Von Marc Rath Berlin.
Mit einer Mahnwache am Brandenburger Tor und Fackelumzügen um den
Reichstag und zum Potsdamer Platz haben am Samstagabend mehrere hundert
Menschen aus ganz Deutschland für die Freilassung des Uelzener Schülers
Marco demonstriert. Auf Plakaten forderten sie "Endlich Gerechtigkeit
für Marco" und "Ein Mensch will leben". Dem 17-Jährigen wird der
sexuelle Missbrauch einer 13 Jahre alte Britin vorgeworfen. Marco
bestreitet dies.
"Ich kämpfe seit Monaten für meinen Bruder",
bedankte sich Sascha Weiss bei den Unterstützern. "Für mich ist es
unfassbar. Ich kenne ihn am besten und weiß, dass er unschuldig ist",
betonte der 20-Jährige, der mit einem Unterstützerkreis auf der
Internet-Plattform www.hilfe-fuer-marco.de für diese Aktion in der
Hauptstadt drei Tage vor dem nächsten Prozesstag in Antalya mobilisiert
hatte.
Marcos Anwalt Matthias Waldraff aus Hannover
versicherte, dass das inzwischen fünfköpfige Verteidigerteam derzeit
alles daran setzt, damit der junge Uelzener möglichst schnell seine
Freiheit wieder erlangt. Waldraff bat aber um Verständnis, dass er sich
vor dem morgigen Prozess nicht mehr öffentlich äußern werde: "Jede
kleinste Anmerkung kann derzeit zu Spekulationen und Missverständnissen
führen."
Die Hauptstadt ist am Samstagnachmittag im
Einkauftrubel. Die Menschen schlendern über die Straße Unter den
Linden. Handwerker bauen die Buden des Weihnachtsmarktes auf. Touristen
lassen sich mit jungen Männern in alten NVA-Uniformen vor der Kulisse
des Brandenburger Tores fotografieren.
Direkt dahinter werden
mit Einbruch der Dunkelheit Hunderte von Fackeln und Kerzen angezündet.
Vom Wahrzeichen der Metropole aus ist dort ein großes Plakat zu sehen:
"Gerechtigkeit für Marco". Helfer des Technischen Hilfswerks und der
Berliner Feuerwehr haben ein gelbes Zelt aufgebaut, das an diesem Abend
zum Anlaufpunkt der Mahnwache für den 17-Jährigen wird.
Aus
allen Teilen der Republik kommen an diesem Tag Menschen in die
Hauptstadt, die das Schicksal des seit mehr als sieben Monaten
inhaftierten jungen Uelzeners bewegt. Eine neunstündige Bahnfahrt etwa
hat Heribert Mühlberg aus München hinter sich. "Ich bin erschrocken,
dass so ein Wahnwitz in einem Gericht passieren kann", sagt der
Student. "Dagegen möchte ich ein Zeichen setzen", betont er, der in der
Nacht noch zurückfahren will.
Aus dem westfälischen Menden hat
sich Angelika Zarges auf den Weg gemacht. Sie hat selbst zwei Kinder in
Marcos Alter. "Ein 17-Jähriger sitzt hier meiner Meinung nach zu lange
unschuldig im Gefängnis", will sie mit ihrer Unterstützung, "ein
Zeichen setzen, dass hier ein junger Mann nicht im Stich gelassen
wird".
"Wir wollen die Familie im Kampf um Marcos Freiheit
unterstützen", betont Mario Fischer, warum er mit seiner Frau Bettina
aus dem Rheinland angereist ist. Er hofft, "dass die Politiker hinter
den Kulissen Druck machen".
Aus Torgau hat sich Kathrin Hain
auf den Weg gemacht. Sie mag bei Fernsehbildern über Marco "schon gar
nicht mehr hinsehen" und findet es unerträglich, "dass so wenig
passiert": "Vielleicht hilft doch ein großes Machtwort dem Jungen",
lautet ihr Appell an die Verantwortlichen in Deutschland, in der Türkei
und in Großbritannien.
Für Mahnwachen-Mitorganisator Siegfried
von Rabenau sind diese Reaktionen "ein gutes Zeichen, mit wieviel Herz
und Verstand Marcos Anliegen Unterstützung findet". Anwalt Matthias
Waldraff dankt im Namen von Marcos Eltern "von Herzen für dieses
Mitgefühl". Die Fülle an Briefen und Mails zeige "eine unglaubliche
Solidarität, wie sie ein Anwalt nur selten erlebt". Dies gebe "Marco
"auch die nötige Power, um im Knast durchzuhalten".
Auch Marcos
Bruder Sascha spricht Worte des Dankes zu den Teilnehmern. Er versucht,
gefasst zu bleiben und macht deswegen Pausen zwischen seinen Sätzen.
"Ich vermisse ihn sehr und hoffe so sehr, dass er bald wieder nach
Hause kommt."
"Freiheit für Marco" rufen die jüngeren
Teilnehmer am Ende der kleinen Kundgebung immer wieder. Dann setzen
sich viele mit ihren Fackeln in Bewegung. Hunderte Lichter leuchten an
diesem Abend immer wieder in Berlins Mitte - als Zeichen der Hoffnung
für die Freilassung des jungen Uelzeners.