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Erstellt: 30.01.11, 14:56 Betreff: Re: Automobilsommer 2011:: multimediales Ausnahme-Event |
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*SWR-Film:* Eberhard Reuß über den Erfinder des Automobils und seine Fans
Benz bewegt auch Pop-Star Xavier Naidoo
Von unserem Redaktionsmitglied Martin Tangl
"Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer", singt Pop-Star Xavier Naidoo. Damit könnte Mannheims derzeit wohl berühmtester Sohn auch den Weg von Carl Benz gemeint haben, denn als Auto- und Benz-Fan bekennt sich Xavier Naidoo im SWR-Film "Unser Benz", der gestern Abend in Ladenburg Premiere feierte.
"Auch ein Film gegen unsere schwäbischen Kolonialherren", betont Eberhard Reuß vom SWR - denn es waren Carl und Bertha Benz, die 1886 in Mannheim am Rad der Geschichte gedreht haben. Viel historisches Material hat Reuß für seine halbstündige Hommage an Carl und Bertha Benz gesichtet und gesammelt. Oft hat er in den vergangenen Jahrzehnten selbst als Redakteur und Regisseur die Themen beackert - und die Zeitzeugnisse jetzt aus seinem Archiv fürs Jubiläum "125 Jahre Automobil" wieder herausgekramt: alte Werbespots, die Debatte aus den 1950ern um die Frau am Steuer, die DaimlerChrysler-Fusion, der leider gescheiterte Kampf der Kurpfälzer in der "MM"-Aktion "Kein Daimler ohne Benz" oder die bei den Fans beliebten Bertha-Benz-Oldtimer-Rallyes von Mannheim nach Pforzheim.
An vier Drehtagen mit Kameramann Jean Claude Ventalon kamen aktuelle Szenen hinzu, mit Benz-Urenkelin Jutta Benz und Winfried Seidel vom Benz-Automuseum in Ladenburg, mit Hardy Langer, einem Mannheimer Youngtimer-Sammler von Mercedes-Benz-Autos - und eben Xavier Naidoo, dem leidenschaftlichen Autofahrer. "Eine wunderbare Erfindung von Benz, dafür danke ich ihm", sagt der Pop-Star. Und wo könne er, das Kind eines Schichtarbeiters, am besten laute Musik hören? Natürlich am Steuer eines Mercedes-Benz. Und er erzähle es überall, auch im Ausland, dass das Auto in Mannheim erfunden wurde - und nirgendwo anders.
Stolz auf die Fabrik
In einem Benz-Oldtimer fährt die Ur-Enkelin durchs Werk auf dem Luzenberg - auf den Spuren ihres Ur-Großvaters. "Dieses Benz-Modell war das letzte, dass in Mannheim 1925 gebaut wurde", zieht Reuß die historische Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Früher stand hier die größte Autofabrik der Welt, später war das Werk lange Jahre nur die verlängerte Werkbank der Stuttgarter Daimler-Zentrale, heute nehmen die Männer und Frauen "beim Benz" wieder stolz und selbstbewusst eine bedeutende Stellung im Konzern ein.
Dass in Mannheim Omnibusse und Lkw-Motoren produziert werden, hätte Carl Benz gefallen, wie Jutta Benz erzählt: "Er hat sein Augenmerk aufs Transportwesen gerichtet, Carl Benz wollte Lieferwagen bauen." Und bei der Geschwindigkeit seien dem Ur-Großvater 50 km/h genug gewesen. Ob das allerdings Xavier Naidoo gefallen hätte? Berichtet er doch, dass ihm einmal wegen zu schnellen Fahrens der Führerschein abgenommen wurde.
Mannheimer Morgen 29. Januar 2011
*Hintergrund:* Mit "Autosymphonic" soll sich am 10. September der Mannheimer Friedrichsplatz in einen Ort spektakulärer Audiovisualität verwandeln
Der Höhepunkt des Automobilsommers
Von unserem Redaktionsmitglied Stefan M. Dettlinger
Dieser Mann liebt Autos. Er liebt Autos und hatte einen Traum: eine Sinfonie zu schreiben, in der 80 Fahrzeuge zum Einsatz kommen und mit ihren Geräuschen aller Art an einer Musik mitwirken, die unverwechselbar ist - und im Sinne der zeitgenössischen Kunstmusik sogar noch ambitioniert. Alles sollte dabei möglich, nichts unbedacht oder zufällig sein: das Klicken von Hebeln, Knöpfen und Knüppeln, das Hupen und Motorengeknatter, das Kratzen auf dem Kühlergrill, Klopfen auf Auspuffrohren oder Schlagen von Türen, all dies zusammengeführt mit dem Sound eines großen Sinfonieorchesters und Vokalensembles. Wahrlich: Größer kann ein Mann nicht träumen. Denkt man.
Aber Marios Joannou Elia träumte noch größer. Der 1978 in Zypern geborene Komponist wird im September dieses Jahres auf dem Mannheimer Friedrichsplatz seine "Autosymphonic" uraufführen, und dabei schwebt ihm mehr vor als nur Musik. Vielmehr sucht er das Riesen-Ereignis schlechthin: Mit dem Mannheimer Fotografen und Video-Künstler Horst Hamann will er den Platz um den Wasserturm in eine 360-Grad-Arena verwandeln und ein gigantisches audiovisuelles Bürger-Event zünden. 15 000 Menschen sollen kommen. Sie sollen sehen, hören und staunen und auf diese Weise den Höhepunkt der Feierlichkeiten zum 125. Jubiläum des Autos in jener Stadt erleben, in welcher Carl Benz einst den Prototypen baute. Kostenpunkt des Projekts: 1,5 Millionen Euro.
