Graefinjutsch
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Erstellt: 24.02.08, 12:33 Betreff: Re: Stell Dir vor! |
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Das Bohnensäckchenspiel
Stelle Dir einmal vor, alle Menschen um Dich herum trügen plötzlich kleine bunte Bohnensäckchen mit sich herum. Na, so was, dächtest Du da bestimmt verdutzt.
Aus schlichter, grober Jute zusammengenäht wären sie gefüllt mit irgendwelchen getrockneten Bohnen, die ein leises, schabendes Geräusch erzeugten, bewegte man den Beutel. Manche von ihren Besitzern hielten sie in der Hand, andere hingen sie an ihre Gürtelschnallen und einige versteckten sie auch in ihren Hosen- oder Handtaschen. Und niemals sähest Du jemanden, der zwei Bohnensäckchen dabei hätte, denn jeder hätte immer nur genau eines, welches er oft und stolz präsentierte.
Zu Beginn, wenn Dir diese merkwürdigen Spielzeuge auffielen, lächeltest Du nur mild und fragtest noch nach ihrem Sinn. Laut fragtest Du das. Doch Du erntetest zuerst nur einige kritische Blicke, manches Mal auch Kopfschütteln. Und dann wäre da schon noch ein netter Mensch, der Dich diskret beiseite nähme und Dir das Spiel erklärte.
Mit großer Leidenschaft berichtete jener, man müsse diese Säckchen, die im Übrigen ja so wunderbar anzufassen wären, bloß in die Luft werfen und wieder auffangen. Der nette Mensch fasste dann Deine Schulter und flüsterte Dir verschwörerisch ins Ohr, der besondere Trick bestünde darin, den Bohnenbeutel in einer bestimmten und gar nicht so leichten Art wieder aufzufangen. Ja, und das zudem auch viel, viel besser als die anderen Werfer. Und dann führte der nette Mensch seine Würfe auch vor. Mal finge er sein schlabberiges Beutelchen mit der hohlen Hand und mal nur mit je einem Finger. Das Säckchen wirbelte nur so an Dir vorbei, rauf und runter, mal im hohen Bogen und Du fragtest erneut nach dem Sinn dieses Spieles. Nur fragtest Du es Dich diesmal im Stillen, während Du noch zuschautest, denn der Mensch schiene doch so selbstvergessen mit sich und dem Säckchen beschäftigt.
Ein weiterer freundlicher Mensch stieße nun zu euch und zückte sein Säckchen, begänne just, es ebenfalls zu werfen. Sofort gerieten da die Beiden in eine hitzige Diskussion darüber, wer welchen Wurf besser und virtuoser gemacht hätte als der andere. Sie drehten sich herum und Dir nun ihre Rücken zu und würfen und redeten vertieft und hektisch miteinander, fast selbstvergessen. Und Du fragtest Dich immer mehr nach dem Sinn dieses Bohnensäckchenspieles.
Ja, Du würdest auch langsam verstimmt ob jener Missachtung, die Dir jäh zuteil würde. Und Du fasstest vielleicht einen der beiden Menschen an die Schulter und bätest um Leihgabe seines Säckchens. Erneute taktierten Dich kritische Blicke. Dennoch gäbe er sein Lieblingsspielzeug aus der Hand und gerade wenn Du es werfen wolltest, würdest Du von beiden gleichzeitig gestoppt und scharf daraufhin gewiesen, doch bitteschön darauf zu achten, nicht irgendwie zu werfen. Und Du machtest es bei Deinem Wurf freilich irgendwie und tatsächlich nicht richtig und sofort nähme man Dir das Bohnendings und damit jede Aufmerksamkeit wieder weg und ließe Dich erneut alleine stehen.
Alleine leertest Du nun Dein Bierglas, bezahltest und trätest Deinen Heimweg an. Und wo immer Dir nun in weiterer Zukunft Bohnensäckchenwerfer begegneten, und vielleicht geschähe dies wirklich oft und zunehmend öfter, drehtest Du ihnen den Rücken zu und unterhieltest Dich über andere, sinnvollere Dinge. Wenn nötig unterhieltest Du Dich mangels Gesprächspartner auch mit Dir selber und man hielte Dich deshalb vielleicht auch für ein wenig verschroben. Doch viele dieser netten Menschen bemerkten Dein verschrobenes Verhalten gar nicht, denn sie wären so sehr mit sich und ihren Bohnensäckchenwürfen beschäftigt.
Schade, wirklich schade wäre das, denn in Deiner eigenen Selbstvergessenheit wäre Deine Themenauswahl doch bestimmt um einiges vielseitiger als die der netten Menschen und überdies bliebest Du auch stets höflich. Wenn auch meist nur Dir selbst gegenüber…
[editiert: 24.02.08, 12:38 von Graefinjutsch]
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