Nähforum

schahfali · Mitglied Beiträge: 24 Ort: Gotham City

Was ist eigentlich ein Goth??
Ist man ein Goth, nur weil man schwarze Klamotten trägt oder eine bestimmte Musik hört?
Das soll jetzt hier nicht hochphilospohisch ausarten, denn ich möchte gerne diese Frage beantwortet haben (sofern das überhaupt möglich ist).
Wenn man nämlich nur ein Goth ist, wenn man zu einer bestimmten Musikrichtung tendiert, dann bin ich definitiv keiner!!
Oder nur, weil man bestimmte Klamotten trägt?
Ich liebe düstere Outfits und kann auch manchmal etwas anders als "normale" aussehen , aber macht mich das zum Goth?

Eigentlich denke ich, hat man einfach eine innere Einstellung, an der man jemand eventuell eine Richtung "zuordnen" könnte.
Zuordnen deswegen, weil ich jeden Tag versuche, niemanden in eine Schublade zu stecken (was mir natürlich nicht immer gelingt!), was ich mit zuordnen auch nicht meine.

Ich renne definitiv nicht durch die Gegend und rufe permanent "Gott ist tot!" oder so, obwohl ich von mir behaupten darf, eine schwarze Seele zu haben. Aber ich renne auch nicht leuchtenderweise durch die Gegend und verbreite "positive Energien"!

Irgendwie komme ich nicht weiter.
Hat jemand eine Idee?????

Ich bin der, der alles raubt.
Der Zerstörer der Welten.

Loreia · Mitglied Beiträge: 5

Hallo Shafali!
Meine Meinung dazu ist folgende:
Gothic bedeutet für jeden etwas anderes.
Für mich ist "Schwarz-Sein" einfach "Anders-Sein", bewußte Abgrenzung meiner Person von der breiten Masse, das Ausleben einer Ästhetik, die ein Teil meiner innersten Einstellung ist. Ich bin offen für alles, was anders und bizarr ist, empfinde Sympathie für Außenseiter (das war schon immer so), suche eher den besonderen Augenblick als den schnöden Kick im Leben, und begreife die dunkle Seite des Lebens als etwas, das mein Dasein unheimlich bereichert. Trotz allem will ich Mensch unter Menschen bleiben und mutiere nicht zum Vampir oder Dämonen, auch wenn mich diese Themen u.a. interessieren. Und das ist eigentlich das Wichtigste, finde ich: Mensch zu bleiben unter der Maske, hinter der Mauer, die "Schwarz-Sein" auch bedeutet.
Natürlich gehört auch die Musik dazu. Aber ich denke, wenn man auf HipHop oder Rap steht, will man sich nicht unbedingt düster und aufwendig kleiden. Allein schon der Tanzstil läßt dies ja auch nicht zu.

Allerdings mußte ich feststellen, das die Gothicszene sich ziemlich verändert hat. Vor kurzem war ich in einer Disco in Koblenz. Dort sollte Clathic Abend sein. Das setzt sich zusammen eben aus Gothic und Classik. Was wir da zu hören bekamen waren übelste EBM und IndustrialKlänge. Ich hätte ebensogut in einen Tekkieschuppen fahren können. Und mit den Leuten, die dort waren konnte ich mich absolut nicht identifizieren. Das war nicht dieser edle Stil, den ich kenne. Nein, die sahen alle billig und nuttig aus. Etwas "breitere Gürtel" mit zerfetzten Strumpfhosen, Lack und Leder usw.
Wenn man allerdings das Durchschnittsalter der Mädels schätzt, dann weiß man, das es bei denen wirklich nur die "Schockieren-Provozieren-Rebellieren"Phase ist, und die sich erst zum weggehen anzioehen, wenn Mama nicht mehr hinguckt. Hab es ja nciht anders gemacht

. Ich denke, in spätestens 4 Jahren sind die schon nicht mehr dabei....
Wie definierst du selbst denn das "Gothsein"?

Liebe Grüße, Loreia

P.S.: Goth sein bedeutet auch nicht direkt Satanist sein. Es gibt auch welche, die den Glauben an Gott dabei haben. Oder sich für das Heidentum oder Wikka interessieren. besonders in dieser Szene kann man nicht jeden über einen Kamm scheren...

Loreia · Mitglied Beiträge: 5

Nochmal ich.
Was die Kleidung angeht, hab ich zuhause auch meist "ganz normale" Sachen an. Meistens Bandshirts und Jeans. Aber eben nicht der Mode (und der breiten Masse) entsprechend (bin noch nie mit der Mode gegangen). Sogar schminken tu ich mich meist nur, wenn ich weggehe. Aber trozdem, ich kann noch so "normal" Aussehen, merken Fremde immer, das ich nicht so bin wie die anderen. Und das macht mich stolz! Es ist eben die innere Einstellung und die Aura die man hat. Die kann eben nicht geändert werden.

