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malgo · Administrator Beiträge: 875

*Pop:* Beim Start ihrer Europatournee im heimischen Capitol präsentieren die Söhne Mannheims vier Songpremieren

Die Lieder der Stunde

Von unserem Redaktionsmitglied Jörg-Peter Klotz

Aufbruchstimmung verbreiten die Söhne Mannheims im ausverkauften Mannheimer Capitol nicht nur, weil sie nach dem Start ihrer Europatournee direkt nach Mailand aufbrechen: Die Band um Xavier Naidoo und Michael Herberger präsentiert sich bei dieser Quasi-Generalprobe für den Sturm auf Metropolen wie Paris, London oder Amsterdam bestens aufgelegt, humorig, über weite Strecken schon sehr eingespielt und vor allem so rockig wie seit Jahren nicht mehr.

Was im Konzert beinahe wie ein Paradigmenwechsel zurück zu den harten Rap-Rock-Reggae-Wurzeln der Anfangsjahre wirkt, ist ein Stück weit der Tatsache geschuldet, dass Sänger Tino Oac auf dieser Tournee aus persönlichen Gründen fehlen wird. Dadurch entfällt vor allem der größte Söhne-Hit "Und wenn ein Lied". Die Duettballade entwickelt zwar live auch eine erstaunliche Dynamik, aber vermisst wird sie von den schnell euphorisierten 1200 Zuschauern nicht unbedingt: Solche Gefühle blasen schon die druckvollen ersten Nummern, das rhythmisch rasiermesserscharfe "Iz On" und "Wie wehr'n uns", regelrecht weg.

Auch unter den vier mit Spannung erwarteten Songs vom noch unveröffentlichten vierten Studioalbum der Söhne ist mit "Kill All Psychopaths" eine fast schon klassische Hardrock-Nummer, mehrstimmig gesungen, mit einem rockopernhaften Ende. Das schmettert Henning Wehland wie einst als Frontmann bei den H-Blockx. Hier geht es um das Einreißen von Mauern, was man nicht nur heutzutage politisch beziehungsweise revolutionär verstehen muss.

"Ist es wahr?" wird erste Single

Aber die Söhne haben noch mehr neue Lieder zur Stunde parat: Allen voran die hitverdächtige Ballade "Freiheit", bei der der darin besungene Funke des "Menschheitstraums" am Ende des regulären Sets sofort auf das Publikum überspringt. In der Zugabe folgt das als nächste Single geplante "Ist es wahr?", das eigentlich der seit langem schwelenden Politikerverdrossenheit Ausdruck gibt, sich aber mit Zeilen wie "wir haben eure Lügen so satt" als verblüffend tagesaktuell erweist - und auf Anhieb glänzend angenommen wird. Auch "Für Dich" hat viel Potenzial - vor allem für 50. und 60. Geburtstage von Eltern, denen Naidoo hier goldene Kränze flicht ("Eltern wie Engel ..."). Diese Vorboten versprechen einiges für das neue Album, das noch im Frühjahr erscheinen soll.

Das Programm rekrutiert sich recht gleichmäßig aus den bisherigen drei Söhne-Platten - dass die Mannheim-Hymne "Meine Stadt" mal wieder ausgegraben wurde, entfacht dabei vielleicht das meiste Entzücken. Das erfreulich heftige "Armageddon", "Wir haben allen Göttern abgeschwor'n", "Babylon System", "Can You Feel It" und "Geh davon aus" unterstreichen die Rock-Attitüde des Abends noch zusätzlich . Diese Nummern profitieren vom kompakten, für Capitol-Verhältnisse exzellenten Sound, dem man sich kaum entziehen kann - was wenig verwundert, weil die nunmehr 13-köpfige Band auch zehnmal größere Hallen längst locker in den Griff bekommt.

Aber natürlich ist ein Söhne-Mannheims-Konzert keine rein Haudrauf-Veranstaltung. Auch die Balladen "Jah Is Changing All", "Das hat die Welt noch nicht gesehen" und das Mantra-artige "Dein Leben" transportieren Aufbruchstimmung. Die enorme Qualität der Instrumentalisten und Sänger wird bei dieser sehr exklusiven Möglichkeit, die Musiker hautnah zu erleben besonders deutlich. Auch bei der Filigranarbeit - unter anderem ernten Gitarrist Michael "Kosho" Koschorreck und Bassist Robbee Mariano für eindrucksvolle Soli Szenenapplaus. Drummer Ralf Gustke hält sich für seine Verhältnisse fast ein wenig zurück, während der stets effektvolle DJ Billy Davis mit lässiger Isaac-Hayes-Optik auch noch Glamourpunkte sammelt. Bandleader Michael Herberger und Naidoo coachen zwar noch an der einen oder anderen Stelle sichtbar - aber so können sich die Söhne in Europa auf jeden Fall sehen lassen.

Mannheimer Morgen
02. März 2011

Quelle: www.morgenweb.de

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