Irina
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Erstellt: 07.02.11, 14:26 Betreff: Re: Alive & Swingin' - Ausgabe 2011 |
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*Pop:* In der Alten Oper wandelt Xavier Naidoo mit Sasha, Rea Garvey und Michael Mittermeier höchst unterhaltsam auf den Spuren von Frank Sinatras "Rat Pack"
Frankfurt wird fast zu Las Vegas
Von unserem Redaktionsmitglied Jörg-Peter Klotz
Es ist ein gewagtes Unterfangen, das sich dieses Quartett unter dem Etikett "Alive and Swingin'" auf die Fahne geschrieben hat: Es als Sänger oder Entertainer mit dem legendären "Rat Pack" um Frank Sinatra, Dean Martin und Sammy Davis Jr. aufzunehmen, kann furchtbar daneben gehen. Zumal, wenn man wie jeder aus der illustren Riege mit dem Mannheimer Xavier Naidoo (39), Popsänger Sasha (39) und Reamonn-Frontmann Rea Garvey (37) einen sehr guten Namen zu verlieren hat, der auf ganz anderem musikalischen Gebiet entstanden ist als dem Smoking-befrackten Swing-Easy-Listening des Sinatra-Clans, der seine alkohol- und nikotin-schwangeren Auftritte gern als "The Summit" bezeichnete.
Aber auch das deutsche "Rat Pack" ist eine Art Gipfeltreffen, zählen Naidoo, Sasha und Garvey hierzulande doch zu den erfolgreichsten Musikern ihrer Generation. Zusammen mit ihrem Conférencier, Star-Komiker Michael Mittermeier (44), der den Part von Las-Vegas-Comedian Joey Bishop in der hyperaktiven Art von Jerry Lewis anlegt, bringen sie eine bislang in Deutschland einzigartige Live-Kombination von Star-Power auf die Bühnen. Kein Wunder, dass ihre komplette "Tournee ausverkauft ist - inklusive der beiden Auftritte in Frankfurts Alter Oper.
Keine reine Kopie
An der von Marek Lieberberg und BB-Promotion-Chef Michael Brenner produzierten Show stimmt eigentlich alles: Das Bühnenbild ist imposant, Showtreppe und eine unvermeidliche Bar sorgen für Glamour und den musikalischen Rahmen liefert kompetent die Tobias Kremer Big Band, mit der sich Anfang des Jahrzehnts auch der "deutsche Sinatra" Tom Gaebel einen Namen gemacht hat. Die zwölfköpfige Combo ist natürlich nicht die Count Basie Band, mit der das Original-"Rat Pack" seine brillantesten Konzerte ablieferte. Aber vor allem die Rhythmusgruppe verleiht dem Breitwand-Sound genug Swing, um authentisch zu klingen
Die singenden Hauptdarsteller verfügen über das Stimmvolumen, um sich dagegen zu behaupten und haben hörbar mehr geprobt als bei ihrem ersten gemeinsamen Swing-Ausflug 2005 für ProSieben. Außerdem vermeiden sie einen Kardinalfehler: Keiner von ihnen kopiert ernsthaft einen der Las-Vegas-Granden, sie passen ihren eigenen Stil nur ein wenig dem Big-Band-Sound an. Lediglich der ständig als frauenverschlingender Beau bewitzelte Sasha nippt mal wie "Dino" am Mikrofon statt am Whisky und imitiert wie der grandiose Sammy Davis Junior Kollegen - in diesem Fall virtuos Falco und launig Udo Lindenberg. Für manche inhaltlichen Ausfälle des "Rat Pack" ist das Quartett wohl auch einfach nicht betrunken genug, die Witze auf Kosten der Hautfarbe Naidoos sind jedenfalls deutlicher zahmer als damals Martins Pfeile in Davis' Richtung ("sing uns doch mal ein Rassenunruhen-Medley, Sam"). Mittermeiers lautstark gefeierte, gleichberechtigte Einlagen, größtenteils Auszüge aus seinem aktuellen Programm "Achtung Baby", sind allerdings mitunter derb genug, dass vor allem Naidoos Ohren oft zu glühen scheinen.
Das hindert den Mannheimer nicht daran, schon im ganz auf "Rat Pack"-Klassiker fokussierten ersten Teil unwillkürlich klar zu machen, wer stimmlich der Primus inter pares ist: Zu Anfang bewegt sich das Gesangstrio bei "Ain't That A Kick In The Head" und "I Could Have Danced All Night" auf Augenhöhe, aber bei den Solonummern sticht Naidoos kraftvolles "The Impossible Dream" Sashas sehr gefühlvolles "I've Got You Under My Skin" und Garveys rockiges "Hit The Road Jack" aus. Ein Sinatra-Monolith wie "Luck Be A Lady" zeigt aber auch die Grenzen des Pop-Trios, dass hier angestrengt den düsteren Geist von Las Vegas zu beschwören versucht, während "Ol' Blue Eyes" den Song zwar mit Joe-Louis-Punch gesungen hat, dabei aber so entspannte wirkte, als könne er dabei noch einen Jumbo fliegen.
Die zweite Hälfte stellt den Fokus weiter, es wird poppiger: Garvey glänzt gefühlig mit "Oh Danny Boy", Sasha als Tom Jones, selbst Mittermeier singt (viel umjubelt: "Ring Of Fire"), Naidoo schießt mit dem Gospel-Soul-Heimspiel "Higher And Higher" die Lichter aus. Dabei folgen die interessantesten Momente noch: Wenn Mittmeier die Songs seiner Mitstreiter auf die Schippe nimmt - und diese sich dann gegenseitig covern: Reamonns "Supergirl" verwandelt Sasha in eine waschechte Swingballade, während Naidoo aus dessen "I Feel Lonely" Mannheimer Soul schmiedet. "Ich kenne nichts" als Rumba ist eine schöne Idee, nur sollte man Garvey den Text der australischen Version "I've Never Seen" geben - sonst hakt's zu sehr. Am Schluss steht "My Way", mit Vollgas im Chor gesungen. Spätestens jetzt fühlen sich in Frankfurt nicht nur Banker wie in Las Vegas.
Mannheimer Morgen 07. Februar 2011
Quelle: www.morgenweb.de
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