Endloser Prozess
Warten auf den Freispruch
Uelzen (ddp). Für die Familie von Marco Weiss aus dem niedersächsischen Uelzen fällt die aktuelle Jahresbilanz ähnlich aus wie schon im Vorjahr. «Zurückblickend war 2009 ebenso wie das Jahr 2008 von quälender Warterei auf ein Ende des Prozesses in Antalya bestimmt», erklärte die Familie auf ddp-Anfrage. Wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen war dem heute 19-jährigen Marco in der Türkei zwei Jahre lang der Prozess gemacht worden. Zwar wurde dort im September endlich ein Urteil gesprochen, das aber sei «in keiner Weise für uns akzeptabel», betonte die Familie.
Mehr als 2 Jahre Prozess
Statt des ersehnten Freispruchs wurde Marco wegen sexuellen Missbrauchs zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren, zwei Monaten und 20 Tagen verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Begonnen hatte das Drama um Marco am 10. April 2007 nach einem Discoabend, der für den damals 17-Jährigen und die 13-jährige Britin Charlotte in einem Hotelzimmer in Side endete. Zwei Tage später wird Marco festgenommen. Der Prozess gegen ihn wird am 6. Juli 2007 eröffnet. Er spricht von gemeinsamen Zärtlichkeiten, sie von sexueller Belästigung.
247 Tage im türkischen Gefängnis
Die Verhandlung wird immer wieder vertagt. Marco bleibt in einem türkischen Gefängnis in Haft - 247 Tage lang. Erst am 14. Dezember 2007 kommt er frei und kehrt nach Deutschland zurück. Seine Eltern beschrieben die Zeit der Haft als «Hölle». Marco sei damals wie ein Schwerverbrecher behandelt worden, sagte sein Vater. Auch in der deutschen Öffentlichkeit hatte es immer wieder Kritik an der Inhaftierung des Jungen gegeben.
Immer wieder Prozessvertagung
Der Prozess in der Türkei geht weiter - und scheint kein Ende zu nehmen. Zum nächsten Verhandlungstermin am 1. April 2008 erscheint Marco nicht mehr in Antalya. Seine Anwälte machen eine medizinische Empfehlung des Therapeuten geltend. Derweil reiht sich in Antalya weiter Prozessvertagung an Prozessvertagung.
Starke Belastung für Marco
Für den Jugendlichen ist die Situation belastend. Auch wenn er auf freiem Fuß ist, trägt er nach Angaben seiner Familie «schwer an seinem Schicksal». «Kein Außenstehender kann sich ausmalen, welche Ängste und Befürchtungen Marco bereits durchgestanden hat und auch heute noch durchstehen muss», heißt es
Ermittlungen eingestellt
Schließlich gibt es im Mai dieses Jahres einen Hoffnungsschimmer. Die Lüneburger Staatsanwaltschaft, die ebenfalls gegen Marco ermittelt hatte, stellt die Ermittlungen ein. Es fehle ein hinreichender Tatverdacht, um Anklage zu erheben, heißt es. In der Türkei findet indessen auch ein medizinischer Bericht, der für Weiss entlastend ist, kein Gehör. Stattdessen plädiert die Staatsanwaltschaft in Antalya am 5. Juni auf schuldig.
Revision eingelegt
Mit dem Antalya-Urteil gegen Marco vom September ist aus Sicht der Familie die Sache noch nicht beendet. Man habe Revision dagegen eingelegt. Das Urteil gegen Marco sei jedenfalls somit noch nicht rechtskräftig, und das heiße auch, dass Marco in der Türkei nicht vorbestraft sei. «Wir haben gehört, dass es ein bis zwei Jahre oder länger dauern kann, bis es zu einer weiteren Entscheidung kommt», erklärte die Familie.
Das Warten geht weiter
Für Marco, der sich mittlerweile im ersten Ausbildungsjahr zum Mechatroniker befindet, und seine Familie geht das Warten auf einen Freispruch damit weiter. Gerade um Weihnachten kämen bei Marco immer wieder die Erinnerungen hoch, teilte die Familie mit. 2007 sei für Marco ein ganz besonderes Weihnachten gewesen, weil er es nach der Untersuchungshaft in der Türkei im Kreis seiner Familie zu Hause feiern durfte.
28.12.09 FR