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Erstellt: 23.12.06, 06:25 Betreff: Naidoo macht Fans zu "Geheimnisträgern"
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Naidoo macht Fans zu "Geheimnisträgern" POP: Mit einem starken Heimspiel eröffnen die Söhne Mannheims ihre Club-Tournee, auf der sie neue Songs testen
Von unserem Redaktionsmitglied Jörg-Peter Klotz
Die Söhne Mannheims sind Experten für ungewöhnliche Konzerte - die Besucher ihrer allerersten kleinen Tournee im Frühjahr 2000 konnten bestenfalls zwei, drei Stücke kennen, im Vorprogramm von U2 erschreckten sie ein Jahr später die Rock-Fans mit ungeahnter Härte - die sie auch im eisigen Regen als Headliner bei "Rock am Ring" unter Beweis stellten. Zuletzt unterbrachen sie ihr Sabbatjahr für das Rahmenprogramm der Fußball-WM, um mit Hilfe großer Gesangsstars wie Anna Maria Kaufmann die Brücke zur Klassik zu schlagen. Jetzt schließt sich der Kreis: Wieder im Club, dem Mannheimer Maimarktclub, die Söhne-Köpfe Xavier Naidoo und Michael Herberger mit Jeans und T-Shirt statt Abendgarderobe - und wieder betreten Band und Publikum über weite Teile des Abends musikalisches Neuland.
Ungewöhnliche Konzerte erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Und so kommt Naidoo zunächst allein auf die Bühne. Zum einen, um die fast dreiviertelstündige Verspätung zu entschuldigen - sein Co-Frontmann Tino Oac musste sich wegen Bauchschmerzen im Krankenhaus durchchecken lassen. Zum anderen nutzt er die Gelegenheit, den teilweise schon recht ungeduldigen Fans einfach mal die Texte der neuen Songs vorzulesen - "damit Ihr wisst, was auf Euch zukommt". Natürlich geht mit dem Vollblutsänger dabei immer wieder der Gaul durch, und er verfällt zumindest bei den Refrains in die Gesangsstimme. Begeisterter Applaus ist die Folge, das erlebt man als Fan ja nicht alle Tage.
Der eigentliche Auftritt beginnt dann auch gleich mit neuem Material, das irgendwann im Jahr 2007 auf dem dritten Söhne-Album "Iz On" erscheinen wird: Ein zwingendes 70er-Jahre-Rock-Riff eröffnet den einprägsamen Midtempo-Song "In This For Life", den vor allem eine flammende Einlage von Rapper Metaphysics prägt. Er transportiert eine ähnliche Botschaft wie der aktuelle Naidoo-Hit "Was wir alleine nicht schaffen" und springt dabei zwischen Deutsch und Englisch (daher kursiert auch noch der alternative Songtitel "Es gibt keinen Vergleich"). Ein Plädoyer für Nachhaltigkeit mit Blick auf die kommenden Generationen schließt sich an: "Kinder" läuft über einer dezenten Reggae-Linie, wird auf Anhieb mitgeklatscht und profitiert vom regen Wechselspiel der Söhne-Sänger um den glänzend stimmführend Naidoo. Eine ähnliche Thematik verfolgt auch "Lieder drüber singen" mit Textzeilen wie "Es wäre schön, wenn Ihr glücklich wärt, dass wir vor Euch hier waren."
Einem Ausflug auf altbekanntes "Zion"-Terrain mit den Klassikern "Jah Is Changing All", "Power Of The Sound" und "Meine Stadt", bei dem Naidoo den Part des geschassten Claus Eisenmann wieder mitsingt, schlägt die Brücke zur nächsten unbekannten Programminsel: "Deswegen danke ich dem Himmel" könnte die nächste Hitballade der Söhne werden und beeindruckt live durch das mehrstimmige Gesangsarrangement und ein mitreißendes Solisten-Duell von Robbee Mariano und Andreas Bayless an Bass beziehungsweise Gitarre. Naidoos Text trägt autobiografische Züge. Ganz stark: "Vizions Of You", das mit einem rumpelnden Tom-Waits-Intro immense Spannung aufbaut, die sich in einer gigantischen Klanglandschaft aus Koshos Gitarre entlädt, und allen Söhne-Sängern solistischen Raum gibt: Michael Klimas klare Rockstimme hat man in dieser Ausführlichkeit noch nie gehört, der verlorene Sohn Tino Oac ist - auf eigene Verantwortung - dazugestoßen und überzeugt als zweiter Frontmann, und Teilzeitmitglied Henning Wehland, den man eher als Hardcore-Shouter der Crossover-Combo H-Blockx kennt, verblüfft mit einer geschmeidig auf Deutsch gesungenen deutschen Strophe.
Bis dahin hatte der Münsteraner eher dekorativ als integriert gewirkt - aber die ganze Club-Tournee, die die Söhne auch erstmals nach London oder Paris führt, hat ja Testcharakter. Und für ein "Trainingsspiel" klappt alles bis auf ein paar kleine Fehlpässe und gelegentliche Blicke auf die Textblätter an der Seitenlinie hervorragend. Immerhin können es sich die Söhne problemlos leisten, auf große Hits wie "Geh davon aus" zu verzichten und auf Live-Kracher wie die "Eisenmann-Songs" "Komm heim" oder "König der Könige". Das neue Material gleicht den Verlust spielend aus, wird teilweise sogar auf Anhieb mitgesungen. Das positive "Going Towards Heaven" ist eine ideale Schlussnummer, davor hat der Titelsong des geplanten Söhne-Albums, eine Hip-Hop-Ballade, die um eine Art Cello-Riff von Keyboarder Florian Sitzmann gebaut ist, das Motto für 2007 vorgegeben: "Iz On - das heißt jetzt geht's los!". Dafür ist die Band bestens gerüstet - nur soll das noch nicht jeder wissen: "Ihr seid jetzt alle Geheimnisträger", schärft Naidoo den Fans ein, nachdem er mit der nicht geplanten dritten Zugabe "Und wenn ein Lied" ein wieder mal ungewöhnliches Konzert beendet hatte.
Mannheimer Morgen 23. Dezember 2006
Quelle: www.morgenweb.de
"doch wenn ich arm bin, habe ich nur meine träume. die träume breite ich aus vor deinen füßen. tritt leicht darauf, du trittst auf meine träume." (William Butler Yeats)
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