grundeinkommen.INFO . Die Sprecher+..Innen des Netzwerkes betreiben seit April 05 eine eigene Mailingliste, Näheres: http://listi.jpberlin.de/mailman/listinfo/debatte-grundeinkommen.
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Autor |
Beitrag |
Silas Bernd
Beiträge: 115
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Erstellt: 17.06.05, 22:16 Betreff: Medizin |
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Zur Wahrung der Chance unserer Gesellschaft, zu überleben, ist ein tief- greifenderer, umfassenderer Ansatz erforderlich, als die 'bloße' Umstruk- turierung unserer Wirtschaft. Diese muß, wie die Einführung des bedingungs- losen Grundeinkommen, mit dem sie wechselwirkt, als ein Baustein für eine radikale Neuorientierung der bürgerlichen Lebensvollzüge begriffen werden.
Die sich anhäufenden Probleme sind durch ein rekurrieren nur auf wirtschafts- mäßige Zusammenhänge nicht ausreichend bezeichnet. Nur durch eine grundlegen- de Änderung unserer Einstellung zum Leben sowie unseres Verhältnisses zu den Menschen kann uns der schwierige wie notwendige Schritt aus dem Teufelskreis von Angst, Selbstsucht, Götzendienst, Isolierung, Schwäche gelingen. Erforderlich ist "ein Zurückdrängen der Orientierung am Haben zugunsten der am Sein". Als Voraussetzung für diesen fundamentalen Wandel unserer Charak- terstruktur kann das buddhistische, auch das dem ähnliche Marx'sche oder das Freud'sche, Konzept der Bewußtseinsschulung angesehen werden (S.161). Die im erstgenannten als 'die vier Wahrheiten' fungierenden Erkenntnisse kön- nen formell als ein medizinisches Schema beschrieben werden (LdR, S.66).
Unsere Diagnose, welche auf- und anzunehmen bereits nicht selbstverständlich ist, lautet 'Leid' und in der Bürgergesellschaft; 'Leid an Entfremdung'.
Als Ursache nun müßte das Fortbestehen tierischer Verhaltensweisen bei gleich- zeitiger Überbetonung der Macht durch Technik und gesellschaftliche Herr- schaftsstrukturen zB. der Bildung, eingesehen werden. Unsere Geschichte ist "eine Geschichte der Eroberung, Ausbeutung, Gewalt und Unterdrückung", an deren Beginn "der erste Akt der Unterjochung und die erste ausbeuterische Anwendung von Gewalt", die Aneignung der "Herrschaft des Man- nes über die Frau" steht (S.137). Sicherung und Beförderung der Existenzweise des Habens war das Ziel dieser Gewalt. Die Orientierung am Haben bedarf wach- sender und !präventiver Aggression und so sind Zeiten des Friedens solche des Kräftsammelns und der Aufrüstung. "Friede als der Zustand anhaltender harmo- nischer Beziehungen zwischen den Völkern ist nur möglich, wenn die Habenstruk- tur durch die Struktur des Seins ersetzt wird. (...) Notwendigerweise gibt es in jeder Gesellschaft, sogar in der reichsten, Klassen, wenn die Orientierung auf das Haben hin vorherrscht. Setzt man grenzenlose Bedürfnisse voraus, kann selbst die ausgedehnteste Produktion nicht Schritt halten mit den Phantasievor- stellungen, mehr zu haben als die anderen" (S.111..).
Unserem medizinischen Konzept folgend gilt es nun, ein geeignetes Medikament zu finden. Dabei sind Schuldzuweisungen gegen 'die Manager' unzureichend, denn diese, wie die Verbraucher "gehören dem gleichen entfremdeten System an; sie sind mehr seine Gefangenen als seine Urheber. Die Manager neigen dazu, die Ver- braucher zur Untätigkeit zu verleiten, aber der Verbraucher gefällt sich in seiner passiven Rolle, er ist leicht zu verführen." [S.116] "Die Voraussetzung für die Existenzweise des Seins sind Unabhängigkeit, Frei- heit und das Vorhandensein kritischer Vernunft." Hierzu ist erforderlich, das dem Haben zugehörende Klammern an Besitz, an Eigentum aufzugeben, wir müssen "unsere Egozentrik und Selbstsucht aufgeben, um uns 'arm' und 'leer' zu ma- chen." (S.89) Der sich aus dem Wegfall der 'Krücke Besitz' ergebenden Angst ist mit der Vermittlung eines Wissens zu begegnen, darüber, daß "die meisten Menschen halb wachen und halb träumen und nicht gewahr sind, daß das meiste dessen, was sie für wahr und selbstverständlich halten, Illusionen sind, die durch den suggestiven Einfluß des gesellschaftlichen Umfeldes hervorgerufen werden". (S.48) Ziel solchen Wissens ist die Wiedergewinnung des Bewußtseins darüber, das die Wahrheiten über den bedenklichen Zustand unserer Gesellschaft 'nur' verdrängt sind. (S.98) Nachdem die Instinkte nicht mehr zur Leitung durch unsere Welt ausreichen, wäre vielleicht die Pflege von Intuition angezeigt. Die Wahrheit über unsere Lebensweise, über unseren Umgang miteinander, mit den Men- schen, mag schmerzhaft sein, eine 'bittere Pille', sie aber weiter zu verwei- gern führt in die Katastrophe.
