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Silke
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New PostErstellt: 09.11.07, 20:29     Betreff: Re: Inspirationshilfe

Panasonic Nasen-/ Ohrhaarschneider E...
Ich habe lange keine langen Texte mehr geschrieben:


Wenn ich zur Fachhochschule gehe, mache ich mich ja selten schön. Warum auch? Es geht ja ums Lernen und Verstehen. Oberflächlichkeiten gehören eher ins Abendprogramm und haben am hellichten Tage sowieso keine günstige Ausleuchtung.
Außer donnerstags! Donnerstags mache ich mich richtig chic, mit Rock und Stiefeln und dem vollen Schminkaufwand! Denn donnerstags habe ich das Seminar "Rollenkonstruktion im feministischen Diskurs und noch irgendwas" bei Rudi. Rudi heißt eigentlich Rudolph, aber er hasse seine Mutter dafür und hat uns gebeten ihn Rudi zu nennen! Rudi ist geschieden und sieht sehr gut aus! Er hat sich gerade das Rauchen abgewöhnt und leidet darunter. Im Seminar sind wir dreizehn Frauen, mindestens fünf davon sind in ihn verguckt. Mit mir also sechs. Neulich hat er einen Button am Jackett gehabt, da stand drauf: "Ich bin Feministin!"
Eine Woche später hatten einige von den doofen Kühen in unserem Seminar genau den gleichen Button an ihren Taschen. So wäre ich nie!

Letzten dienstag habe ich Rudi dann an der Strassenbahnhaltestelle getroffen. Er sah gut aus, wie immer. Nur lief ihm ein Spuckefaden vom Mund am Kinn herunter! Was sollte ich tun? Ich konnte ihn ja nicht auf seinen Speichelfluss ansprechen, das hätte ja wie die Worte einer Krankepflegerin auf ihn gewirkt! Also setzte ich mich mit ihm zusammen in die Bahn und versuchte möglichst unauffällig nicht auf sein Kinn zu gucken. Die anderen Fahrgäste bemerkten es aber und fingen an zu Hüsteln, oder schlimmer noch, ihn angeekelt anzustarren. Mir wurde die Situation immer peinlicher, weil jetzt auch langsam sein Mantelkragen schon durchsiffte! Der Mann brauchte ein Lätzchen! Aber Rudi merkte von alldem nichts, sondern redete munter auf mich ein! Er lobte meine Aufmerksamkeit und Wissbegier im Seminar und stellte mir seine Mithilfe für den Fall einer Hausarbeit in Aussicht.
Wenn ich ihn mir so aus der Nähe ansah, dann bemerkte ich auch zum erstenmal seine Falten und Furchen im doch nicht mehr so jugendlichen Gesicht. Genau genommen sah ich einen alten, sabbernden Langweiler, der über die Arbeit redete, während ihm Speichel aus dem Mund quoll! Merkte er es denn nicht? Wie widerlich! Und so unkontrolliert! Bestimmt dachten die anderen Fahrgäste, ich gehöre zu ihm und bemittleideten mich schon! Es wurde langsam unerträglich und ich wäre am liebsten weggelaufen.
Und genau das war der Augenblick, in dem das Glück mich mal an die Hand nahm! Etwas in mir machte einen Schritt nach vorne und löste den Knoten: "Rudi! Du hast da was am Kinn!"
Rudi fasste sich ans Kinn und bemerkte endlich die ganze Misere. Er sah an sich hinunter, entdeckte den nass gesabberten Mantelkragen und wurde puterrot! "Ich komme gerade von der Nichtraucherhypnose! Bestimmt ist es deswegen. Warum sagst du denn nichts?!" Er sah mich vorwurfsvoll fragend an.
Jetzt wurde ich selber rot, denn ich schämte mich plötzlich siedendheiß: "Weil ich manchmal richtig bescheuert bin!"
Da sah mir Rudi in die Augen und fragte mich, ob ich mit ihm etwas Essen gehen würde. Ich habe ja gesagt.


[editiert: 09.11.07, 20:33 von Silke]
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