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Bine

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New PostErstellt: 04.05.07, 10:37     Betreff: Re: Presse & Internet

Musik ist Bildungsaufgabe und kein Zeitvertreib

Winfried Richter, Bundesvorsitzender des Verbandes deutscher Musikschulen, im Gespräch mit der neuen musikzeitung

Warum ist das so? Was ist damit gemeint? Das sind die Fragen die Winfried Richter, Bundesvorsitzender des Verbands deutscher Musikschulen (VdM), seit jeher an der Musik interessiert haben. Der promovierte Musikwissenschaftler hat aber auch eine andere, eine praktische Seite. Als Klavierlehrer arbeitete er während und nach dem Studium an der Musikschule in Kiel. Dann wurde er in Sachen Öffentlichkeitsarbeit als Referent für den VdM-Landesverband Schleswig-Holstein angefragt. Dort lernte er die Verwaltungsarbeit kennen. Seit 1986 ist Richter Leiter der Musikschule Pinneberg und kann dort seine Erfahrungen aus Öffentlichkeitsarbeit, Verwaltung, musikalischer Praxis und musikwissenschaftlichem Denken ideal umsetzen.Die Bundesversammlung des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM) wählte am 29. April 2005 in Essen Winfried Richter, Landesvorsitzender der Musikschulen in Schleswig-Holstein und Leiter der Musikschule Pinneberg, zu ihrem Bundesvorsitzenden. Wenige Wochen vor dem Start des 19. Musikschulkongresses in Mannheim stellte sich Richter den Fragen von Andreas Kolb, Chefredakteur der neuen musikzeitung.

neue musikzeitung: Was waren Ihre wichtigen Themen von 2005 bis heute?
Winfried Richter: Das Schöne für mich war, dass ich einen sehr gut aufgestellten Verband vorgefunden habe. Auch die Tatsache, gleichzeitig mit Matthias Pannes einen neuen Geschäftsführer zur Seite zur haben, hat sich als absoluter Glücksgriff herausgestellt. In den ersten Gesprächen innerhalb des erweiterten Bundesvorstandes und auch denen mit Musikschulleitern stellte sich bald heraus, dass wir ein neues Gleichgewicht zwischen Bundes- und Landesebene auf die Agenda setzen sollten. Ein erster Ansatz sind Kompetenzzentren in Kombination von Landes- und Bundesebene. Derart ist es uns gelungen zum neuen TVöD ein beispielhaftes Modell zu erarbeiten. Ebenso entwickeln wir derzeit ein Forum für Leitungskräfte. Strukturelle Innovationen sind auf den Weg gebracht, die wirksam werden.

nmz: Sie betonen die Gemeinsamkeiten von Landes- und Bundesinteressen innerhalb des Verbandes. Wie will der Bundesverband ein Dach bilden über die föderalen Strukturen?
Richter: Es gilt, Weichen zu stellen. Wir müssen Impulse geben, neue Dinge aufnehmen. Diese können auch aus der kleinsten Schule kommen. Dazu benötigen wir weiter Bundesmittel für Forschung und Fortbildung, um die neuen Herausforderungen der Zeit verantwortlich lösen zu können. Dazu zählt dann auch, die Leiter der Musikschulen auszubilden und die Öffentlichkeitsarbeit weiter auszubauen. Es ist natürlich eine zentrale Aufgabe der Bundesebene, klar zu machen, wie wichtig die Musikschularbeit ist, die mehr als jedes Projekt leistet, durch ihre Kontinuität nachhaltig wirkt und keine kulturelle Eintagsfliege darstellt.

nmz: „Macht Mozart schlau?“, eine aktuelle Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, fasst den Forschungsstand zum Thema Förderung kognitiver Kompetenzen durch Musik zusammen. Wie stehen Sie zur sogenannten Bastian-Falle? Sind solche Untersuchungen für Ihre Öffentlichkeitsarbeit in irgendeiner Form wichtig oder legitimieren Sie Ihre Arbeit, wie Sie ja gerade schon ausgeführt haben, ganz anders?
Richter: Spätestens seit der griechischen Antike wissen wir von Platon oder Aristoteles oder über die Affektenlehre des Barock bis hin zur gegenwärtigen Hirnforschung, dass Musik Wirkung auf die geistige und seelische Ausrichtung des Menschen zeigt. Wenn eine Komposition von J.S. Bach zu Lebzeiten des Meisters den Menschen etwas sagte, dann ist es schon erstaunlich, dass sie heute noch die selbe Wirkung hat. Viele technische Errungenschaften seit dieser Zeit haben sich verändert, mit denen könnten wir nichts mehr anfangen, aber die geistige und emotionale Wirkung dieser Musik, ihre geistige Botschaft gibt uns noch jede Menge. Dadurch verinnerlicht man mit Sicherheit Wertvorstellungen, die sehr reflektiert sind. Zwei beliebige Beispiele: Denken Sie im Zusammenhang eines interkulturellen Dialogs an Musik von Bela Bartok, wo Dinge ihre musikalische Herkunft in anderen Kulturkreisen haben. Denken Sie an Lutoslawski, der mittels der Aleatorik dem Interpreten als Teil eines Ganzen große Freiheiten einräumt. Das sind alles geistige Botschaften, die sich mehr oder weniger reflektiert im Hörer dann auch festsetzen werden und sein Weltverständnis über die Musik mit prägen. Dadurch entsteht eine geistig-seelische Ausrichtung, die unsere Gesellschaft dringend braucht, um zum Miteinander zu kommen. Das miteinander Musizieren, das aufeinander Hören hat eine soziale Auswirkung auf den Menschen. Dem kann man nicht sinnvoll widersprechen. Neben Intelligenz und sozialer Verantwortung ist auch Empathie eine wichtige Sache. Sensibilität schaffen und nicht Menschen zu Maschinen erziehen, darin ist ein großer Wert in der Musikpädagogik zu sehen. Das können wir gar nicht hoch genug ansetzen.

