Dunkler_Wanderer
Gen-Abfall
Beiträge: 24 Ort: Taunusstein
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Erstellt: 27.02.04, 08:17 Betreff: Ruheloser Geist!
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Damit hier auch mal ne Geschichte steht, veröffentliche ich jetzt auch hier die Geschichte, die Sinni von meinen Werken am besten findet. Deshalb folgt nun:
Ruheloser Geist
Feucht und muffig war die Luft, die er in seine Nase sog. Sein flacher Atem bildete kleine Wolken vor seinem Gesicht. Feine Regentropfen perlten von seinem schwarzen Ledermantel, während er, mit einer Träne in seinen eisblauen Augen, reglos da stand und seinen ausdruckslosen Blick über das Moor schweifen ließ. Nunmehr vier Jahre ist es her, da seine Freundin hier ihr Leben gelassen hatte, doch für ihn war es gerade gestern gewesen. Weit konnte er im dämmrigen Licht des Mondes nicht blicken, aber das musste er auch nicht. Gerade einige Schritte von ihm entfernt war die Stelle. Die Stelle, an der das unbarmherzige Moor seine Geliebte unaufhaltsam verschlungen hatte.
Er konnte sich an jede Einzelheit dieses schicksalhaften Tages erinnern. Doch besonders erinnerte er sich an sie. Der Klang ihrer Stimme, die Art wie sie ihn anblickte, ihr Lächeln, die Güte und der Glanz in ihren Augen. Alles war gegenwärtig für ihn. Wenn er die Augen schloss, blickte er in ihr bleiches Antlitz. Er sah sie vor sich, und sie stand einfach nur da, blickte in seine Richtung und lächelte. Er würde sich immer an sie erinnern, dessen war er sich bewusst. Schmerzhaft aber wahr: die Gedanken an sie verfolgten ihn noch immer. Er hatte sie über alles geliebt. Mehr noch als sein eigenes Leben. Mehr als den ersten Sonnenstrahl, der den Frühling einleitet und die Luft nach Erneuerung riechen lässt.
Langsam und bedächtig setzte er einen Fuß vor den anderen. Er dachte nicht daran stehen zubleiben. Unbeugsam näherte er sich jener Stelle. Der Sumpf verhinderte ein zügiges Vorankommen. Sein Weg war ein einziger Kampf, jeder Schritt eine Qual. Bis zur Hüfte watete er nun schon durch das kalte Nass des Moores. Die Kälte kroch ihm langsam durch Mark und Bein und ließ seine Glieder erstarren. Doch er musste weitergehen. Sein Leben an derselben Stelle beenden, an der auch seine Freundin ihr Leben ließ. Bis zum Hals stand ihm nun das unüberwindbare Moor. Er war nur noch einen Schritt entfernt von jener Stelle, an der nun auch er sein Leben lassen sollte. Noch bevor die modrige Brühe seinen Kopf verschlang dachte er an den Moment zurück, da er sie hier ertränkt hatte. Dachte an ihr schmerzverzerrtes Gesicht und an den Fluch, den sie gegen ihn ausgespieen hatte. Und wie sie damals forderte, verfolgte ihn ihr ruheloser Geist bis zu diesem Zeitpunkt. Erst jetzt, als sein Ende unausweichlich war, war ihr Geist zufrieden. Ihre ruhige, teilnahmslose Stimme erklang in seinen Kopf:
„Willkommen zurück, Liebster!“
Dann wurde es dunkel.
[editiert: 27.02.04, 08:18 von Dunkler_Wanderer]
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