Und weil dies alles noch nicht genug ist und Mannheim ohne seine berühmten Söhne nicht denkbar, ist auch Xavier Naidoos und Michael Herbergers Band Söhne Mannheims mit von der Partie. "Wir werden anfangs ein einstündiges Konzert geben und dann zu Elias Musik überleiten", sagt Bandleader Michael Herberger im Gespräch mit dieser Zeitung. Geplant sei aber auch, die fünf Sätze der "Autosymphonic" mit "Brücken" der Söhne-Mannheims-Sänger zu verbinden. Wie man sich das vorstellen muss, wenn zeitgenössische Musik auf Pop trifft? "Das weiß noch keiner von uns ganz genau", sagt Herberger, "wir arbeiten mit Elia gemeinsam daran." Herberger weist aber gern noch auf den Extra-Song hin, den die Söhne mit Einbindung der Auto-Geräusche spielen werden, quasi ein Söhne-Lied als Widmung für den Abend. Und für das Auto.
Wenn es ums Auto geht, muss natürlich auch seine Geschichte erzählt werden. In Bildern. Und hier kommt Horst Hamann ins Spiel. Der vor allem durch seine vertikalen New-York- oder Mannheim-Fotos bekannte Künstler bespielt mit bewegten Bildern, mit Laser und LED den Wasserturm, die Jugendstilanlage, die Wasserspiele und eigens aufgestellte Leinwände. Er setzt sich, so Hamann im Gespräch, "durchaus kritisch mit dem Thema Auto auseinander". Es werde "keine Verherrlichung des Autos", sagt er. Der derzeit in Frankfurt und New York lebende Fotograf will eine Art Genesis des Automobils darstellen, ausgehend von Bildern, die an flüssiges Metall erinnern, bis hin zum Ausblick: "Im übertragenen Sinn werden wir da audiovisuell ein Auto bauen. Nicht mit konkreten Bildern natürlich. Und im fünften Satz wird es dann eine Art Vision geben, die zeigt, wie die Zukunft des Autos in Zeiten aussehen könnte, in denen es kein Erdöl mehr gibt."
Hamann entwirft seine Visualisierung nach den musikalischen Bildern des Komponisten. Und hier wird es spannend. Denn mitnichten ist Elia ein Komponist, der das reine Spektakel im Blick hat, eine Anbiederung und Angleichung an den Massengeschmack. Wer Elias Musik kennt, weiß, dass er hohe künstlerische Ansprüche verfolgt und etwa Impulse aus Philosophie und Literatur in eine Art Geräuschmusik einfließen lässt, die immer wieder explosiv in große musikalische Gesten oder periodische Rhythmen mündet. Seine Tonkunst hat zwar Witz, ja, es gibt Momente des Lachens; so etwa, wenn in Elias Gitarren-Quartett "Staubzucker" die Musiker auch pfeifen, krächzen, schreien und hecheln. Sie fordert aber über weite Strecken auch Stille und Einkehr vom Hörer. Interessant wird also sein, wie diese Art konkreter Programmmusik unter freiem Himmel und in Verbindung mit Hamanns Bildern zur Geltung kommt.
"Etwas Noch-nie-da-Gewesenes", verspricht Elia in jedem Fall, er wolle die Zuhörer "für eine noch nicht definierte, innovative Form der Musikästhetik und Eventkultur sensibilisieren und bewegen".
Hierfür wird ein eigens konzipiertes 360-Grad-Beschallungssystem eingesetzt, das gewissermaßen um die Zuhörer herumläuft. Von jedem Zuschauerplatz wird also die "Autosymphonic" zwar anders zu erleben sein; Hör- und Sehperspektiven unterscheiden sich erheblich. Doch weil der Platz sowie seine Bespielung wie ein Schmetterling symmetrisch um die Mittelachse laufen, wird niemand etwas verpassen.
Hamann sieht in dem Event eine Chance für Mannheim. "Es ist für die Stadt die Möglichkeit, sich einmal ordentlich aus dem Fenster zu lehnen und auch einmal etwas Radikaleres zu versuchen", sagt der Mannheimer mit New Yorker Büro, der bereits vor 22 Jahren ein Großprojekt am Wasserturm stemmte und nach eigenem Bekunden dort "jeden Quadratzentimeter" kennt. Damals ging es um die vier Elemente, "Autosymphonic" handelt nun in letzter Konsequenz vom Thema Mensch und Maschine, also dem Menschen und seinem Traum, sich durch technische Erfindungen das Leben zu erleichtern. Diesen Traum träumte auch Carl Benz. In Mannheim. Was hätte er wohl gedacht, wenn er gewusst hätte, dass seine Erfindung eines Tages auch als Musikinstrument eingesetzt würde? Von einem Mann, der Autos liebt und einen Traum hat.
Mannheimer Morgen 29. Januar 2011
Quelle: www.morgenweb.de
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