LadyTristania · Piratin Moderator Beiträge: 324 Ort: Rostock

hm, ich glaub auch das Gothic für jeden was anderes ist....

Ich z.B. bin ausgesprochen gesellig und ein (fast immer)

fröhliches Wesen (so Einsamkeit und Aussenseitertum sind irgendwie gar nix für mich, weiss auch nicht

) und trotzdem bin ich ne "Schwarze", mich zieht auch eher die Ästhetik der Szene an, das mystisch Versponnene und Sagenhafte, die "neue" Romantik (die ja sehr an die 19. Jahrhundert-Romantik angelehnt ist - hallo, ihr Prae-Raffaeliten *grins) und die Poesie des Ganzen...

und für andere hat das nu grad gar keine Anziehungskraft, die finden die Melancholie besser, odr das Morbide, oder wasweissich..;-)

Ich glaube, jeder definiert das anders für sich *malwiedersehrallgemeinseidageisteswissenschaftlerininspe hihi*

Mein Freund ist auch ein waschechter Goth und freizeitlicher Surf- sowie Snowboardlehrer! Jaja, das geht tatsächlich! ;-)

LadyTristania

Asrai · Mitglied Beiträge: 158 Ort: Lüneburg

Ich finde Loreias Erklärung sehr gut

Ich kleide mich auch nicht immer schwarz, aber doch recht häufig. Ich bin nicht besonders gesellig, hab aber unter Gothics unheimlich interessante Menschen kennengelernt, mit denen ich wunderbar auskomme. Irgendwie sind sie eben "anders". Es istw irklich schwer, das zu erklären. Sie wissen über viele "dunkle" Dinge bescheid, wie Vampire, Dämonen, dunkle Religionen, setzen sich viel mit Tod und den traurigen Momenten im Leben auseinander, die andere Menschen gern verdrängen, was ja durchaus verständlich ist. Ich würde sagen Goten denken eben verstärkt über solche Dinge nach, wollen immer mehr Dunkles entdecken und haben einen stark ausgeprägten Hang zu Träumereien und Melancholie. Natürlich kann ich da nun auch wieder nicht für alle sprechen. Es ist eben nur etwas, was halt auffällt. Alles dunkle hat eben etwas mystisches an sich, das ist einfach so. Und Mystisches ist anziehend.

schahfali · Mitglied Beiträge: 24 Ort: Gotham City

Danke für eure Antworten!!
Ich denke, ich definiere Goth-Sein doch auch sehr ähnlich wie ihr.
Klar, renne ich auch nicht permanent in schwarz herum, aber immer öfter

Ich definiere dieses Lebensgefühl einfach über mich selbst.
Ich BIN definiftiv ein Aussenseiter, stehe praktisch am Rande der Gesellschaft, aber nicht unbedingt, weil ich es nicht will.
Ich betrachte gerne die Dinge von aussen und auch eher gerne von der Ferne.
Ich glaube, bei Kerlen hat man sowas "Einsamer Wolf" genannt

Ich bin meistens ein sehr nachdenklicher Mensch und denke auch sehr oft über die Dinge des Lebens nach, mit denen sich andere vielleicht eher nicht beschäftigen.
Ich kann aber auch zur Partymaus mutieren

Ich glaube Goths sind Menschen, die sich mit Dingen auseinandersetzen (das kann jetzt Vampire, Geister, Friedhöfe, Tod, Leben etc. sein, muss aber nicht), von denen die heutige Spass- und Nullachtfunfzehn-Gesellschaft kaum noch was mitbekommt.
Naja, ich glaube, das ist doch irgendwie deutlich geworden, jetzt hier so *hoff*
Grüßle

Ich bin der, der alles raubt.
Der Zerstörer der Welten.

Asrai · Mitglied Beiträge: 158 Ort: Lüneburg

Letztendlich entscheidet man wohl einfach selbst, ob man sich als Goth bezeichnet oder nicht. Denn es kann auch viele "bunte" Menschen geben, die die aufgezählten Eigenschaften besitzen.

Fluchmädchen · Mitglied Beiträge: 574

Eigentlich seh ich das ganze auch so wie ihr!

Ich eigentlich schon immer so gewesen, wie ich jetzt immernoch bin.
Aber ich muss sagen, dass ich bevor ich mich mit Gothic beschäftigt habe viel öfter ziemlich deprimiert und einsam gefühlt habe.
Das ist jetzt nicht mehr so, ich fühle mich nicht mehr alleine, habe ein positiveres Selbstwertgefühl bekommen und fühle mich einfach wohler.

Im Alltag, besonders in der Schule, trage ich eigentlich relativ normale Sachen, wie Jeans, T-shirts und Pullis (meistens in schwarz, violett oder auch mal weiß).
Zum Fortgehen muss es dann aber schon auffälliger sein.
Da mein Stil schon immer eher romantisch-elegant war, trage ich auch jetzt eher solche Klamotten. Lack und zerissene Netzstrumphosen würden auch nicht zu mir passen, außerdem sind meine Samtshirts viel schöner!

