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zeuthen · Mitglied Beiträge: 1396

die 4. tür

liebe barbara,

ich gebe zu: ich muss mich nicht zwischen glauben und leben entscheiden.
zu meiner zeit, in meinem land, ernte ich höchstens mal einen schiefen
blick, wenn ich sage, dass ich christin bin. was dagegen hast du alles ertragen müssen!
allein schon, dass du deinem vater die stirn geboten hast,
war für ein mädchen im dritten jahrhundert sicher ein starkes stück. doch
du bist noch viel weiter gegangen. hast an deinem glauben festgehalten, wurdest dafür sogar hingerichtet. so erzählen es sich die menschen noch
immer über dich
heute sind die verhältnisse andere - wenigstens in meinem land. hier herrscht zum glück glaubensfreiheit.
in ordnung ist unsere welt trotzdem nicht. deswegen erinnere ich mich gerne an dich, wenn ich heute in den garten gehe und einen zweig vom obstbaum schneide (du weißt: wie der, der sich in deinem kleid verfing
auf dem weg uns gefängnis - er blühte in deiner zelle, weil du ihm wasser gabst).
ich werde ihn ins warme holen, ihn hegen und pflegen.
und ob er nun am heiligabend oder an einem anderen tag blüht - sein grün wird mir zeigen, dass hoffnung einen sinn hat.

isabel