nmz: Im Mai findet der 19. Musikschulkongress unter dem Titel „Musik zeigt Wirkung, Musikschule für morgen“ statt. Was sind da für Sie die wichtigsten Themen 2007?
Richter: Wenn wir sagen, Musik zeigt Wirkung, geht es uns nicht um kaufmännischen In- und Output, auch nicht um flankierende medizinische Vorsorgemaßnahmen zur Gesundheitsreform. Wir definieren die Wirkung etwas anders. Der Kongress ist ein Spiegelbild der musikpädagogischen Arbeit der Musikschulen, die sich durch innovative Impulse regelmäßig entwickelt und entfaltet. Damit ist der Kongress ein bewährtes Mittel, engagierte Musikschularbeit in der Bevölkerung wirkungsvoll zu multiplizieren. Zu den Aufgabenfeldern der Zukunft gehört der Bereich der Frühförderung. Es kann nicht sinnvoll sein, viele Krippen zu haben, aber darin kein vernünftigeres Angebot als die Aufbewahrung von kleinen Kindern. Wir müssen Angebote schaffen: für Eltern und Kinder, von der Geburt an. Wir sehen die integrativen Momente und Wirkungen gerade auch in musikalischer Frühförderung. Dann müssen wir in die Kindergärten, und wie setzen wir in den Grundschulen diesen Prozess fort?

nmz: Stichwort Schulkooperation: Was ist da der aktuelle Stand?
Richter: Es wird auch ein ganz wesentlicher Gesichtspunkt auf dem Kongress sein, dass wir Beispiele neuer Kooperationen mit allgemein bildenden Schulen darstellen. Die Nachfrage an den Musikschulen hat auf diesem Gebiet unglaublich zugenommen.

nmz: Im VdM-eigenen Verlag publizieren Sie Best-Practise-Modelle von Kooperation?
Richter: Ja. Aus diesen Best-Practise-Modellen sind Dozenten auf dem Kongress in Mannheim. Das zur Schul-kooperation. Aber es geht natürlich weiter: Musikschularbeit ist wiederum gefordert, wenn wir an den dritten Lebensabschnitt denken. In Zukunft haben wir größere Anteile an Älteren in unserer Gesellschaft, die mit Sicherheit gerne Musizieren wollen und für die wir die Musik für deren Wohlergehen in größerem Umfang anbieten wollen.

nmz: Auf dem Kongress kooperiert der VdM mit der Popakademie Mannheim. Was verbirgt sich dahinter?
Richter: Ganz einfach: Es gibt die Popakademie in Mannheim, es gibt die Musikschule in Mannheim, und nun lasst uns doch, wenn wir den Kongress in der Stadt machen, beides nutzen und auch sehen, was in der Popakademie geboten wird. Wenn es im Popularmusikbereich interessante Sachen gibt, die wir annehmen können, dann wollen wir das gerne tun. Analog geschieht das übrigens auch mit den Yamaha-Musikschulen. Wenn die auf uns zukommen, sind wir gerne dazu bereit, einen gemeinsamen Ansatz zu finden in der pädagogischen Arbeit. Eine großartige Sache, finde ich, ist, dass die Söhne Mannheims gemeinsam mit dem Baden-Württembergischen Jugendorchester spielen werden. Das muss man auch nach außen demonstrieren: Zwei Flächen der musikalischen Praxis, die klassische Musik und die Popularmusik, fügen sich wunderbar zusammen. Wenn junge Menschen solche gemeinsamen Projekte machen, dann ist das ein Signal, welches hoffentlich Nachahmung findet.

