Sade
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Erstellt: 01.12.05, 13:31 Betreff: Re: interviews und presseberichte |
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Die weltlichen Ansichten von Xavier Naidooveröffentlicht: 30.11.05 - 12:04, akt.: 01.12.05 - 09:45, Autor: Stefan Woldach
München (rpo). Xavier Naidoo wird von vielen als Soul-Prediger angesehen, der seinem Glauben verpflichtet ist. Dass der Mannheimer auch anders kann, zeigt er mit seinem aktuellen Album "Telegramm für X". Als Teil der Kampagne "Du bist Deutschland" hält der 34-Jährige den Politikern den erhobenen Zeigefinger vors Gesicht. Und als Workaholic hat er zum neuen Album auch gleich eine DVD veröffentlicht. Darauf ist der Musiker so privat zu sehen wie nie zuvor. Kaum war Dein letztes Album veröffentlicht, folgte das Projekt Fourtress, dann die Söhne Mannheims. Du arbeitest unglaublich schnell. Ich versuche, dass die Produktion, die Geburt eines Songs, möglichst in einem Guss passiert. Dass ich nicht lange überlege, wie war ich drauf, als ich den Song schrieb? Wie waren meine Gefühle? Ich leg einfach los. Wenn man schnell arbeitet, ist es frisch. Und dann macht's mir mehr Spaß. Deswegen sind viele Songs meist nach anderthalb bis zwei Stunden aufgenommen.
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Wie funktioniert eigentlich die Abgrenzung von Xavier Naidoo zu den Söhnen Mannheims? Das passiert zuerst mal im Kopf, wenn ich weiß, ich schreibe jetzt für mich. Da muss ich nicht für andere mitdenken, da reicht es, dass ich mir meine eigenen Gedanken mache. Auf der anderen Seite ist "Telegramm für X" ein Studioalbum, also nicht Live mit den Jungs von der Band eingespielt. Dieses Album lebt davon, dass es programmierte Beats und Sounds hat, während die Söhne mittlerweile alles grundsätzlich Live einspielen.
Bist Du denn nie satt, wenn Du die ganze Zeit schreibst, singst, produzierst, arrangierst? Ich schreib' ja nicht die ganze Zeit. Dieser Schaffensprozess dauert nicht lange. Aber der ist so prickelnd, und ich hab da so dermaßen viel Freude dran, dass ich das ja auch zum Beruf gemacht habe. Ich kann tagelang, nächtelang im Studio sein, Beats machen und Texte schreiben. Das finde ich großartig.
Vor diesem Album hattest Du einige Songs als Auftragsarbeiten für andere Künstler geschrieben, die dann aber nicht veröffentlicht wurden. Böse Zungen sagen jetzt bestimmt, Naidoo veröffentlich seine "Leftovers" ... Naidoo: (lacht) Meine Philosophie lautet: Wenn ich Songs für andere Schreibe, dann müssen sie mir Schmerzen bereiten, wenn ich sie hergebe. Sonst wär' das nichts Echtes. Meine Mutter hat immer gesagt: "Wenn du etwas weggibst, dann nur etwas, an dem du selbst wirklich hängst." Und genau so ist es auch mit diesen Songs.
Wie schreibst Du denn für andere Künstler, wie funktioniert das für Dich? Ich nehme mir das einfach vor, weil ich ja selbst schon so viel Zeug für mich schreibe. Dann versuche ich mich in andere Menschen, Sänger und Künstler hinein zu denken. Aber am Ende ist das schon alles ziemlich auf mich gemünzt, wenn ich mal ganz ehrlich bin.
Was auffällt an diesem Album: Du gibst Dich sehr privat und offen, zum Beispiel im Video zu "Zeilen aus Gold", wo Du Deine Familie aus Südafrika zeigst. Da die nicht in Deutschland leben, sondern weit weg in Südafrika, fiel mir dieser Schritt nicht so schwer. Wäre das meine Familie in Deutschland gewesen, hätte ich das sicher nicht getan. Aber das war wirklich eine schöne Sache für mich. Ich wollte schon immer mal so ein Video drehen, mit lauter engen Freunden, Verwandten. Mit Leuten, die real sind.
Auf der anderen Ebene ist dieses Album weniger "Jammern auf hohem Niveau", weniger ein Statement Deines Glaubens, sondern viel weltlicher. Der Glaube wurde schon hier und da eingeflochten, aber seltener, das stimmt. Man wird eben älter und gefestigter. Außerdem hab' ich ja viele Dinge schon gesagt. Mir hat viel auf der Seele gebrannt, zum Thema Glauben. Aber in diesem Fall hatte es nicht so diese Dringlichkeit. Jetzt sind andere Themen in den Vordergrund gerückt.
Stimmt. Im Song "Bist Du am Leben interessiert?" steckt ein regelrechter Friedensappell, dazu ein glühendes Plädoyer fürs Leben. Gleichzeitig verurteilst Du jene Menschen, die andere zum Terror instrumentalisieren. Ich gehe in diesem Song gar nicht die Selbstmordattentäter selbst an, das will ich nicht. Aber ich stelle mir sehr deutlich vor, was für eine krasse Schuld man auf sich lädt, wenn man Jugendliche dazu überredet, einen Bombengürtel umzuschnallen, um damit andere Menschen in den Tod zu reißen.
Wo stehst Du mit dieser Platte? Es gibt immer eine Zeit, in der jeder Künstler meint, dies sei sein persönlichstes Album. Das klingt abgenutzt, ist aber so. Ich glaube aber auch, das jedes meiner Alben persönlich war, denn Soul bedingt, dass man sich aus dem Inneren bedient und schreibt, was man fühlt. Aber ich habe diesmal wohl Worte gefunden, die das alles noch persönlicher machen.
Du wirst im Februar auf Tour gehen. Was dürfen wir erwarten? Die Tour im Februar steht unter Motto "Bist Du am Leben interessiert?" Die Leute, die auf dem Album mitspielen, werden dabei sein, dazu Trompete und Saxofon. Der Gunther Hecker, der sich auch sonst immer das Design kümmert, ist gerade am Bühnenbild dran. Wenn wir es von den Kosten gebacken bekommen, wird das eine Produktion geben, die es bisher noch nie gegeben hat.
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