Stratmann amputiert Universität Hannover: Rückkehr zur technischen Hochschule
Die Landes-Pressekonferenz am 23.9.03 im niedersächsischen Landtag ließ keine Zweifel: Die Rückkehr der Universität Hannover zur technischen Hochschule scheint besiegelt. Wis-senschaftsminister Stratmann und sein Staatssekretät Josef Lange präsentierten die vorläufig als Zwischenergebnis geltende, jedoch bereits vom Kabinett gebilligte Kürzungsliste für die niedersächsischen Universitäten und Fachhochschulen. „Wir wollen heute die Essentials veröffentlichen, um Gerüchten entgegenzuwirken.“, so Stratmann, dessen Ministerium besagte Gerüchte, wie beispielsweise die Schließung des Fachbereichs Jura in Hannover, am Anfang der vorlesungsfreien Zeit selbst gestreut hatte. Diese ‚Essentials‘ bedeuten für Hannover nun die Schließung von Soziologie und Romanistik. Die Rechtswissenschaften kommen noch einmal davon, allerdings werden sie ihre Abteilung für Rechtssoziologie verlieren. Außerdem wird die Ausbildung von Grund-, Haupt- und Real-schullehramt von Hannover nach Hildesheim verlegt. Der AStA der Universität Hannover kritisiert diese Kürzungen. Die Entscheidung des MWK paßt in das politische Konzept der konservativen Landesregierung, die auf diese Weise alle Reste kritischer Gesellschaftswissenschaften aus dem Wissenschaftsbetrieb der Landeshaupt-stadt verdrängen will. Denn ohne die Soziologie, unter die bereits im letzten Jahr die Sozi-alpsychologie subsummiert wurde, ist der Diplomstudiengang Sozialwissenschaften in Han-nover nicht mehr durchzuführen. Dieser bestand aus Politologie, Soziologie und Sozialpsy-chologie und war einzigartig in seiner die Gesellschaft analysierenden Ausrichtung. Die in Göttingen gelehrten Sozialwissenschaften haben im Gegensatz zu denen in Hannover eine deutlich ökonomisch und am Markt orientierte Prägung. Auch die Juristen werden auf eine klassisch konservative Ausrichtung zurechtgestutzt. Alarmierend stellt sich die Unkenntnis des Ministers Stratmann über die von ihm auf die Schließungsliste gestellten Fächer dar. Auch auf mehrere Nachfragen während der Pressekon-ferenz waren er und sein Staatssekretär nicht in der Lage, Auskunft über die Beschäftigten- und Studierendenzahlen in der hannoverschen Soziologie sowie den zu erwartenden Einspa-reffekt zu geben. Das Ministerium für Wissenschaft und Kultur modelliert mit seinem am internationalen Wettbewerb orientierten Hochschuloptimierungskonzept, welches laut redundant vorgebete-tem Slogan Stärken stärken und schwächen eliminieren soll, die niedersächsische Hoch-schullandschaft zu einer bloß dem Markt hörigen Ausbildungsstätte, die mit einem kritischen Bildungsbegriff selbständig denkender Menschen nichts mehr gemein hat. Mit weiteren Sparmaßnahmen seitens der Hochschulpräsidenten ist zu rechnen, da laut Mini-ster Stratmann die einzusparenden 40,6 Mio. Euro in 2004 nur durch ‚hochschulinterne Um-strukturierungen‘ zu erreichen sind. Mit dem Widerstand der Studenten muß das MWK rech-nen. Was bleibt uns künftig von der Wissenschaft in Niedersachsen überhaupt erhalten?