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malgo

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Beiträge: 875


New PostErstellt: 11.05.11, 10:32     Betreff: Re: „Barrikaden von Eden“ (VÖ 13.05.11)

Pop: Am Freitag erscheint das vierte Studioalbum der Söhne Mannheims, das an
die Stil- und Tempo-Vielfalt ihrer Frühzeit anknüpft

Auf den "Barrikaden von Eden"

Von unserem Redaktionsmitglied Jörg-Peter Klotz

Die Söhne Mannheims gehen auf die Barrikaden: Stilistisch, weiterhin
politisch und im Titel ihres vierten Studioalbums seit 2000, der
erstmals nicht mit den vier Buchstaben Z, I, O und N spielt. Gestürmt
werden sollen weder die Bastille noch der Reichstag, sondern Eden. Sich
als Einzelner oder Gesellschaft nicht den Weg zum Paradies verbauen zu
lassen, ist inhaltlich ein gemeinsamer Nenner von vielen der 14 neuen
Songs. Wie so oft beim Texter Naidoo kann man das buchstäblich
verstehen oder metaphysisch. Letztlich geht es meist um Glück. Und fast
immer um Liebe.

Dabei lässt es das von Michael Herberger dirigierte 14-köpfige
Musikerkollektiv teilweise wieder deutlich härter angehen, als man es
nach den zahllos anmutenden Radioballaden mit Naidoo-Gesang noch zu
hoffen gewagt hat. Schon ganz zu Anfang unterläuft der Titelsong
"Barrikaden von Eden" alle Erwartungen mit einem düsteren Club-Intro,
das sich enorm spannungsreich in einer Art Techno-Gewitter entlädt -
Faithless treffen Scooter, und die Söhne rocken dazu. Ein
Überraschungs-Coup.

Fast wie zur Beruhigung folgt die balladesk-getragene Hitsingle "Ist Es
Wahr (Aim High)", die deutlich poetischer mit dem Politbetrieb
abrechnet als zuletzt und dem Zuhörer damit mehr Raum zur eigenen
Assoziation lässt. So regen politische Texte an, ohne belehrend oder
kabaretthaft zu wirken. Dann rast die Söhne-Achterbahn tempomäßig
wieder nach oben: "Hier kommen die Söhne" kombiniert zunächst einen
pumpenden Beat mit Akustik-Klampfe, es folgen Strophen nach
klassisch-schönem Deutsch-Rap-Muster, die beste von Henning Wehland
("Wir hau'n drauf wie Lukas Podolski") und einem typischen
Naidoo-Refrain, der von Gitarren und Gebrüll fast niederkartätscht
wird. Nicht überkomplex, aber ein Wirkungstreffer.

Fein austarierte Dramaturgie

Die fein austarierte Albumdramaturgie schließt daran die
charakteristischsten Titel an: das harmoniestarke "Dir gegenüber
stehen" und "Freiheit". Hier gibt es die geballte Ladung
Balladendynamik und Söhne-Pathos im positiven Sinne, das lange vor dem
Durchbruch der Demokratiebewegungen in Nordafrika den Geist der
Jasmin-Revolution einfing. Der Texter Naidoo bedient dabei alle
Register seines Spektrums von "Ist Freiheit nicht der Werbefilm
schlechthin / Sie baden gerade ihre Ohren darin" bis "Wenn wir uns
unsere blutigen Hände reichen / dann können wir sicherlich alles
erreichen".

Sein ungewöhnliches Talent zeigt sich auch beim erstaunlich
bodenständigen Liebeslied "Oben oder unten": Statt wie sonst "in 1000
Länder einzufallen", um der Liebsten zu gefallen, zitiert er
Single-Statistiken und zeigt, dass man selbst eine Armada von Worten
mit -ung-Endung soulig klingen lassen kann. Für zusätzlich belebende
Kicks sorgt in fast allen Songs der enorm präsente Rapper Metaphysics.
Drei witzige Mini-Hörspiele (Skits) um Scharmützel zwischen Russenmafia
und den Söhnen Mannheims konterkarieren geschickt mitunter aufkommenden
heiligen Ernst.

Die Klimas-Komposition "Neustart" rockt hochsolide - und gibt unter
anderem intime Einblicke in das Seelenleben der Band nach dem
unerwarteten Tod ihres altgedienten Soundmanns vor einigen Jahren. Auch
"Wir" vermischt gekonnt Autobiografisches mit allgemein
Gesellschaftlichem, Rap und Rock, Naidoo- mit Klimas-Zeilen: "Wir sind
Blumenkinder mit Schlagringen, nennt uns Temposünder / Es gibt zu viele
Routenfinder, wir sind Steuerbringer mit erhobenem Mittelfinger".

Das englischsprachige "Lonely" und "Ich tue es" rücken die Qualitäten
aller vier Sänger ins Rampenlicht wie selten. Auch Tino Oac zeigt hier
nach seiner Absage der Frühjahrs-Tournee, dass er weiter ein
Aktivposten ist. Dagegen punktet das ungeahnt frauenversteherische "Ich
lern was über Dich" vor allem rhythmisch, während "Kill All
Psychopaths" düster und wuchtig Richtung Progrock abdriftet. Das tut
auch das harmlos beginnende "Wenn ich die Liebe nicht finde", das
schnell enorme Dynamik entwickelt, um mit grandiosen Gitarren, Emerson,
Lake-&-Palmer-Breitwandrock und fiebrig-hypnotischem Naidoo-Gesang
regelrecht abzuheben. Nicht nur hier kommen die enormen Qualitäten der
Instrumentalisten voll zur Geltung.

Mit der Eltern-Hymne "Für Dich" endet der Barrikadensturm überaus
versöhnlich. Zumal dem Produktionsteam um Michael Herberger nach dem
Mega-Erfolg "NOIZ" (2004) und dem anschließend etwas verkopft geratenen
"IZ ON" (2009) die Quadratur des Kreises gelingt: Ein ausgewogenes
Album, das ein paar neue Wege geht, Musikermusik bietet, wieder mehr
rockt und trotzdem die Balladenfreunde nicht verprellt.

Mannheimer Morgen
11. Mai 2011

Adresse des Artikels:
http://www.morgenweb.de/nachrichten/kultur/20110511_mmm0000001639948.html



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