Den letzten Schritt des Konzeptes bildet die Therapie. Wie müssen die Mittel verabreicht werden, um zur Wirksamkeit zu gelangen? Zunächst muß festgestellt werden, daß Bausteine zur Neuorientierung von Wirtschaft, Politik/Demokratie, Globalisierung, Sozialer Sicherheit, Emanzipation, Bildung und ähnlichem zwar in Beziehung zueinander stehen, dabei aber ihre eigenen Begründungen behalten.
Unser kapitalwirtschaftliches Gebaren, das Festhalten am Privateigentum jenseits der nur agraischen Produktion, führte zu problematischer Ungleichheit. Dieser ist nun wohl mit einem bedingungslosen Grundeinkommen wirksam zu begegnen, es wäre eine Lösung dieses Problems aber eben auch ohne BGE möglich, das heißt Un- gleichheit vermag die Forderung nach dem BGE nicht zwingend zu begründen. Ebenso verhält es sich mit den Fortschritten in Technik, insbesondere der Auto- matisierung. Selbst wenn wir ihr einen Wert, der heute nicht! gegeben ist, be- lassen, erzeugen ihre Erfolge keine Begründung eines BGE. Und ebenso ließe sich das Problem der Arbeitslosigkeit ohne BGE lösen.
Ein, rein wirtschaftliche Erwägungen überschreitender, Grund ist in der Arbeits- motivation erkennbar, da nur Tätigkeiten, zu welchen nicht von aussen, also mit Druck, Nötigung, Zwang oder durch Geld motiviert wurde, die also aus Einsicht in die Notwendigkeit ausgeübt werden, 'moralisch wertvoll' und geeignet sind, die bisher sich ergebende 'Rüstungsspirale' zu durchbrechen.
Der wirkliche Grund für die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommen ist aber in der Achtung vor der Würde des Menschen zu erkennen. Der höchste, in unserem Grundgesetz absolute, Wert eines Menschen ist seine Würde. Das der Mensch Zweck ist an und für sich ist sein höchster Wert. Um einen Anspruch auf die zu seiner bloßen Existenz erforderlichen Mittel geltend machen zu können, ist er bei bestehendem Sozialrecht gezwungen, die Wirtschaftlichkeit dieser seiner Existenz nachzuweisen. Wer die Arbeit oder den Nachweis der Suche nach Arbeit ver- weigert, geht des Anspruches auf Existenzmittel verlustig. Indem wir, wie es das Grundgesetz erfordert, den Menschen in seinem Dasein als Zweck an sich selbst, und dieses als seinen höchsten Wert, begreifen müssen, muß ihm das, in der Rechtgemeinschaft notwendig mit dem, allen anderen Freiheitsrechten vorausgehenden, Anspruch auf die zu seinem Dasein erforderlichen Mittel einherge- hende, unbedingte Existenzrecht, aufgrund seines bloßen Menschseins, zugesprochen werden. Dies ist der zureichende Grund für die Einrichtung des 'bedingungslosen Grundeinkommen'.
liebe Grüße - Bernd
Runde Klammern zu: Erich Fromm; Haben oder Sein, dtv, 1976, 1983 eckige Klammern zu: Erich Fromm; Die Revolution der Hoffnung, Klett-Cotta, 1968, 1981 LdR: Lexikon der Religionen, Herder, 1987,1995
[editiert: 18.06.05, 19:27 von Silas Bernd]
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