Wenn wir einmal als drei Bereiche menschlichen Seins annehmen
1. das freie Geistes-, 2. das gleiche Rechts-, und 3. das so-
lidarische Wirtschaftsleben als vor ihrer Anerkennung gegeben.
Dann können wir dem ersten Bereich eine Höherrangigkeit gegen-
über den beiden anderen zusprechen; das Geistesleben gestaltet
Recht und Wirtschaft - das Leben ist, was wir daraus machen.
Solange wir uns von der Wirtschaft her definieren bleiben wir
abhängig von ihr. Ob gewünscht, wenn unsere Wirtschaftsweise
die Voraussetzung unserer Gesellschaftsform ist, oder ablehn-
end, wenn Wirtschaft die Einrichtung eines Schutzraumes vor
ihr erzwingt. Das sind, selbst wenn sie zutreffen, nicht die
richtigen Sichtweisen.
Das Grundeinkommen, jener unverlierbare Anspruch auf Existenz-
mittel, stellt die Menschen wirtschaftlich nicht besser, als
sie heute mit AloV und Rente stehen.
Der Vorteil des Grundeinkommen erklärt sich erst aus der Er-
kenntnis des Bereiches des menschlichen als eines über der
Wirtschaft liegenden.
Die Nachteile im wirtschaftlichen werden überwogen durch die
Vorteile im Bereich des menschlichen. Nicht alle erfahren
durch die Einführung des Grundeinkommen wirtschaftliche Nach-
teile (macheR wird sogar besser gestellt - das ist auch eine
Frage der Höhe), aber alle erzielen Vorteile im menschlichen.
Im Bereich des menschlichen, humanen, haben sowohl Wirtschaft,
als auch Staat 'nichts zu suchen'. Das Grundeinkommen schafft
einen Schutz-, ein Rückzugsraum gegen die konkurrenzbestimmte
Wirtschaft. Die Wirtschaft kann ja nicht zu einem konkurrenz-
losen Raum werden.
Das Grundeinkommen als "Trennung der Entlohnung von der Arbeit"
(Steiner sieht hierin die Lösung der sozialen Frage) ist eine
"Weltanschauung", die im Menschen solche Impulse erweckt, "daß
er nicht mehr sagt: Wenn nur meine Existenz gesichert ist, dann
kann ich auch faul sein. ... Aller Materialismus wird auf die
Dauer einzig und allein zu dem Entgegengesetzten führen." (S.32)
Das Grundeinkommen ermöglich den Menschen, dieselbe Menge Ener-
gie zu verwenden auf die Erkenntnis des Sozialen, wie auf die
des Materiellen. "Hat unser soziales Elend seinen Grund im per-
sönlichen Eigennutz, in der Stellung in unseren sozialen Ordnun-
gen, so kann nur eine Weltanschauung, die das Ich hinaushebt über
den persönlichen Eigennutz, helfen. ... Nahrung, statt Not, Leid
und Elend, kommt von der geisteswissenschaftlichen Vertiefung." (S.34)
liebe Grüße -
Bernd
Seiten nach:
Rudolf Steiner: "Soziale Frage und Anthroposophie, Verlag Freies Geistesleben, 1985.