Torben
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Erstellt: 03.01.04, 14:42 Betreff: Re: Burschenschaftler und Juso-Hochschulgruppen |
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Ich habe mir diese Diskussion ein wenig mitverfolgt und möchte einmal darlegen, warum ich es richtig finde, dass Burschis nicht auf Wahllisten der Juso-Hochschulgruppen auftauchen dürfen. Im wesentlichen gibt es dafür zwei Gründe:
1.) Ein großer Teil der Burschenschaften offenbart rechte, bis rechtsextreme Tendenzen und eine Hinwendung zu nationalistischen Gedankengut.
2.) Das Burschenschaftswesen ist getragen von einem Elitebegriff, der auf Ausgrenzung setzt.
Zu 1.):
Zitat: "Wo ist es denn, unser Vaterland, das wir besingen? Von der Maas bis an die Neiße? Oder Oder? Oder Memel? Was wäre dann mit jenen Deutschen an der Etsch, Donau, Bega, Timisch, Wolga, usf.? Saßen die deutschen Kaiser nicht völlig selbstverständlich auch in Wien, Prag oder Graz? Sollten sie etwa weiter gesehen haben als die ach so liberalen, modernen (einseitig) informierten Deutschen der Gegenwart?" (Hanns Göttl, Der Geist von Eisenach. Gedanken zum Burschentag Berlin 1990 und Eisenach 1991, in Burschenschaftliche Blätter 4/1991, S.93).
Allein dieser Auszug ist schon von geradezu revisionistischen Zielen getragen, die bei Jusos mindestens Übelkeit verursachen.
Als wenn es dessen noch bedurft hätte, wurde 1995 ein Beweis aus den eigenen Reihen geliefert, dass innerhalb vieler Verbindungen und der Deutschen Burschenschaft (Dachverband der Burschenschaften) starke rechtsextreme Tendenzen und Verbindungen zu rechten Gruppierungen existieren. Damals haben sich acht Marburger Verbindungen öffentlich vom "rechtsextremen Meinungen, Tendenzen und Betätigungen, wie sie auch in einigen Marburger Korporationen und bei deren Mitgliedern beobachtet werden können." (Leserbrief Marburger Verbindungen an die Oberhessische Presse vom 08.02.1995) distanziert. 1995 verließ die Burschenschaft Arminia Marburg die Deutsche Burschenschaft, "wegen rechtsextremer Tendenzen in der Deutschen Burschenschaft..."(Oberhessische Presse 31.05.1995).
Nicht alle Burschenschaften sind rechtsextrem, eine Minderheit (siehe Marburg) hat sich davon distanziert. Jedoch trifft das rechtsextreme und nationalistische Gedankengut wohl auf die meisten Verbindungen zu, denn das Marburger Beispiel sucht vergeblich seinesgleichen. Fast alle Burschenschaften pflegen nach wie vor mind. ein rechts-konservatives Weltbild. Das ist schlicht nicht mit den sozialistischen Grundüberzeugungen der JungsozialistInnen vereinbar.
Zu 2.):
Zitat: "Die Masse ist nicht besonders klug. Die Masse ist noch weniger fleißig, und am allerwenigsten ist sie ausdauernd. (...) Gewöhnlichkeit oder Geringerwertigkeit der wahrscheinliche Zustand der Masse; ihr Durchschnitt ist deswegen ziemlich niedrig (...) Dieser Masse gegenüber steht jene Elite, die (...) in jeder Gesellschaft vorhanden sein muß, um eine Ordnung in Freiheit und Recht zu gewährleisten. (...) Möge es dem CV und jedem seiner Bünde vergönnt sein, in der täglichen Arbeit (...) jene einmalige Verbindungen von Leistung und Gesinnung zu verwirklichen, die in dieser Gesellschaft notwendig ist, um zur Führungsauslese berufen zu sein." (Hettlage, in: Academia, Zeitschrift des CV, 1966)
Eine Gesinnung, welche die meisten Menschen ("die Massen") als "gewöhnlich" oder gar "geringerwertig" klassifiziert, verträgt sich nicht mit dem Anspruch einer Erziehung zum Respekt vor der Würde des Menschen.
Zitat: "Es gibt (...) Spaß mit rassistischen oder wenigstens unappetitlichen Männerwitzen (...). Bist Du häßlich, fett, krank oder fremd im Land, bist Du von Sorgenfalten, Weltschmerz oder linksliberaler Gesinnung gepeinigt, trägst Du alternative oder Schickikleidung oder gar ein Flinserl im Ohr, studierst Du Publizistik, Politologie oder Theologie oder gar nicht, hast Du den Wehrdienst verweigert, oder eine Freundin, die weder schön noch still ist, kurz: Bist Du auf irgendeine Weise abnormal, oder unfröhlich, dann bleib lieber Zuhause, Du würdest sowieso nicht von uns eingelassen werden." (Einladung der Wiener Olympia zu einer Erstsemesterparty). Eine Einladung, die sich mit der Toleranz gegenüber anderen nicht gut vereinigen läßt. Erstellt von der von Wiener Olympia (lange Zeit in den 90'ern Vorsitzende der Deutschen Burschenschaft)
In Anbetracht der oben zitierten Stellen darf bezweifelt werden, ob es mit dem Respekt gegenüber der Menschenwürde und der Toleranz gegenüber Andersdenkenden ernst bei den Burschenschaften gemeint ist.
Fazit: Alle Burschenschaften pflegen nach wie vor ein mind. konservatives Weltbild. Allein das ist schon mit einem politischen Spektrum, das sich bei den Jusos von sozialistischen bis linksliberalen Grundüberzeugungen erstreckt, nicht vereinbar. Nüchtern betrachtet stehen sich hier insoweit zwei politische Lager gegenüber. Politisch betrachtet sind Jusos vom Selbstverständnis (und auch andere) gerade deshalb hochschulpolitisch aktiv, um dieses mind. konservative bis rechtsextreme Weltbild durch einen linken Gegenentwurf und politischen Fortschrittsgedanken an den Hochschulen zu bekämpfen bzw. erst gar nicht aufkeimen zu lassen. In der Vergangenheit war ist dies auch in Hannover von Erfolg gekrönt.
Burschis auf Juso-Listen wären also ein Indiz für Politschizophrenie - sowohl bei den Burschis als auch bei den Jusos. Zum einen bei den Burschis, da diese sich unter die Juso-Fahne des Demokratischen Sozialismus stellen würden, dem sie aber doch eigentlich politisch konträr gegenüber stehen - und zum anderen bei den Jusos, da diese Kandidaten auf ihren Listen zulassen würden, die das personifizieren, was Jusos politisch bekämpfen. In jedem Fall wäre es aber politischer Etikettenschwindel gegenüber den WählerInnen der Juso-Hochschulgruppen, die naturgemäß einem linken WählerInnenspektrum angehören.
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