Ich würde mich auch nie als typischen Goth bezeichnen, ich hab auch "bunte" oder total ungewöhliche Vorlieben (z.B finde ich rosa Schweinchen total süß! :D) Aber gerade das bin eben ich. Ich glaube das jeder einfach individuell ist und jeder so sein sollte wie er ist und sich nicht verstellen sollte. Gerade in der Gothicszene finde ich kann man besser man selbst sein, als in der "normalen" Gesellschaft.
Aber wie Asrai schon geschrieben hat definiert jeder sicher Gothic für sich selbst anders.

Liebe Grüße Fluchmädchen

Dunkelfee · FairyDiva Administrator Beiträge: 607 Ort: Witten

Dieses Thema ist, glaube ich, das meist Diskutierte in der Szene

Noch dazu ist die Frage wirklich schwierig zu beantworten, da es keine richtige Definition gibt.
In der Szene haben sich so viele unterschiedliche Stile entwickelt, daß eine Definition wirklich schwierig ist.
Ich denke der allgemeine Grundgedanke, den die Stile innerhalb der schwarzen Szene, gemeinsam haben, ist die Abgrenzung zur "normalen" Gesellschaft.
Die Vielfalt der Stile spiegelt sich schon in der Kleidung wider aber auch in der Musik.
Manche Goths mögen den eleganten Romantiklook (Samtkleider, Spitze etc.), andere tragen lieber Lack und wieder andere tendieren eher in Richtung zerrissene T-Shirts und Ringelstrümpfe.
Interessant ist, daß sich eben nicht nur die Kleidung dieser Gruppen unterscheidet, sondern auch deren Musikgeschmack und ich denke damit auch die allgemeine Einstellung zum Leben.

Für mich ist die schwarze Ästhetik & Mystik ein wichtiger Punkt und einige Klischees werde ich wohl unbewußt erfüllen, aber nur deshalb, weil ich einfach so bin

Ich mag halt nun mal düstere Atmosphäre & Filme, Tee, Kerzen etc., was aber nicht bedeutet, daß ich ausschließlich nur diese Dinge mag...
Das wäre ja auch furchtbar langweilig und eintönig.
Mein Kleidungsstil ist auch eher der romantische & edle Look.
Im Alltag schmeiße ich mich natürlich nicht in das aufwendige Samtkleid, sondern auch in ganz normale Hosen und Tops in schwarz oder in dunkleren Farben, allerdings liebe ich auch meine blaue Jeans *grinsel*

Bei manchen Stilen der schwarzen Szene finde ich es überigens unheimlich schwierig außer der Gemeinsamkeit des Andersseins noch andere Verbindungen in den Einstellung zu finden.
Das ist mir dann doch etwas wenig, um Alles unter den Begriff "Gothic" zu fassen, aber vielleicht entdecke ich weitere Gemeinsamkeiten irgendwann noch...

Sonst denke ich mir einfach je vielfältiger, desto besser, solange ein guter Gedanke dahintersteckt!

Gast · Erstellt: 13.03.04, 20:35 Betreff: Re: Was ist eigentlich ein Goth?

Wirklich schwierig...

Ich denke auch, daß die Abgrenzung oder zumindest Distanzierung von der breiten Masse dabei eine große Rolle spielt.
Andere Dinge wie Musik, Kleidung, Stil etc. können individuell sehr unterschiedlich sein - rein äusserlich kann man mich wohl auch nicht als Goth bezeichnen (edle Samtkleider würden auch nicht zu mir passen, nicht wahr, Dunkelfee?

), ich trage zwar meistens dunkle oder schwarze Klamotten und helle "fröhliche" Farben liegen mir nicht, aber eigentlich sehe ich ziemlich normal aus.
Ein besonders melancholisches Wesen bin ich auch nicht (eher etwas sarkastisch, wie manche meiner Freunde behaupten...), mit der vielerwähnten "Spaßgesellschaft" kann ich mich allerdings überhaupt nicht identifizieren.

Mythologie, vorchristliche oder "heidnische" Lebensweisen und Weltsichten und das Mittelalter oder auch die Romantik (@ Lady Tristania: dank einer Freundin die Kunstgeschichte studiert, hab ich sogar schon mal 'ne Prä-Raffaeliten - Ausstellung besucht *obwohlnaturwissenschaftlerinbin*

) haben mich ebenfalls schon immer beschäftigt und fasziniert.

Ob mich diese Eigenschaften direkt zum "Goth" machen, weiß ich selbst nicht zu sagen, auf jeden Fall bin ich anders als der mainstream.
Letztendlich denke ich auch, daß jeder die Sache für sich selbst definieren muß - für mich bedeutet das in erster Linie ein "Anderssein" als der Durchschnitt und sich selbst treu zu bleiben, unabhängig von wechselnden Moden oder dem vorherrschenden Zeitgeist.

Viele Grüße,

Hörnchen