Ganz normaler Krankenhauswahnsinn "BOOORRR EYYY"
Lange habe ich mich mit Rückenschmerzen herumgeschlagen.
Lange glaubt man ja, dass sich Schmerzen in Luft auflösen könnten.
Lange habe ich überlegt, was ich letztendlich machen lasse.
Lange habe ich Internetseiten über Rückenspezialisten durchforstet.
Nicht so lange hat mein Neurologe mich in eine Klinik für Neurochirurgie überwiesen.
Gäbe eine Sternenvergabe für die Ausstattung von Kliniken (vergleichbar der Einstufungen für Hotels) würde diese Klinik (Rechtsrheinisch-Duisburger Norden-tiefster Ruhrpott) eine Gesamtsumme von Null ereichen.
Man quartierte mich in einem Dreibettzimmer mit niedlicher Waschecke mit hübschen sanftgelben Vorhängchen. Man wies mir ein Schuhkartongrossen Spind zu und ein Teil eines Dreierregals für das Waschzeug zu. Nach ganz kurzer Zeit bestand ich darauf, dass mein Waschzeug (meine Zahnbürste!!!) auf meinen Nachtischchen zu stehen hat.
Dieses Nachtischchen (leicht angerostete - ein Überbleibsel aus dem 2.Weltkrieg) war viel geräumiger als ich vermutetet, bis ich feststellte das alles, was ich vorne reinstopfte, zur Hintertür wieder herauskullerte. Eine Bettnachbarin, Frau B. aus D., riss zu den unmöglichsten Uhrzeiten die Schublade ihres Nachtischchens mit so hoher Geschwindigkeit und dementsprechendem Lärm heraus, dass ich jedesmal in Deckung ging. Diese Dame untermalte ihren Sprachschatz mit einem kräftigen "BOOORRR EYYY".
Jeden, wirklich jeden Morgen die gleichen Sätze:
"Die Krankenschwestern sind immer früh auf. BOOORRR EYYY. Das geht hier früh los. BOOORRR EYYY"
Wenn dann die Krankenschwestern kamen:
"Sie müssen aber eine Menge können. BOOORRR EYYY Mehr als die Ärzte. BOOORRR EYYY"
Kam die Putzfrau:
"Sie brauchen aber viele Handschuhe. BOOORRR EYYY"
Ich bin mir fast sicher, ich werde morgen früh diese Sätze missen. BOOORRR EYYY...
Aber Frau B. aus D. (nicht das jemand denkt ich hätte was gegen diese Dame - ich hätte ihr nur manchmal den Hals umdrehen können) hatte eine liebgewonnene Eigenart : Pünktlich 6 Uhr in der Früh begab sie sich in die niedliche Waschecke, um ihre Lockenwickler zu entwickeln (Locken sah ich nie) und um dann, ca. 15 Minuten in zig Platiktüten wasauchimmer zu suchen (6Uhr früh!!!). Nach 45 Minuten war sie dann fertig (mitwasauchimmer). (und Morgengrauen bekomm plötzlich eine andere Bedeutung)
Die andere Bettnachbarin fragte mich einmal:
"Was macht die solange hinter dem Vorhang?"
"Einens Tages" , so versprach ich ihr, "kommt Schneewittchen daraus hervor."
Sie sah nämlich abends, mit ihren bunten Lockenwicklern, ihrem glänzendem Teint, den lieblichlächelndem Gesichtausdruck bei geschlossenem Augen aus, als warte sie auf einen wachküssenden Prinzen. Ich wünsche es ihr von Herzen....
BOOORRR EYYY...
Die beiden Damen stritten sich einmal so heftig, dass ich es vorzog, mich schwerhörig zu stellen. Im Laufe der Tage kamen sich die Damen über ihre Blutdruckwerte allerdings etwas näher.
Nun aber wieder zum Eigentlichem - mein Rücken. Vorsichtshalber hatte ich reichlich Medikamente mitgenommen. Doch, dass man meine eigenen Medikamente vertauschte und versehentlich umtauschte, damit rechnet der Dümmste nicht. Folgendes:
Man bestellte zwar das Apomorphin für mich, allerdings nicht die Ampullen sondern Pens. Eine Schwester zeigte mir 4 (vier) Pens, was ich als falsch verwies. Etwas später übergab ich vertrauensvoll einer anderen Schwester, 4 (vier) Päckchen Ampullen zum Kühlen. Und dann passierte es: Die Krankenhausapotheke forderte die 4 (vier!!!) falsch gelieferten Medikamente zurück - eine Schwester (welcheauchimmer) nahm statt der 4 Pens meine 4 Päckchen - dem Apotheker fiel dieses Versehen nicht auf - und meine Medikamente wurden zum Umtauschen weggeschickt - Freitagmittag...BOOORRR EYYY
Freitagnachmittag benötigte ich nun aber 2 Ampullen. Ich wunderte mich über eine steigende Unruhe auf der Station, aber man wollte mir mein Medikament aufs Zimmer bringen. Nach 20 Minuten Wartezeit ging ich zum Schwesternzimmer und fragte scherzend:
"Sagen sie nicht, sie würden meine Medikamente nicht finden."
"Doch", kurz und knapp kam die Antwort.
"Oh!!!"
Zum Glück (man sorgt ja vor) hatte ich eine eiserne Ration im Schrank. Als man mir anbot diese zu Kühlen, erwiderte ich: "einen Teufel werd ich tun und meine Reserve abgeben..."
Die nächste Aufregung brachte der Anästhesist, der keine Patienten mag, die sich im Internet über Narkosen kundlich tun. Als er dann nicht zugeben wollte, nicht zu wissen, dass Apomorphin für mich ein Parkinsonmedikament ist, wurde ich etwas unruhig.
Nun musste ich handeln.... Ich schrieb auf dem Täschchen in dem meine Apororhinpumpe steckt, eine Bedienungsanleitung mit dem Hinweis "Ich bin eine Parkinsonpatientin!!!" An meinem Bett hing Infomaterial, Ersatzkanüllen, Hinweise uvm.
Ich war fast so weit, dass ich mir mit einem Edding auf die Stirn schreiben wollte: RÜCKEN OP... Unterlies es dann aber doch. Wenn man bedenkt, dass ich bei der OP 3 Stunden auf Knie und Ellebogen hocken musste (in Vollnarkose), hätte mir der Hinweis auf der Stirn nicht viel genutzt - mehr nicht dazu....
Mir ging es nach der OP sehr schnell wieder recht gut. Zwar waren die Freifahrten auf dem Toilettenstuhl (Toilette auf dem Zimmer? Wo gibts das?) nicht sehr berauschend, aber es gibt Situationen, da ist einem alles Sch...egal...BOOORRR EYYY...
Unterm Strich: Die Umstände waren zwar erschreckend, doch das Resultat nach der OP ist sehr zufriedenstellend.
____________________
Liebe Grüße
Nena
und ich hörte eine Stimme: "Lächle, es hätte alles schlimmer kommen können..." und ich lächelte - und es kam schlimmer *grins*...