nmz:
Kooperation gibt es auch mit Verbänden, zum Beispiel. Wie ist da die Strategie des VdM?
Richter: Kooperationen gibt es mit der Jeunesses Musicales, mit dem VDS oder mit der Deutschen Orchestervereinigung – um nur Beispiele zu nennen. Wir grenzen uns nicht voneinander ab, sondern wir haben eine gemeinsame Aufgabe: Lobbyismus für die Musik

nmz:
Momentan ertönt immer lauter der Ruf nach einer Reform der Musikerzieherausbildung an den Hochschulen. Welche Forderungen hat der VdM?
Richter: Der Arbeitsmarkt für Musikschullehrer ist weiter gefächert als jemals zuvor. Unser Arbeitsfeld reicht vom Unterricht mit Kleinkindern bis ins hohe Alter. Wir brauchen rund 35.000 Musikschullehrer in Deutschland, die in ihrer Ausbildung von diesen Themenfeldern meistens nichts erfahren haben. Die sollen in den Schulen musizieren, auch beim Klassenmusizieren wirken und sind dafür nicht hinlänglich ausgebildet. Wir müssen sie durch Fortbildung und interne Maßnahmen durch Kollegen darauf vorbereiten. Ist es nicht viel sinnvoller, den Menschen eine Hochschulausbildung zu geben, die sie in die Lage versetzt, das zu erlernen, was sie dann nachher wirklich schultern müssen? Immerhin zählen wir über 1,1 Millionen Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die Woche für Woche die Musikschulen besuchen. Die Hochschulen setzen immer noch im Wesentlichen auf eine künstlerische Ausbildung. Da muss etwas geschehen.

nmz:
Wie könnte denn dieses Studium idealerweise aussehen, gibts da vom VdM klare Wünsche an die Politik?
Richter: Wir haben zunächst das Y-Modell als Lösung angestrebt. Der andere Ansatz ist tatsächlich auch nicht zu verwerfen, das H-Modell. In beiden Fällen geht es um einen höheren beziehungsweise auch später nutzbaren Anteil an pädagogischer Ausbildung. Studiengangreformen sind schwer, aber sie müssen kommen.

nmz:
Der VdM-Bundesverband hat die Aufgabe, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, Meinung zu bilden. Dazu haben Sie auch einen eigenen Verlag, dazu arbeiten sie zum Beispiel mit der nmz und mit anderen Medien zusammen. Was sind aktuelle Vorhaben?
Richter: Wir erstellen zur Zeit eine neue Handreichung für die Musikschulen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit. Dann ist der Bereich der Musikvermittlung natürlich auch im Hinblick auf Integrationsprozesse ein wichtiges Thema. Weitere Punkte: Früher dominierte an den Musikschulen Einzelunterricht. Das hat sich geändert. Da sind Kollegien entstanden, in denen man versucht, mehr zu bewegen als nur den Einzelunterricht. Durch neue Arbeitsfelder ist für viele eine andere Bindung zu den Musikschulen und Kollegen entstanden. Ganz offensichtlich haben wir eine neue Identität von Musikschullehrern. Auch das wird sich in einem Panel auf dem Kongress wieder finden.

nmz: Für die Daheimgebliebenen: Wie dokumentieren Sie die Begegnung in diesem Jahr?
Richter: Wir geben regelmäßig eine Dokumentation des Kongresses heraus. Zeitgemäß geschieht dies seit einigen Jahren im Internet. Aber wichtiger ist diesmal, dass wir mit nmz-Media zusammenarbeiten. So können sich Kollegen an der Musikschule eine Veranstaltung auch mal hinterher anschauen. Das ist ein hochaktuelles Medium, deshalb freuen wir uns auf die nmz-Media-Produktion.

nmz: Was wünschen Sie dem VdM für die Zukunft?
Richter: Ich wünsche mir, dass unsere Gesellschaft noch stärker begreift, wie wichtig das gemeinsame Musizieren ist. Dass man stärker wahrnimmt, wie eine Musikalisierung der Bevölkerung uns als Gesellschaft insgesamt stark macht; dass wir Werte, die in der Geschichte gewachsen sind, die sich im Laufe der Geschichte differenziert haben und in der Musik ihren Niederschlag gefunden haben, in großem Umfang weitergeben müssen. Dass die Kommunen weiter erkennen, wie wichtig musikalische Bildung für unsere Gesellschaft ist und dass die Länder zunehmend erkennen, dass dies eine Bildungsaufgabe ist und nicht ein kultureller Zeitvertreib.

Quelle: http://www.nmz.de/nmz/2007/05/v-verband-leiter.shtml


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Verabschiedet euch immer mit einem Lächeln voneinander....

UNFU**INGFASSBAR!!!
THE RAT PACK IS ALIVE!!!!


[editiert: 04.05.07, 10:39 von Bine]
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